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Frank Kornberger in seinem Büro in Berlin : Reduzierung auf das Wesentliche Magazin Mitbestimmung

Altstipendiat: Der Berater

Ausgabe 04/2013

Frank Kornberger, Kommunikationsberater in Berlin, unterstützt den DGB bei der Positionierung zur Bundestagswahl. Seine Agentur hat auch das Plakat zum 1. Mai entworfen. Von Andreas Kraft

Wenn Frank Kornberger in den Urlaub fährt, bleibt der Laptop zu Hause, sein Handy ist die meiste Zeit abgeschaltet. Nur abends hört er seine Mailbox ab – damit er im Notfall für seine Leute da sein kann, falls in der Agentur für Kommunikationsberatung doch mal etwas aus dem Ruder laufen sollte. Diese Pausen sind dem Kommunikationsprofi ungemein wichtig. „Man muss auch mal rauskommen“, sagt er, „damit der Kopf auch wieder frei wird für neue Ideen.“ Und von denen braucht er jede Menge.

Seit gut zehn Jahren arbeitet der gelernte Drucker in der politischen Kommunikation. Seine Hauptkunden sind Gewerkschaften und NGOs, Parteien und Ministerien kommen langsam hinzu. Für sie entwirft der 40-Jährige maßgeschneiderte Kampagnen, um politische Botschaften in der öffentlichen Debatte zu verankern. Dabei ist ihm, seinem Mitgeschäftsführer Wolfgang Ruber und den 13 Mitarbeitern vor allem eins wichtig: Die Agentur Kornberger und Partner verordnet keine Konzepte, sondern entwickelt sie gemeinsam mit den Kunden.

Das kann mal eine ganze Abteilung sein oder auch Ehrenamtliche wie die Mitglieder der IG Metall Jugend. Grundgedanke ist immer die Organizing-Strategie, die ihre Ursprünge in US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegungen hat und an der sich seit den 1990ern auch die US-Gewerkschaften orientieren. In den vergangenen Jahren hat Kornberger zusammen mit seinen Kunden wie ver.di oder der IG Metall versucht, diese Prinzipien auch auf Deutschland zu übertragen. Dabei ging es immer auch darum, Gewerkschaftsmitglieder an der Basis aktiv in die Kampagnenarbeit einzubinden. „Es motiviert Menschen ungemein, sich zu engagieren“, sagt der Organizing-Experte, „wenn sie merken, dass sie mit ihrem Handeln etwas verändern können.“

Kornbergers Büro in Berlin-Mitte ist schlicht. Ein schnörkelloser Schreibtisch, ein Regal, ein Besprechungstisch, an der Wand ein großes Gemälde: ein paar Striche, die der Künstler Bertold Grether mit einem Pinsel in jeder Hand parallel gezogen hat, um die eigene Spannweite auszutesten. Kornberger schätzt die Reduzierung auf das Wesentliche. „Apple macht das seit 20 Jahren erfolgreich“, sagt er. „Alles, was unnötig ist, wegzulassen.“

Entsprechend schlicht ist das Plakat, das seine Agentur, die den DGB auch bei der Kommunikation zur Bundestagswahl berät, für den 1. Mai 2013 entworfen hat: In den Farben Rot und Weiß vermittelt es eine simple Botschaft: 1. Mai, unser Tag! Das Symbol dazu: eine rote Fahne. Kornbergers Augen leuchten. „Wir reihen uns damit in eine lange Geschichte ein“, sagt er. „Und es zeugt von einem neuen Selbstbewusstsein der Gewerkschaften, ausgerechnet eine rote Fahne als Eyecatcher zu wählen.“

Als er in den 90er Jahren anfing, sich gewerkschaftlich zu engagieren, war das keineswegs selbstverständlich. „Damals hieß es immer, die roten Fahnen müssten verschwinden“, erinnert er sich. „Die Gewerkschaften waren sehr in der Defensive.“ Er selbst machte in dieser Zeit aber eine ganz andere Erfahrung: wie viel Selbstbewusstsein es einem gibt, sich für die eigenen Interessen einzusetzen. Während seiner Ausbildung zum Drucker engagierte er sich in der JAV der „Saarbrücker Zeitung“, kämpfte mit der IG Medien gegen Ausländerfeindlichkeit und gab in Seminaren sein Wissen an andere JAV-Vertreter weiter.

In dieser Zeit lernte er auch seinen heutigen Partner kennen. Seit gut 20 Jahren arbeiten sie jetzt zusammen. Und sie waren sich damals einig: Die Gewerkschaften sind von ihrer Erscheinung her aus der Zeit gefallen und tun sich schwer, sich an den rasanten Medienwandel anzupassen. Gleichzeitig erlebte Kornberger Beratungsunternehmen, die Erfahrungen aus Unternehmen auf Gewerkschaften übertragen wollten. Was natürlich nicht funktionierte. Interessant fand er allerdings, wie hilfreich ein professioneller Blick von außen sein kann. Eine Geschäftsidee war geboren.

Als er sich nach fünf Jahren bei der „Saarbrücker Zeitung“ entschloss, in Berlin zu studieren, gab ihm die Studienförderung der Hans-Böckler-Stiftung ein Stück Sicherheit, diesen Schritt auch zu wagen. Heute ist er sich allerdings sicher, dass ihm die ideelle Förderung – all die Workshops und Tagungen, bei denen er seine Persönlichkeit weiterentwickeln konnte – viel mehr gebracht hat als das Geld. Sein Studium in den Fächern Kommunikationswissenschaft, Psychologie und Politikwissenschaft hätte er schon irgendwie finanziert bekommen, sagt Kornberger.

Aus dem Drucker und JAV-Vertreter wurde so ein Unternehmer, der seine Wurzeln nicht vergessen hat. Bislang hat Kornberger und Partner alle Volontäre übernommen, wenn sie das wollten. Praktikanten beschäftigt die Agentur nur in Ausnahmefällen. Und wenn, wie jüngst, eine Grafikerin der Agentur in Costa Rica einem Lebenstraum nachgehen möchte, lässt man sie ziehen – zwar mit einem leichten Zähneknirschen, aber nicht ohne ihr mit auf den Weg zu geben: „Wenn du irgendwann zurück willst – hier steht immer eine Tür offen.“

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