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Magazin Mitbestimmung

Energiegenossenschaften: Gemeinsam die Energie wenden

Ausgabe 01+02/2013

Bundesweit gibt es heute schon mehr als 600 Energiegenossenschaften. Die meisten setzen auf regenerative Energien. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) hat den Boom ausgelöst. Von Kay Meiners

„Gestalten Sie mit Ihrer Mitgliedschaft aktiv die regionale Energiewende!“ – mit diesem Slogan wirbt die BürgerEnergieGenossenschaft eG im hessischen Wolfhagen um Mitglieder. Ein Anteil kostet 500 Euro – der Erwerb ist auf maximal 20 Stück pro Mitglied limitiert. Die Genossenschaft ist mit den lokalen Stadtwerken verbandelt, an denen die Bürger so ebenfalls Mitbesitzer werden – inklusive aller Mitsprache- und Vetorechte. Das finanzielle Risiko ist dabei gering, eine auskömmliche Rendite fast sicher. Versprochen wird, je nach Geschäftsentwicklung, eine Dividende zwischen 1,5 und 6 Prozent. Ermöglicht werden solche Zusagen durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), das seit dem Jahr 2000 die Abnahme für nachhaltig produzierten Strom regelt. Es garantiert eine Vergütung über dem Marktpreis.

In den letzten Jahren hat die Genossenschaftsbewegung in Deutschland einen regelrechten Gründungsboom erlebt. Es sind heute über 600 Genossenschaften tätig. Nachdem es seit den 1930er Jahren bereits einen Grundstock von rund 100 solcher Energiegenossenschaften in Deutschland gegeben hatte, hat sich die Zahl in den letzten fünf Jahren versechsfacht. In den Vorständen und Aufsichtsgremien finden sich nach Erkentnissen des Klaus Novy Instituts (KNI) in Köln, das sich für die Förderung von Genossenschaften einsetzt, häufig Vertreter der Agrarwirtschaft und diverser Handwerksberufe, Ingenieure, Anwälte, Betriebswirte und auch Steuerberater. Die Anteile werden in Stücklungen zwischen 50 und 5000 Euro unter das Volk gebracht. Doch es ist nicht die Rendite allein, die die Leute motiviert. Richard Volz, der über Energiegenossenschaften promoviert hat, weist darauf hin, dass für viele Bürger das demokratische Organisationsprinzip „One man, one vote“ reizvoll ist. Ähnlich argumentiert auch der Genossenschaftsexperte Herbert Klemisch, der am KNI gearbeitet hat und heute im Wissenschaftsladen Bonn beschäftigt ist. Genossenschaften, sagt er, seien „weit mehr als Kapitalsammelstellen“. Sie seien immer auch ein Ausdruck von Bürgerengagement und Partizipation. Außerdem kommt die Organisationsform dem Anliegen entgegen. „Das genossenschaftliche Prinzip passt gut zu erneuerbaren Energien und zur dezentralen Versorgung vor Ort.“

Eine Teiluntersuchung des KNI unter 200 dieser Energiegenossenschaften ergab, dass jede von ihnen im Schnitt zwischen 1,9 und 3,1 Millionen Euro investierte – bei einem Eigenkapital zwischen 700.000 und einer Million Euro. Die 600 Genossenschaften dürften bisher 1 bis 1,6 Milliarden Euro in den Umbau der Energiewirtschaft investiert haben. Das Fazit des KNI zu den Investitionen in die Energiewende ist bemerkenswert: Zählt man Bauern, Kleinbetriebe und Gewerbetreibende mit, die als persönliche haftende Unternehmer auftreten, dann wurden bisher rund 60 Prozent der Investitionen, die auf die Ablösung fossiler und atomarer Energieträger zielen, von Privathaushalten aufgebracht. Helene Maron, die Projektleiterin am KNI, sieht sich nicht nur als neutrale Beobachterin – sie wünscht sich ausdrücklich, „dass das bisher Erreichte Nachahmer finden wird.“

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