zurück
Eindrücke der Konferenz Labora, Arbeit der Zukunft Service aktuell

LABOR.A 2020: Fühlt sich so die Arbeit der Zukunft an?

Auf der LABOR.A werden Ideen für die Arbeit der Zukunft entwickelt. In diesem Jahr fand die Veranstaltung aufgrund der Corona-Pandemie komplett digital statt. Der beschleunigte Wandel der Arbeitswelt sorgte dafür, dass es einiges zu besprechen gab.

Einen Tag lang diskutierten über 100 Expertinnen und Experten und rund 600 angemeldete Besucherinnen und Besucher unter der Überschrift „Connecting Ideas in Social Distance“ über eine Fülle von Themen. Das Fazit von Isabell Schömann war eindeutig. „Es sind Tage wie diese, die uns die nötigen Ideen bringen“, sagte das Vorstandsmitglied des Europäischen Gewerkschaftsbundes EGB am Ende der diesjährigen LABOR.A. Passend zum Motto fand das Treffen – notwendigerweise – digital statt. Nur ein Teil der Gäste der insgesamt 19 Diskussionsrunden und kleineren, parallel stattfindenden Sessions versammelte sich, wie in den vergangenen Jahren, im „Café Moskau“ in Berlin. Der Rest und die Zuschauer schalteten sich online zu.

  • Eindrücke der Konferenz Labora, Arbeit der Zukunft
    Nicolas Schmit, Marie Wachinger und Reiner Hoffmann diskutierten über "Europa – solidarisch, offen, demokratisch und nachhaltig!".

Zu Beginn diskutierten der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann, der EU-Kommissar für Beschäftigung, Nicolas Schmit, und Marie Wachinger, Stipendiatin der Hans-Böckler-Stiftung, über Europa und darüber, ob die EU in Zeiten von Corona eigentlich solidarisch handelt. Hoffmann begrüßte den EU-Wiederaufbauplan von 750 Milliarden Euro als „echten Durchbruch“: „Kein Land kann die Krise allein bewältigen“. Er mahnte an, dass die Gegenfinanzierung gelöst werden müsse. EU-Steuern wie eine Digital- oder Plastiksteuer werden bisher nur diskutiert – und der rechtliche Rahmen fehlt bislang, weil die EU keine eigenen Steuern erheben kann. Hoffmann forderte außerdem, den Zeitraum, in dem die Kredite zurückgezahlt werden müssen, zu strecken, und die EU-Schuldenquote von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts anzuheben. Schmit befand: „Wir haben Solidarität umgesetzt. Wenn wir den Wiederaufbauplan nicht auf den Weg gebracht hätten, hätten wir jetzt eine echte Krise.“

Marie Wachinger, die über den Begriff der Solidarität forscht, gab zu Bedenken, ob das Geld für die südeuropäischen Staaten wirklich ausreicht. Als unsolidarisch stufte sie die Rolle der sogenannten „Sparsamen Vier“ ein, jene EU-Staaten, die sich öffentlich als „die Guten“, als Gegenpol zum vermeintlich verschwenderischen Südeuropa, darstellten.

  • Eindrücke der Konferenz Labora, Arbeit der Zukunft
    Marie Wachinger, Stipendiatin der Hans-Böckler-Stiftung, forscht zum Begriff der Solidarität.

Wo das Café Moskau bei den vergangenen LABOR.A-Zusammenkünften einem Bienenstock glich, verlagerte sich die Diskussionen nun ins Netz – mit Erfolg. Durchschnittlich 40 Zuschauer verfolgten die einzelnen Sessions, die sich dem Thema aus unterschiedlichen Perspektiven näherten: Telearbeit bedeutet nicht nur mehr Autonomie, sondern auch das Risiko von Kontrolle, wenn nicht reguliert wird, stellte eine Runde fest; wie kann Künstliche Intelligenz so gestaltet werden, dass sie dem Menschen nützt, fragte eine weitere; wie kann Weiterbildung in Zeiten der digitalen Transformation aussehen, beleuchtete eine andere Session.

Durch mehrere Runden zog sich wie ein roter Faden die Frage, inwieweit Homeoffice eine neue Spaltung bedeutet zwischen den Beschäftigten, die von zu Hause aus arbeiten können, und denjenigen, denen das nicht möglich ist. Michael Guggemos, Geschäftsführer der Hans-Böckler-Stiftung, formulierte es grundsätzlicher: „Wie kann Zeitsouveränität auch für diejenigen ermöglicht werden, die nicht mobil arbeiten können?“ Christian Kirbus, der bei der Deutsche Bahn für die Einführung der neuen Software Windows 365 verantwortlich ist, berichtete, dass bei der Bahn mittlerweile auch Schienenarbeiter und Servicemitarbeiter mit mobilen Endgeräten ausgestattet werden, um die digitale Kluft zu den Büroangestellten zu verkleinern. „Es geht darum, den skeptischen Mitarbeitern die Angst zu nehmen und sie einzubinden“. Die Deutsche Bahn hat pro 200 Beschäftigte einen sogenannten Lernbegleiter eingesetzt, der bei Problemen hilft.

