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HBS Böckler Impuls

Arbeitswelt: Stress macht rasend

Ausgabe 10/2017

Stress im Job erhöht das Unfallrisiko: Wenn Pendler Probleme mit dem Chef oder der Vereinbarkeit von Beruf und Familie haben, verstoßen sie häufiger gegen Verkehrsregeln.

Wer bei der Arbeit unter Druck steht, kann laut einer Studie von Keren Turgeman-Lupo und Michal Biron auf der Straße zur Gefahr für sich und andere werden. Die Wirtschaftswissenschaftler von der Universität Haifa haben ermittelt, dass feindselige Vorgesetzte und Konflikte zwischen Arbeit und Privatleben zu einem riskanteren Fahrstil bei Pendlern führen.

Wie sich Arbeitnehmer am Steuer verhalten, habe weitreichende Folgen, schreiben Turgeman-Lupo und Biron. Verkehrsunfälle seien einer der Hauptgründe für Todesopfer während der Arbeitszeit oder der An- und Abreise. Bei über einem Drittel der beruflichen Todesfälle in den USA zwischen 2003 und 2009 hätten Kraftfahrzeuge eine Rolle gespielt. In Deutschland hätten Pendler allein 2009 fast 180.000 Unfälle gebaut.

Um zu überprüfen, inwieweit Arbeitsbedingungen das Verhalten beim Pendeln beeinflussen, haben die Forscher 361 Beschäftigte eines Großbetriebs in der Elektroindustrie befragt, die regelmäßig mit dem Auto zur Arbeit fahren. Die Befragten sollten unter anderem angeben, wie oft ihr Vorgesetzter Versprechen bricht oder sich abfällig äußert. Darüber hinaus wurde erhoben, wie sehr der Job das Privatleben beeinträchtigt. Als Maßstab für die Gefährlichkeit des Fahrstils dienten Einschätzungen der Beschäftigten, wie oft sie auf dem Weg zur Arbeit oder nach Hause gegen die Straßenverkehrsordnung verstoßen, also beispielsweise Tempolimits missachten.

Den Berechnungen zufolge erhöhen sowohl Vereinbarkeitskonflikte als auch böswillige Chefs signifikant die Zahl der Regelverstöße beim Pendeln. Das gilt auch dann, wenn man zusätzlich das Geschlecht, das Alter und die Fahrstrecke statistisch berücksichtigt. Turgeman-Lupo und Biron erklären das zum einen damit, dass negative Gefühle und Sorgen die Konzentration beim Fahren beeinträchtigen. Zum anderen könnten sich Pendler mit aggressiven Vorgesetzten genötigt fühlen, es ihrem reizbaren Boss recht zu machen, indem sie während der Fahrt berufliche Telefonate führen oder Textnachrichten beantworten. Ähnliches gilt für Arbeitnehmer, die Beruf und Familie nur schwer unter einen Hut bekommen: Sie könnten versucht sein, mit denjenigen, die sie zu vernachlässigen meinen, beim Pendeln Kontakt zu halten.


  • Der Anteil der Pendler an der Arbeitnehmerschaft nimmt zu. Zur Grafik

Keren Turgeman-Lupo, Michal Biron: Make it to work (and back home) safely: the effect of psychological work stressors on employee behavior while commuting by car (kostenpflichtig, nur online), European Journal of Work and Organizational Psychology 2/2017

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