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HBS Böckler Impuls

Unternehmensmitbestimmung: Vorsprung durch Vielfalt

Ausgabe 09/2007

Deutschlands Aufsichtsräte wandeln sich: vom rückblickenden Kontroll- zum vorausschauenden Beratungsgremium. Die Mitbestimmung ist dabei von Vorteil, so das Ergebnis einer Untersuchung.

Neue Gesetze sowie die Prinzipien guter Unternehmensführung des Corporate-Governance-Kodex haben seit Ende der 90er-Jahre den Aufsichtsräten zusätzliche Aufgaben gebracht. Sie beteiligen sich an der strategischen Unternehmensplanung, gestalten die Reorganisationsprozesse in Unternehmen aktiv mit. Werden die Gremien ihren erweiterten Kompetenzen gerecht? Ein Forscherteam des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) befragte dazu mehr als 1.000 Arbeitnehmervertreter aus den Aufsichtsräten der Unternehmen, die dem 76er Mitbestimmungsgesetz unterliegen. Der Befund: "deutliche Verbesserungen bei der Entwicklung der Leistungsfähigkeit". Diese definieren die Wissenschaftler als Fähigkeit, die für das langfristige Unternehmenswohl richtigen Entscheidungen zu treffen; als Selbstverständnis eines - trotz heterogener Bedingungen - gemeinsam arbeitenden Gremiums und als die Fähigkeit, auf Entscheidungen der Unternehmensleitung Einfluss zu nehmen. Bei den Einflussmöglichkeiten sehen die Arbeitnehmervertreter nur teilweise Verbesserungen. Doch sowohl die Qualität der Entscheidungen als auch die soziale Integration des Gremiums haben nach ihrer Einschätzung in den vergangenen Jahren zugenommen - in großen Aufsichtsräten mit 20 Mitgliedern deutlicher als in kleinen mit 12. Kein Wunder, dass 91 Prozent der Befragten in den bestehenden Aufsichtsratsgrößen eine Stärke des deutschen Systems sehen.

Bei seinen Beratungsaufgaben ebenfalls von Vorteil ist die heterogene Zusammensetzung des deutschen Aufsichtsrates, so die Forscher. Vertreter der Anteilseigner verfügen zum Beispiel über Markt- und Kunden- sowie über betriebswirtschaftliches Wissen. Die betrieblichen Arbeitnehmervertreter über internes Organisationswissen. Die Gewerkschaftsvertreter bringen politisches und rechtliches Wissen ein. Jede der Gruppen im Aufsichtrat verfüge über ein spezifisches Wissensprofil, das nicht ohne weiteres durch eine andere Gruppe ersetzt werden kann. Auch könne keine der Gruppen alle Wissensarten allein abdecken, so die Analyse.

  • Arbeitnehmervertreter bewerten Aufsichtsratsarbeit überwiegend positiv. Zur Grafik

Ulrich Jürgens, Inge Lippert, Frank Gaeth: Information, Kommunikation und Wissen im Mitbestimmungssystem - Eine Umfrage unter Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat, Projekt des WZB für die Hans-Böckler-Stiftung, Endbericht, Mai 2007.

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