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Magazin Mitbestimmung

Zur Sache: Managergehälter als Wahlkampfthema

Ausgabe 04/2013

„Wer die Rechte der Hauptversammlung stärken will, sollte offen zugeben, dass er die Rechte der Arbeitnehmer schwächen möchte“, sagt Roland Köstler, Unternehmensrechtler in der Hans-Böckler-Stiftung.

Nach der erfolgreichen Schweizer Volksabstimmung „gegen die Abzockerei“ wird auch in der Bundesregierung darüber diskutiert, „das Aktienrecht zu ändern, um die Rechte der Eigentümer zu stärken“, teilte der Koalitionsausschuss am 21. März mit. Und weiter: „Der Hauptversammlung börsennotierter Aktiengesellschaften soll die obligatorische Aufgabe übertragen werden, über das System zur Vergütung der Vorstandsmitglieder eine für den Aufsichtsrat verbindliche Entscheidung zu treffen.“

Indes: Die beschworene Aktionärsdemokratie entpuppt sich schnell als Mythos. Aktuellen Statistiken zufolge besitzen lediglich 13,7 Prozent der Bevölkerung in Deutschland direkt oder indirekt Aktien. Die meisten Aktien werden von nationalen und internationalen institutionellen Anlegern gehalten, also von Banken, Pensionsfonds, Hedgefonds oder Private-Equity-Gesellschaften. Ihr Anteil an den DAX-Unternehmen beträgt 62 Prozent. Wer die Rechte der Hauptversammlung stärken will, sollte deshalb offen zugeben, dass er die Rechte der Arbeitnehmer schwächen und die der Finanzinvestoren stärken möchte. Wenn Rainer Brüderle von „Kungeleien zwischen Betriebsräten und Managern“ spricht oder „Bild“-Kommentator Hugo Müller-Vogg schreibt: „Kein Vorstand hat höhere Bezüge, als die Gewerkschaften erlaubt haben“ – dann sind das deutliche Belege für diese Absichten.

Der drastische Anstieg der Vorstandsvergütung in den großen deutschen Unternehmen in den vergangenen Jahren beruht ganz überwiegend auf der Einführung variabler Vergütungsbestandteile. Gerade die Vereinbarung erfolgsabhängiger Vergütung mit dem Management der erworbenen Portfoliounternehmen gehört zum immanenten Bestandteil des Geschäftsmodells von Finanzinvestoren. Und bekanntermaßen gehören die Gehälter von Hedgefonds-Managern zu den höchsten Gehältern weltweit.

Bedeutende Familienaktionäre setzen sich bereits heute erfolgreich für eine Begrenzung der Vorstandsvergütung ein. Und seit 2009 ist es nach § 120 AktG den Aktionären auf der Hauptversammlung möglich, in einem rechtlich allerdings nicht bindenden Votum die Vorstandsvergütung in ihrem Unternehmen zu bewerten. In einer empirischen Untersuchung für die Hans-Böckler-Stiftung (BöcklerImplus 18/2010) haben Lasse Pütz und ich 2010 herausgearbeitet, dass oft Vorstand und Aufsichtsrat das Thema Vergütung von sich aus auf die Tagesordnung der Hauptversammlung setzten und diese im Übrigen nur in einem einzigen Fall, bei HeidelbergCement, mit knapper Mehrheit die Zustimmung verweigerte. Im Durchschnitt aller vier DAX-Indizes lag die Zustimmung bei über 90 Prozent. Eine aktuelle Auswertung ergab zudem, dass ein Viertel der DAX-Indizes-Unternehmen mit 75 Prozent Hauptversammlungsmehrheit den Vorständen sogar erlauben, auf die individuelle Veröffentlichung der Gehälter zu verzichten, die der Gesetzgeber seit 2005 vorsieht.

Noch (Anfang April 2013) sind Einzelheiten des Regierungsvorstoßes nicht bekannt. Zwischenzeitlich war die Rede davon, dass es dabei um einen Gesamtvergütungsrahmen für alle Vorstandsmitglieder gehen soll. In diesem Fall darf schon jetzt bezweifelt werden, dass ein solchermaßen dimensionierter Rahmen auf einer Hauptversammlung sinnvoll diskutiert und beschlossen werden kann. Vor allem aber lässt der Vorstoß der Bundesregierung erkennbar auch außer Acht, dass das Unternehmensinteresse mehr ist als das Aktionärsinteresse.

Wenn man in diesem Sinne Nachhaltigkeit bei der Vergütung – also weg von den herkömmlichen, rein bilanziellen Kennziffern für die Bemessung – und eine Begrenzung einführen will, so geht dies nur durch die Kombination dreier Wege: Zunächst ist das bisher nur im Corporate-Governance-Kodex definierte Unternehmensinteresse (das den Aktionären, den Arbeitnehmern und dem Allgemeinwohl Rechnung tragen muss) im Aktiengesetz zu verankern. Diese gesetzlich fixierte Definition wird es Arbeitnehmervertretern erleichtern, auch soziale und ökologische Kriterien in die Vergütung einzubauen. Sodann gilt es, die steuerliche Abzugsfähigkeit der Managergehälter (ab einer bestimmten Summe) zu begrenzen, wie dies für die Aufsichtsratsvergütung schon lange gilt. Insoweit gehen die Managergehälter den Staat tatsächlich etwas an. Und schließlich geht es darum, den Aufsichtsrat bei seiner Vergütungsentscheidung zu verpflichten, die Höhe der Vorstandsbezüge durch eine feste Relation zum durchschnittlichen Arbeitnehmereinkommen zu begrenzen und diese im Geschäftsbericht zu veröffentlichen.

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