Projektbeschreibung
Kontext
Die Wirtschaftskrise wirkt sich sehr stark auf die meisten Sparten des Maschinenbaus aus; insgesamt ist der Maschinenbau deutlich früher und stärker von den Krisenwirkungen betroffen als in anderen konjunkturellen Abschwüngen. Speziell im Werkzeugmaschinenbau sind in der ersten Jahreshälfte 2009 sehr große Einbrüche im Auftragseingang (- 67 %) zu verzeichnen. In der Branche wird für 2009 von einem immensen Produktionseinbruch um 40 % ausgegangen. Bisher hat sich der tiefe Fall der wirtschaftlichen Kennziffern auf die Beschäftigtenzahlen weniger stark ausgewirkt; verschiedene Instrumente wurden genutzt, um die Stammbelegschaft in den Betrieben zu halten. Mehrere krisenverschärfende Faktoren wirken in der Branche: ein ruinöser Unterbietungswettbewerb, die Finanzierungssituation wird immer schwieriger, das Eigenkapital der Unternehmen schmilzt, die Wertschöpfungskette wird brüchig. Die Lage kann selbst für strukturell gesunde Betriebe aufgrund der Absatzkrise existenzgefährdend werden.
Fragestellung
Die zentralen Fragestellungen der Untersuchung waren:
- Wie wirkt sich die wirtschaftliche Krise auf den Werkzeugmaschinenbau in Deutschland aus? Wie lässt sich der bisherige Krisenverlauf charakterisieren?
- Welche Wirkungen hat die Krise auf Beschäftigung bereits? Wo und unter welchen Bedingungen entstehen in den nächsten Monaten Beschäftigungsrisiken? Welcher Know-how-Verlust ist mit den Beschäftigungs- und den Standortrisiken verbunden?
- Wie wirkt ein Know-how-Verlust auf andere Branchen? Welche spezifischen Risiken für die industrielle Basis, für das industrielle Innovations-, Produktions- und Beschäftigungssystem ergeben sich aus Krisenverläufen im Werkzeugmaschinenbau?
- Welche betrieblichen Krisenkonzepte existieren? Wie ist deren Wirksamkeit, welche Grenzen gibt es?
- Welche Anforderungen und Handlungsbedarfe lassen sich für eine arbeitsorientierte Branchenpolitik und für eine nachhaltige Industriepolitik ableiten?
Untersuchungsmethoden
Bei der Branchenstudie kam ein Methodenmix zum Zuge:
- Zur qualitativen Erhebung der aktuellen Lage, Krisenverläufe, Krisenwirkungen sowie Identifizierung von betrieblichen Krisenkonzepten wurden leitfadengestützte Expertengespräche mit Betriebsräten, Geschäftsführern, Gewerkschaftssekretären, Wissenschaftlern sowie Gruppengespräche mit Betriebsräten bei Branchenseminaren und Netzwerktreffen durchgeführt.
- Aufbereitung und Analyse von branchenbezogenen Wirtschaftsdaten zur aktuellen Situation (Auftragseingang, Umsatz, Auslastung, Produktion).
- Sichtung und Auswertung von aktuellen Studien und branchenspezifischen Informationen sowie von Geschäftsberichten, Quartalsberichten und Presseinformationen von Werkzeugmaschinenherstellern.
Darstellung der Ergebnisse
- Nachfrageeinbruch: Massive Rückgänge im Neumaschinengeschäft können auch nicht durch andere Unternehmensbereiche abgefedert werden (Einbrüche auch im Servicegeschäft).
- Starke Preiskämpfe und ein branchenweiter Unterbietungswettbewerb beherrschen seit Anfang 2009 zunehmend (wieder) den Werkzeugmaschinenmarkt.
- Schwache Auftragseingänge und schlechte Auslastung werden durch Personalmaßnahmen (Abbau Leiharbeiter und Befristete, Kurzarbeit) und weitere Kostensenkungsmaßnahmen abgefedert.
- Kostensenkungsspirale verschärft sich jedoch zunehmend: Abbau bei der Stammbelegschaft steht unmittelbar bevor, begleitet von Verzichtsforderungen an Beschäftigte (Tarifabweichung).
- Eigenkapitalpuffer schmelzen stark ab, zusätzlich kommt es zu dramatischen Liquiditätsengpässen. Selbst strukturell gesunde Betriebe stehen vor Existenzgefährdung. Die gesamte Wertschöpfungskette könnte brüchig werden.
- Zentrale Handlungsfelder sind die Sicherung von Beschäftigung, die Sicherung der Finanzierung der Unternehmen und die industriepolitische Flankierung der Branche, um bedrohliche Substanzverluste bei den Betrieben sowie eine Gefährdung der Branche und der Wertschöpfungskette zu verhindern.