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HBS Böckler Impuls

Vermögen: Arme Mütter

Ausgabe 11/2017

Wenn Frauen Mütter werden, wirkt sich das nachteilig auf die Vermögensbildung aus. Bei Vätern ist das nicht der Fall.

Kinder bereichern das Leben ihrer Eltern in vielerlei Hinsicht. Finanziell sind sie aber das Gegenteil einer Bereicherung – zumindest aus Sicht der Mütter: Frauen, die Kinder bekommen, müssen laut einer Studie der Soziologen Philipp Lersch, Marita Jacob und Karsten Hank von der Universität Köln mit Einbußen beim Vermögensaufbau rechnen.

Dass Mütter beruflich oft kürzertreten müssen und daher im Schnitt weniger verdienen als kinderlose Frauen, hätten zahlreiche Untersuchungen belegt, schreiben die Wissenschaftler. Die Vermögenssituation sei hingegen bislang kaum erforscht worden. Das Vermögen dürfte zwar generell eng mit dem persönlichen Einkommen zusammenhängen, für Menschen in Partnerschaften gelte das aber nicht zwangsläufig. Eine verbreitete Rechtfertigung für das traditionelle Rollenmodell – er macht Karriere, sie kümmert sich um den Nachwuchs – laufe schließlich darauf hinaus, dass Paare ihre Einkünfte zusammenlegen und durch die Arbeitsteilung das gemeinsame Einkommen maximieren. Über die gemeinsame Kasse würden Mütter demnach für ihren Lohnverzicht entschädigt. Das würde bedeuten, dass sie die gleichen Möglichkeiten zum Vermögensaufbau haben müssten wie ihre Ehemänner oder Lebensgefährten.

Allerdings nennen die Forscher auch Argumente, die gegen diese Theorie sprechen. Untersuchungen hätten gezeigt, dass das gemeinsame Wirtschaften in der Praxis eher selten dem Ideal gleichberechtigter Teilhabe entspricht. In der Regel beanspruchten diejenigen, die mehr Einkommen einbringen, auch mehr Verfügungsgewalt über die Finanzen. Hinzu komme, dass mit Erwerbsarbeit bisweilen finanzielle Vorteile verbunden sind, die man nur schwer mit dem Partner teilen kann, wie beispielsweise Anwartschaften auf eine Betriebsrente.

Um herauszufinden, wie es in der Realität um die Vermögensverhältnisse von Müttern bestellt ist, haben die Sozialwissenschaftler Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) aus den Jahren 2002, 2007 und 2012 analysiert. Das Ergebnis: Wenn man andere relevante Faktoren wie die Ausbildung, den Beruf der Eltern oder den Wohnort herausrechnet, wächst das preisbereinigte persönliche Nettovermögen von Müttern signifikant langsamer als das von kinderlosen Frauen. Bei Männern, die Vater werden, ist kein vergleichbarer Effekt nachweisbar. Ein Drittel der Differenz zwischen den Frauen mit und ohne Nachwuchs kann den Berechnungen zufolge damit erklärt werden, dass Mütter weitaus seltener Vollzeit arbeiten. Besonders schlecht dran sind Frauen, die überdurchschnittlich früh ihr erstes Kind bekommen, und alleinerziehende Mütter.

Das Fazit der Autoren: Das traditionelle Rollenmodell mag zwar theoretisch die Effizienz und das Vermögen auf Haushaltsebene erhöhen, aber die Frauen schneiden offenkundig schlecht ab, wenn es darum geht, die Früchte der Arbeitsteilung zu verteilen.

  • Ein Großteil der Mütter tritt beruflich kürzer. Bei den Vätern sieht das anders aus. Zur Grafik

Philipp M. Lersch, Marita Jacob, Karsten Hank: Parenthood, Gender, and Personal Wealth, European Sociological Review 3/2017.

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