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key visual herbstforum 2023

WSI-Herbstforum 2023: Mangel, Macht und Gegenmacht? Fachkräfte in Deutschland

Veranstalter: WSI der Hans-Böckler-Stiftung
Ort: Berlin, Spreespeicher Eventlocation
vom: 16.11.2023, 13:00 Uhr
bis: 17.11.2023, 14:00 Uhr

Wo geht es hier zum Schlaraffenland?

„Mangel, Macht und Gegenmacht“, lautete der Titel, den das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung für sein diesjähriges Herbstforum gewählt hatte. 169 Menschen diskutierten vor Ort und 226 online die Frage, ob und wie Gewerkschaften und Beschäftigte in Zeiten knappen Personals profitieren können. 

Zum Tagungsbericht

Fachkräftemangel? Eine Perspektive der Bevölkerungsforschung
Prof. Dr. Katharina Spieß, Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BIB) und Johannes Gutenberg Universität Mainz

Stärkt der Fachkräftemangel die Macht der Gewerkschaften?
PD Dr. Martin Behrens und Prof. Dr. Thorsten Schulten, WSI der Hans-Böckler-Stiftung

Panel: Arbeitsmarktpartizipation und gesellschaftliche Integration von Beschäftigten mit Migrationserfahrung

In der Diskussion um die zukünftige Fachkräftesicherung auf dem deutschen Arbeitsmarkt nimmt Zuwanderung einen großen Stellenwert ein. Die qualifizierte Zuwanderung soll im Zuge des neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes den Fachkräftezuzug aus dem EU-Ausland und Drittstaaten vereinfachen. Bisherige Befunde verdeutlichen jedoch, dass in den vergangenen Jahren die gesteuerte Erwerbsmigration aus Drittstaaten sehr gering ausfiel, die Beschäftigtenquoten von Personen mit Migrationserfahrung deutlich niedriger sind als im Bevölkerungsschnitt und Beschäftigungsverhältnisse häufiger durch Prekarität charakterisiert sind. Vor dem Hintergrund der aktuellen Fachkräftesituation und der Frage attraktiver Arbeits- und Lebensbedingungen sowie Teilhabemöglichkeiten betrachtet das Panel die Voraussetzungen zur Arbeitsmarktintegration von Personen mit Migrationserfahrung. Dabei beleuchtet es auch Gelingensbedingungen im Sinne institutioneller und betrieblicher Voraussetzungen für eine erfolgreiche Integration in den Arbeitsmarkt und in die Gesellschaft.

Strukturelle Integration braucht Sicherheit. Zur Rolle der Bleibeperspektive und Sprachförderung bei der Arbeitsmarktintegration
Dr. Jannes Jacobsen, DEZIM Institut

Fachkräfteeinwanderung und Anerkennung: Wie schnelle Fachkräftegewinnung und langfristige Integration nach dem neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetz gelingen können
Vira Bushanska, Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB)

Repräsentanz von Migrant*innen im Betriebsrat
PD Dr. Martin Behrens, Dr. Wolfram Brehmer und Merle Pohlmeyer, WSI der Hans-Böckler-Stiftung

Panel: Arbeitnehmer:innen im Schlaraffenland? Ob und wann der Fachkräftemangel zu besseren Arbeitsbedingungen führt

In Zeiten des Fachkräftemangels müssten Arbeitergeber mit attraktiven und guten Arbeitsbedingungen um Stellenbewerber:innen konkurrieren und Beschäftigte an sich binden – so sagt es zumindest die ökonomische Theorie voraus. Dazu gehören passfähige Arbeitszeitkonzepte, die auch auf individuelle Bedürfnisse, etwa von Bewerber:innen mit Sorgeverpflichtungen eingehen, höhere Reallöhne und sozialverträgliche, wertschätzende Arbeitsbedingungen. Dies wiederum sollte es den Arbeitgebern ermöglichen, vorhandene Mitarbeiter:innen langfristig zu binden sowie auch brach liegende Potenziale auf der Angebotsseite zu erschließen und so den Fachkräfte- bzw. Arbeitskräftemangel zumindest zu entschärfen.

Bringt die Zukunft also das Schlaraffenland für Arbeitnehmer:innen? Die Beiträge in diesem Panel zeigen, wie voraussetzungsvoll die Wechselwirkungen zwischen Fachkräftemangel, besseren Arbeitsbedingungen und einer Ausweitung des Arbeitskräfteangebots sind. Das Panel ging dabei der Frage nach, welche Bedingungen hinsichtlich der Arbeitszeit, der Löhne und weiterer Arbeitsbedingungen erfüllt werden müssen, damit vorhandene Beschäftigte dem Betrieb erhalten bleiben sowie auch die Aufnahme bzw. Ausweitung von Erwerbsarbeit attraktiver wird – und unter welchen Voraussetzungen die Tarifparteien solch eine „high road“-Strategie ergreifen, um langfristig Fachkräfte für ihre Branche zu sichern. Die Pflegebranche bietet dabei ein Beispiel, in dem solch eine positive Dynamik ausgeblieben ist und schlechte Arbeitsbedingungen den Fachkräftemangel verschärft haben.

