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Porträt Bernd Hagemeier, Arbeitnehmervertreter bei der STEAG Magazin Mitbestimmung

Aufsichtsratsporträt: Halb schwarz, halb grün

Ausgabe 06/2023

Bernd Hagemeier, Arbeitnehmervertreter bei der STEAG. Von Kevin Gallant

In den vergangenen Jahren erreichte Bernd Hagemeier mehrfach sein Limit. So knüppeldick sei es noch nie für sein Unternehmen gekommen, sagt er. Und Hagemeier ist immerhin schon 40 Jahre dabei. Der 57-Jährige sitzt seit 2006 als Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der STEAG. Das Kürzel steht für den alten Namen des Konzerns: Steinkohlen-Elektrizität AG. Dem Namen und der Stromerzeugung aus Kohle wurde die Geschäftsgrundlage genommen. Bis 2030 sollen die letzten deutschen Steinkohlekraftwerke stillgelegt sein, auch das STEAG-Kraftwerk in Bergkamen bei Unna. Seit 1981 ist es am Netz, einige Jahre später fing Bernd Hagemeier dort an. 1998 ließ er sich zum ersten Mal für den Betriebsrat aufstellen.

Seit den 1980ern hat sich die Zahl der Beschäftigten in Bergkamen auf 120 halbiert. Viele Jüngere haben den Standort verlassen. Weniger als 20 Kolleginnen und Kollegen unter 30 Jahren arbeiten noch in Bergkamen. „Die Energiewende hat uns die Grundlage genommen, und als die Preise verfielen, hatten wir irgendwann kein Geld mehr“, sagt Hagemeier.

Bernd Hagemeier hat in den vergangenen Jahren im Aufsichtsrat mit dafür gesorgt, dass wenigstens die älteren Kollegen mit einem Anpassungsgeld abgesichert werden können. Die Kommunen, die bis zuletzt die meisten Anteile am Unternehmen hielten, entschieden sich 2021 für einen Verkauf. Hagemeier kämpfte dafür, dass die STEAG nur als Ganzes verkauft wird, um Namen, Geschichte und Arbeitsplätze zu sichern. Mit Erfolg: Der spanische Investor Asterion erhielt für rund 2,6 Milliarden Euro schließlich den Zuschlag.

Dafür nahm Hagemeier auch Querelen mit den Anteilseignern in Kauf. „Früher gingen Aufsichtsratssitzungen selten länger als eineinhalb Stunden, in den vergangenen Jahren waren es eher fünf bis sechs, und man ist schon mit Magenschmerzen hingefahren“, sagt er. Heute ist der gelernte Betriebsschlosser und Kraftwerker stolz darauf, einen Anteil daran zu haben, das Unternehmen wieder in ruhigeres und sichereres Fahrwasser gelenkt zu haben. „Man wächst mit den Jahren in die Rolle des Aufsichtsrats hinein“, sagt Bernd Hagemeier. „Gerade, wenn es für das Unternehmen eng wird, geht man mit noch mehr Herzblut ran.“

Gemeinsam mit der Geschäftsführung und der IGBCE stellte man die STEAG auf zwei neue Beine – ein schwarzes und ein grünes. Unter dem Dach des Konzerns firmiert seit diesem Jahr die Iqony, die sich um das Geschäft mit Photovoltaik, Windenergie und Wasserstoff kümmert. Auf der anderen Seite wird das Kohlegeschäft bei der STEAG Power gebündelt. „Wir wissen, dass die Kohle auf dem absteigenden Ast ist, aber noch wird sie gebraucht – der vollständige Umstieg auf Erneuerbare geht nicht von heute auf morgen“, sagt Hagemeier. Trotzdem will sich der Konzern zukünftig auf grüne Technologien konzentrieren. Das wolle auch der neue Käufer des Konzerns. Asterion bringe „die nötigen finanziellen Mittel mit, um den grünen Zweig auszubauen“.

Auch für den Standort Bergkamen gibt es Transformationspläne. Für die neue Energiequelle seien etwa Gas, aber auch Wasserstoff ein Thema. So viele Arbeitsplätze wie möglich sollen auf dem über 90 Hektar großen Gelände erhalten bleiben. „Ich will vor allem den jungen Kollegen eine langfristige Perspektive im Unternehmen bieten“, sagt Hagemeier, „und ich glaube, dafür haben wir die Grundlage geschaffen.“

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