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Internationalen Schule für Holocaust-Studien (ISHS) in Jerusalem Magazin Mitbestimmung

Kooperation: "Neuland für das ganze Team"

Ausgabe 01/2021

Als erstes Studienförderwerk im deutschsprachigen Raum kooperiert die Hans-Böckler-Stiftung mit der Internationalen Schule für Holocaust-Studien (ISHS) in Jerusalem. Von Kay Meiners

Yad Vashem, zu Deutsch so viel wie „Denkmal und Name“, ist ein Ort, den man mit nichts vergleichen kann. Das Gelände an der Westflanke des Herzlbergs am Stadtrand von Jerusalem ist die bedeutendste Gedenkstätte weltweit, die an die nationalsozialistische Judenvernichtung erinnert und sie wissenschaftlich dokumentiert. Seit 1993 gehört zu ihr eine Schule, die ebenfalls ihresgleichen sucht: die Internationale Schule für Holocaust-Studien (ISHS), die Wissen über den Mord an den Juden weitertragen soll – aber auch über modernen Antisemitismus.

Seit dem vergangenen Jahr ist die ISHS Kooperationspartner der Hans-Böckler-Stiftung. Zwar stehen Besuche in Yad Vashem seit Jahrzehnten auf dem Programm von Studienreisen der Stiftung, aber es gab keinen festen Austausch. Warum nicht mehr machen? „Vor zwei Jahren haben wir mit einem Wissenschaftler vor Ort über die Arbeit der ISHS diskutiert“, sagt Ralf Richter, Leiter der Abteilung Studienförderung. „Dabei wurde schnell klar, dass eine Zusammenarbeit mit der ISHS eine Bereicherung für unsere Stipendiaten und Alumni ist.“

Auch die Gründer der ISHS haben seit den 1990er Jahren ein besonderes Augenmerk auf den Austausch mit den Ländern innerhalb der EU und Osteuropas gelegt, die einst Schauplatz der von Deutschland betriebenen Judenvernichtung waren. Denn was wären die Steine der Mahnmale wert, wenn sich nicht junge Menschen aus Israel und diesen Ländern begegnen?

Mit der Hans-Böckler-Stiftung wurde daher ein Kooperationsvertrag unterzeichnet. In Zukunft sollen jedes Jahr 20 Stipendiaten der Fächergruppen Lehramt, Sozialwesen und Pädagogik sowie Alumni, die in der Bildungsarbeit tätig sind, nach Jerusalem reisen und dort ein Seminar absolvieren, das zusammen mit der Stiftung entwickelt wurde. „Solange die Coronapandemie anhält, müssen wir uns allerdings auf digitale Formate beschränken“, sagt Richter. Dafür ist die ISHS gerüstet. Längst hat man erkannt, dass die pädagogische Arbeit bald ohne Zeitzeugen stattfinden muss. Modernste Medien stehen zur Verfügung, neue Kommunikations- und Lernformen wie Internetfortbildungen oder Videokonferenzen mit Europa und den USA befinden sich in der Pilotphase.

Es ist für jeden Besucher ein schwierige Aufgabe, sich einerseits mit den Schrecken der Vergangenheit zu befassen, aber auch das moderne Israel kennenzulernen. Die ISHS versucht beides. Zwar liege ein Schwerpunkt auf der Vermittlung des Holocaust, sagt Esther Rachow, die an der Schule die deutschsprachigen Gäste betreut. Es gebe aber auch ein Rahmenprogramm: den Besuch historischer Orte, Gespräche über die aktuelle Lage Israels und Zeit zur freien Verfügung.

Rachow arbeitet mit Partnern unterschiedlichster Couleur zusammen: Ministerien, Polizeihochschulen, Universitäten sowie Museen oder NGOs. Die Kooperation mit der Hans-Böckler-Stiftung sei jedoch „die erste ihrer Art mit einem Studienförderwerk und von daher Neuland und eine willkommene Herausforderung für das ganze Team“.

Ralf Richter, der sich eine „feste und dauerhafte Verbindung zu Israel“ wünscht, denkt bei der Kooperation mit der ISHS nicht nur an den interkulturellen Austausch, sondern auch an die deutsche Geschichts- und Innenpolitik. Es gelte, ein „deutliches Zeichen im Sinne der Erinnerungspolitik Yad Vashems und gegen einen Paradigmenwechsel in der Erinnerungskultur zu setzen, wie er zum Beispiel von der AfD gefordert wird“.

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