zurück
HBS Böckler Impuls

Vorstandsvergütung: Der kurzfristige Gewinn zählt

Ausgabe 06/2008

Die Bezahlung der Vorstände großer, börsennotierter Unternehmen richtet sich in erster Linie nach dem Vorsteuergewinn. Doch das ist nicht der beste Indikator für wirtschaftlichen Erfolg.

Der Kölner Volkswirt Reiner Rang hat im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung die Vergütungssysteme der 80 in DAX und M-DAX gelisteten Unternehmen analysiert. Das Ergebnis: Lediglich die Höhe des absoluten Vorsteuergewinns schlägt sich direkt in der Vorstandsvergütung nieder. Die Vorstandsbezüge stehen aber in keiner eindeutigen Beziehung zu den Größen Bilanzsumme, Beschäftigtenzahl, Gewinnwachstum oder Cashflow.

Beispielsweise führten hohe prozentuale Zuwächse beim Cashflow (Zahlungsmittelüberschuss) aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit nicht zu überdurchschnittlich hohen Vergütungen. Dabei ist der Cashflow eine besonders verlässliche Messzahl für die Finanzkraft des Unternehmens, betont Matthias Müller, Corporate-Governance-Experte der Hans-Böckler-Stiftung. Denn anders als der Jahresüberschuss sei er nicht durch Sonderabschreibungen und Rückstellungspolitik beeinflusst - und damit auch aussagekräftiger als der ausgewiesene Gewinn.

Hohe Gewinnzuwächse bedeuteten für die Vorstände ebenfalls nicht automatisch vordere Plätze im Einkommens-Ranking. Dass zwischen den Zahlungen an den Vorstand und den Veränderungen der Erfolgsparameter nur ein "minimaler Zusammenhang" bestehe, sei erstaunlich, schreibt Rang. Nach der Lektüre der Vergütungsberichte habe er eigentlich erwartet, dass hohe Vorstandsbezüge gerade eine Folge "verbesserter Erfolgskennzahlen auch jenseits des Vorsteuergewinns" seien.

Vorstände argumentierten oft mit ihren "Leistungen, die sich in angemessenen Bezügen wieder finden sollen", so der Ökonom. Angesichts seiner Befunde sei "diese Argumentationsposition zumindest angreifbar".

Hohe variable Vergütungsanteile

Die absoluten Vorsteuerergebnisse korrelieren als einzige der untersuchten Kennzahlen deutlich mit den Gesamtbezügen des Vorstands. "Dies liegt an den in Deutschland üblichen auf den Gewinn bezogenen Tantiemen", erläutert Matthias Müller. In der "einseitigen Ausrichtung der Vergütungen auf das absolute Vorsteuerergebnis" spiegelt sich Müller zufolge "die starke Kurzfristorientierung in der Bezahlung der Vorstände wider". Deutschland sei weltweiter Spitzenreiter bei der gewinnbezogenen Vergütung.

Die Vorstandsentlohnung setzt sich meist aus verschiedenen Komponenten zusammen, beispielsweise Gehalt, Altersversorgung, Bonuszahlung und Aktienoptionsplan. Der variable Anteil machte in den meisten untersuchten Unternehmen 2006 mehr als ein Viertel der Vergütung ohne Aktienoptionen aus. Bei knapp der Hälfte der Unternehmen erreichte er mehr als 50 Prozent der regelmäßigen Bezüge. In einigen Fällen, insbesondere in der Branche Handel und Konsum, entfielen bis zu drei Viertel der Zahlungen auf den variablen Anteil.

Kräftiger Zuschlag für den Vorsitzenden. Die Durchschnittsbezüge der Vorstände streuten je nach Unternehmen zwischen 300.000 und 7,4 Millionen Euro pro Kopf. Vorstandsvorsitzende bekamen deutlich mehr als die anderen Mitglieder der Unternehmensführung. Sie erhielten im Schnitt 3,3 Millionen Euro, während die übrigen Vorstände durchschnittlich 2 Millionen Euro verdienten. Von der höheren Entlohnung der Vorsitzenden abgesehen, gibt es der Studie zufolge keine systematischen Unterschiede bei der Vergütung: Ob Vorstandsmitglieder für Personal, Marketing oder Finanzen zuständig sind, spielt für die Bezahlung keine wesentliche Rolle. Auch dies sei ein überraschendes Ergebnis, stellt Rang fest.

Erst das im August 2005 in Kraft getretene Gesetz zur Offenlegung der Vorstandsgehälter hat Rangs detaillierte Analysen möglich gemacht. Allerdings konnten nicht alle Geschäftsberichte personenbezogen ausgewertet werden, denn die Hauptversammlung kann beschließen, dass die Vorstandsbezüge nicht individuell veröffentlicht werden. Neun der 80 DAX- und M-DAX-Unternehmen machten im Geschäftjahr 2006 von ihrem Recht Gebrauch, die Aussage zu verweigern.

  • Die Vorstandsbezüge in den 80 größten börensennotierten Unternehmen streuen erheblich. Zur Grafik

Reiner Rang: Vorstandsvergütung 2006 (pdf), Studie für die Hans-Böckler-Stiftung, Februar 2008

Impuls-Beitrag als PDF

Zugehörige Themen

Der Beitrag wurde zu Ihrem Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen