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Gregor Gog beim ersten internationalen Vagabundenkongress in Stuttgart Magazin Mitbestimmung

Rätselhaftes Fundstück: Von Anarchisten und Vagabunden

Ausgabe 05/2020

In den 20er Jahren versucht ein Mann, die Obdachlosen in Deutschland zu organisieren. Nach einer Reise in die Sowjetunion wird er bekennender Kommunist, was ihn 1933 in Lebensgefahr bringt. Von Marc von Lüpke

Den „König der Vagabunden“, so nennt die konservative Presse Gregor Gog – den Mann, der auf unserem Foto auf der Brüstung steht und beim ersten internationalen Vagabundenkongress in Stuttgart zum „lebenslangen Generalstreik“ aufruft, zur Rebellion gegen die gesellschaftlichen Konventionen und Besitzverhältnisse der Zeit.

Gog ist ein Kämpfer für soziale Rechte, der die Obdachlosen der Weimarer Republik organisieren will. Er hat die „Bruderschaft der Vagabunden“ gegründet, die auf Selbsthilfe und Solidarität setzt. Kirchliche und staatliche Fürsorge lehnt Gog ab. Eine klassenlose Gesellschaft im Sinne des Anarchosyndikalismus ist sein Ziel. Die Zeitschrift „Die Kunde“, deren Herausgeberschaft Gog übernimmt, ist die erste Straßenzeitung Europas. Im Jahr 1929 organisiert er den Stuttgarter Vagabundenkongress. Rund 600 Teilnehmer erscheinen – zum Verdruss von Bürgertum und lokalen Behörden.

Schon in jungen Jahren führt der 1891 in Schwerin an der Warthe geborene Gog das Leben eines Unangepassten. Im Ersten Weltkrieg bekommt er es wegen Meutereibestrebungen mit der Militärjustiz zu tun, arbeitet später in wechselnden Städten als Gärtner. Er wird zum Anarchisten. „Lieber ein ganzes Leben zu gottverfluchtem Dasein in der Gosse verurteilt als einen einzigen Tag lang Bürger sein!“, lautet seine Überzeugung. Nach einer Reise in die Sowjetunion im Jahr 1930 wird er glühender Kommunist, tritt in die KPD ein.

Die „Bruderschaft“ kann die Probleme der Obdachlosen nicht lösen. Auch die Sozialpolitik ist überfordert. Die Zahl der Obdachlosen wächst von geschätzt 70 000 Mitte der 20er Jahre auf vielleicht 450 0000 im Jahr 1933. Seit der Machtübernahme der Nationalsozialisten schwebt Gog in großer Gefahr. Er wird in ein Konzentrationslager gesperrt, erkrankt schwer. Ein Jahr später kann er fliehen und geht in die Sowjetunion, wo er als Erzieher in Odessa arbeitet, Reportagen und Aufsätze für Radio Moskau schreibt. Er erhält sogar eine Rolle in dem Film „Kämpfer“, der 1935/1936 unter Beteiligung deutscher Filmschaffender im Exil entsteht und den Widerstand der – kommunistischen – Arbeiter gegen das NS-Regime zeigen soll. 1941 wird er zwangsevakuiert. Wenige Monate nach der deutschen Kapitulation stirbt Gregor Gog am 7. Oktober 1945 im usbekischen Taschkent.

Rätselfragen

Sinclair Lewis wurde als erster US-Amerikaner mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet. In welchem Jahr wurde ihm diese Ehre zuteil?

In welcher Stadt ereignete sich am 24. Oktober 1929 der große Börsenkrach, in dessen Folge die Weltwirtschaftskrise unter anderem in Deutschland Millionen Menschen arbeitslos machte?

Wer führte die Regie in dem Film „Kämpfer“?

Alle richtigen Einsendungen, die bis zum 20. November 2020 bei uns eingehen, nehmen an einer Auslosung teil.

Preise

1. Preis: Gutschein der Büchergilde Gutenberg, Wert 100 Euro

2.–4. Preis: Gutschein der Büchergilde Gutenberg, Wert 50 Euro

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Auflösung der Rätselfragen 4/2020

Lyndon B. Johnson

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