Unterbeschäftigung und die Rolle von Arbeitszeitpolitik
Dr. Mattis Beckmannshagen, DIW Berlin

Paradox Niedriglohn: Unter welchen Bedingungen führt der Fachkräftemangel zu höheren Löhnen?
Dr. Malte Lübker, WSI der Hans-Böckler-Stiftung

Der Blick auf eine Branche, die „Pflegestudie“: „Ich pflege wieder, wenn …“
Michaela Evans, IAT

Panel: Ungenutzte Potenziale auf dem Arbeitsmarkt: Die Rolle von Ausbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten

In Deutschland gibt es verfügbare, jedoch ungenutzte Potenziale der Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt. Derzeit sind mehr als 2.5 Millionen Personen arbeitslos gemeldet (Bundesagentur für Arbeit, 2023). Ebenso hoch ist die Zahl junger Menschen zwischen 20 und 34 Jahren, welche keinen Berufsabschluss erlangt hat – eine Gruppe, die zuletzt über die Corona-Pandemie stark angewachsen ist. Auch sehr viele jüngere Personen sind von einer vollqualifizierenden Ausbildung weit entfernt, wenn sie nach der Schullaufbahn erst einmal im so genannten Übergangssystem einmünden, da sie trotz Ausbildungsinteresse keinen betrieblichen Ausbildungsplatz finden können. Eine fehlende Qualifizierung oder eine nicht passende Qualifizierung sind Hindernisse (neben weiteren Passungsproblemen), die zu unausgeschöpften Potenzialen auf dem Arbeitsmarkt führen können. Das Panel adressierte deshalb Qualifizierungschancen und Entwicklungsperspektiven mit Blick auf Personen in Arbeitslosigkeit, ohne oder mit nicht passendem Berufsabschluss sowie in Ausbildungslosigkeit und diskutierte deren Bedeutung angesichts von Fachkräfteengpässen.

Qualifikationsdefizite ausgleichen: Abschlussorientierte berufliche Weiterbildung
PD Dr. Thomas Kruppe, IAB

Weiterbildungsbeteiligung und Perspektiven für eine diversitätsorientierte Weiterbildung im Betrieb
Dr. Sara Reiter, FU Berlin

Wieder kein match? Ausbildungslosigkeit und Passungsprobleme auf dem Ausbildungsmarkt
Magdalena Polloczek, WSI der Hans-Böckler-Stiftung

Morning Lecture: Fachkräftemangel: Geht nicht – gibt’s nicht
Prof. Dr. Enzo Weber, IAB und Universität Regensburg

Bildungspolitische Gestaltungsansätze zur Fachkräftesicherung:
Ausbildung im Solidarprinzip: Bremens neuer Ausbildungsunterstützungsfonds

Dr. Ernesto Harder und Miriam Bömer, DGB Region Bremen-Elbe-Weser

Brücke zum Beruf: Qualifizierungsprojekte und Anerkennung auf dem Arbeitsmarkt von Personen mit Migrationserfahrung
Irina Lagutova und Charlotte Tiefensee, berami e.V.

Weiterbildung im Verbund: Das Koordinierungszentrum für Weiterbildungsverbünde forum wbv
Iken Neisener, f-bb und Martin Roggenkamp, IFTP im bfw

Fachkräftemangel: Ändert sich das Machtverhältnis zwischen Kapital und Arbeit?
In Folge 169 des Systemrelevant-Podcasts gibt Bettina Kohlrausch einen Überblick zu den Analysen und Lösungsansätzen, die auf dem WSI-Herbstforum 2023 in Bezug auf die Fachkräftesituation diskutiert wurden.

Zum Podcast

Mittlerweile gehört die vorgelagerte Promotionswerkstatt zum festen Bestandteil des WSI-Herbstforums: Hier haben Promovierende die Möglichkeit, ihre Forschungen in einer informellen Atmosphäre vorzustellen und zu diskutieren. In diesem Jahr lag die zentrale thematische Ausrichtung der Promotionswerkstatt und des WSI-Herbstforums auf der intensiven Debatte um Fachkräfte-Engpässe und Strategien zur Fachkräftesicherung.

Zum Programm (pdf)

Infos zur Veranstaltung

Die Fachkräftesituation in Deutschland ist weiterhin eines der dominierenden Arbeitsmarktthemen. Ob Deutschland wirtschaftlich zukunftssicher aufgestellt ist und wettbewerbsfähig bleibt, hängt in starkem Maße auch davon ab, ob gut ausgebildete und qualifizierte Beschäftigte verfügbar sind. Es mehren sich jedoch Befürchtungen, dass ein umfassender Fachkräftemangel droht und das deutsche Wirtschaftsmodell in eine Krise geraten könnte.

Das WSI-Herbstforum 2023 beleuchtete die Fachkräftesituation im Kontext von Wandel und Knappheit. Die aktuelle Fachkräftesituation wird oft vor allem auf den demographischen Wandel zurückgeführt: Die Alterung der Erwerbsbevölkerung führt zu einem Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials. Allerdings verweist der Mangel von Fachkräften auch auf gesellschaftliche Schieflagen: Der Anteil von Personen ohne berufsqualifizierenden Abschluss bleibt auf hohem Niveau, nach wie vor gibt es eine große Anzahl von Ausbildungsinteressierten ohne Ausbildungsplatz und arbeitslosen Personen. Dies verdeutlicht, dass hinter der Fachkräftesituation auch ein enormes Passungsproblem auf dem Arbeitsmarkt steht, welches eine gewaltige politische Herausforderung darstellt.

Im Fachkräftemangel liegen aber auch Chancen: Wenn die Knappheit die Marktmacht auf der Nachfrageseite reduziert, kann sich das Machtgefüge auf dem Arbeitsmarkt zugunsten der Arbeitnehmer*innen oder Arbeitsmarkteinsteiger*innen verschieben. Zusammen mit den Teilnehmenden reflektierten wir, ob und unter welchen Bedingungen sich ein Fachkräfteengpass in individuelle und/oder kollektive Verhandlungsmacht übersetzt.

Programm (pdf)

Beispiele aus der Bildungspraxis: Projektvorstellungen (pdf)

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