  • Eindrücke der Konferenz Labora, Arbeit der Zukunft
    Wenige der über 100 Expertinnen und Experten waren vor Ort, der Rest diskutierte untereinander und mit den rund 600 angemeldeten Besucherinnen und Besuchern mittels Videokonferenzen.

Für Wolfram Gießler vom Essener Bildungsinstitut im Gesundheitswesen bedeutet die Ausstattung mit digitalen Geräten im Pflege- und Gesundheitssektor eine Entlastung und gleichzeitig auch eine Aufwertung der Arbeit. "Das wird positiv aufgenommen", sagte Gießler. Isabelle Schömann mahnte an, die Risiken der Digitalisierung für die Beschäftigen mit Blick auf Überwachung und Kontrolle ernst zu nehmen: "Wir müssen eine Balance finden zwischen den Risiken und den Aspekten, bei denen die Digitalisierung hilfreich ist".

Nächstes Jahr, falls möglich, soll die LABOR.A wieder wie gewohnt physisch stattfinden – kombiniert mit den digitalen Möglichkeiten, die sich dieses Jahr bewährt haben.

Die Gewinnerinnen des Ideenpitches und ihre Projekte

Mitarbeiter*innen-zentrierter Einsatz von People Analytics

Miriam Klöpper, Forschungszentrum Informatik (FZI) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), und Sonja Köhne, Alexander-von-Humboldt-Institut für Internet und Gesellschaft (HIIG)

People Analytics Anwendungen werden häufig zur Überwachung oder Leistungskontrolle eingesetzt. Bisher spielen die Interessen der Beschäftigten beim Einsatz dieser Anwendungen oftmals eine untergeordnete Rolle. Wir haben uns daher gefragt: Wie können diese Anwendungen den MitarbeiterInnen zu Gute kommen? Bei unserer Idee geht es darum, die Bedürfnisse der Beschäftigten ins Zentrum zu stellen und People Analytics Anwendungen auch zur Unterstützung von Betriebsratsarbeit zugänglich zu machen.

 

Train the Trainerin – Digitales Empowerment für Frauen

Dr. Karin Reichel, Geschäftsführerin des FrauenComputerZentrumBerlin (FCZB)

Die Digitalisierung bzw. digitale Transformation in Deutschland ist in weiten Teilen technikgetrieben und männerdominiert. Die digitalen Spaltungen unserer Gesellschaft zeigen sich schon seit Jahren im D21-Digital-Index, aber auch im beruflichen Kontext. Die multiplen Spaltungen verlaufen dabei entlang verschiedener soziodemografischer Merkmale, insbesondere Alter, Bildung, Einkommen, Geschlecht. Damit Frauen befähigt werden, die Chancen der Digitalisierung für ihre Bedürfnisse nutzen zu können, aber diese auch mitgestalten zu können, muss deren digitale Mündigkeit gestärkt werden. Voraussetzung für eine gendersensible Aus- und Weiterbildung sind aber zunächst entsprechende gendergerechte Weiterbildungen für pädagogische Fachkräfte. Für einen ganzheitlichen Kompetenzentwicklungsansatz in der digitalisierten Welt benötigen Trainer*innen sowohl anwendungsbezogenes Wissen (Wie nutze ich digitale Tools?) als auch technisches Know-how und Verständnis (Wie funktionieren diese?). Und last but not least sollten sie auch fähig sein, eine kritisch hinterfragende, gesellschaftlich-kulturelle Perspektive einzunehmen und zu vermitteln. (Wie wirken diese?) Die Weiterbildung des FCZB „Train the Trainerin – Digitales Empowerment für Frauen“ setzt genau hier an.

Weitere Informationen

Website der Forschungsstelle Arbeit der Zukunft

Website der LABOR.A 2020

Programm der LABOR.A 2020

Schwerpunktausgabe des Böckler Impuls "Die Arbeit der Zukunft gestalten"

Gespräch mit dem SPD-Politiker Thorben Albrecht und Stefan Lücking von der Hans-Böckler-Stiftung über Algorithmen und Künstliche Intelligenz

Newsletter HANS. 20/2020 mit einem Editorial von Michael Guggemos zur LABOR.A "Gute Ideen entwickeln – und durchsetzen"

Zugehörige Themen

Der Beitrag wurde zu Ihrerm Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen