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HBS Böckler Impuls

Rente: Wachstum trotz alternder Gesellschaft

Ausgabe 13/2019

Höhere Beiträge für die Alterssicherung schaden nicht dem Wirtschaftswachstum, zeigt eine aktuelle Studie. Denn Renten sorgen für Nachfrage.

In den kommenden Jahren gehen viele Beschäftigte aus geburtenstarken Jahrgängen – die sogenannten Babyboomer – in den Ruhestand. Das wird nicht ohne Folgen für die Rentenbeiträge bleiben. Wie wird sich dies auf die Volkswirtschaft auswirken? Diese Frage haben sich Ökonomen von IMK, WSI und der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin gestellt. Sie stützen ihre Untersuchung auf umfassende Berechnungen mit dem makroökonomischen Modell des IMK, das die Verflechtungen der deutschen Gesamtwirtschaft datengestützt nachbildet.

Nach einer weit verbreiteten Meinung schaden höhere Rentenbeiträge der Wirtschaft, weil sie die Arbeitskosten steigern und damit die internationale Wettbewerbsfähigkeit gefährden. Sie würden das Wirtschaftswachstum bremsen und zu steigender Arbeitslosigkeit führen, wird argumentiert. So einfach ist der Zusammenhang jedoch nicht, erklären die Wissenschaftler. Sie haben berechnet, wie sich das Bruttoinlandsprodukt langfristig entwickelt, wenn die Beitragssätze um einen Prozentpunkt steigen. Ergebnis: Es bleibt nahezu unverändert. Die Beschäftigung würde ebenfalls nicht zurückgehen. Das liegt daran, dass sich verschiedene Effekte gegenseitig aufheben: Zwar fallen die Lohnstückkosten dann tatsächlich etwas höher aus. Das dürfte in erster Linie die Exportwirtschaft treffen. Auf der anderen Seite kämen die höheren Beiträge einer großen Zahl von Rentnerinnen und Rentnern zugute. Diese hätten in der Summe mehr Geld zur Verfügung, was wiederum die Binnennachfrage stärken würde. Selbst wenn man einrechnet, dass die Reallöhne der Arbeitnehmer wegen ihres nun höheren Beitrags zur Rentenversicherung weniger stark zulegen, bleibt unter dem Strich eine leicht positive Wirkung für den Konsum. Steigen die Beitragssätze um mehr als einen Prozentpunkt, erhöhen sich die gesamtwirtschaftlichen Effekte proportional stärker.

Mix aus Steuermitteln und höheren Beiträgen

Die Folgen für das Wachstum wären nach Berechnungen des IMK ähnlich gering, wenn man die Rentenkasse nicht durch höhere Beiträge, sondern alternativ mit höheren direkten Steuern stärken würde. Allerdings würden sich dann insbesondere die Nettolöhne pro Kopf etwas schlechter als bei einer Beitragssatzerhöhung entwickeln, weil nun die Unternehmen – im Unterschied zur Beitragsfinanzierung – weit weniger an der Finanzierung beteiligt würden. Einen Vorteil hätten Zuschüsse aus Steuermitteln aber: Besserverdiener würden stärker belastet als im Falle der Beitragsfinanzierung und Beamte und Selbstständige würden einbezogen. Gesamtgesellschaftlich betrachtet könne dies „die notwendige Akzeptanz von steigenden Rentenausgaben erhöhen“. 

Das Fazit der Ökonomen lautet: Die steigenden Rentenausgaben sollten durch eine Kombination aus höheren Beitragssätzen und Steuermitteln finanziert werden. Dadurch seien „keine nennenswerten negativen Wachstums- und Beschäftigungseffekte“ zu befürchten. Zusätzlich sollten Selbstständige und Beamte schrittweise in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden, um die notwendigen Ausgaben auf mehr Schultern zu verteilen.

  • In den kommenden Jahren gehen viele Beschäftigte aus geburtenstarken Jahrgängen – die sogenannten Babyboomer – in den Ruhestand. Zur Grafik

Fabian Lindner, Camille Logeay, Rudolf Zwiener, Florian Blank: Demografischer Wandel: Zu den gesamtwirtschaftlichen Effekten höherer Beitragssätze und Steuern, IMK Policy Brief, Juli 2019

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