Handelspolitik: Trumps liebstes Wort
Gott, Liebe, Religion und ... Zölle sind die Lieblingswörter des US-Präsidenten. Sein Zollchaos trifft die deutschen Autobauer besonders hart. Von Sebastian Dullien und Sabine Stephan
Seit Wochen beherrscht ein Thema die Weltwirtschaft: die amerikanische Zollpolitik. Kaum im Amt, hat der erneut gewählte Präsident Donald Trump mit Zöllen den Welthandel ins Chaos gestürzt. Praktisch im Wochentakt wurden im Weißen Haus neue Handelsbeschränkungen und Zölle angekündigt, in Kraft gesetzt und teilweise wieder zurückgenommen.
Zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe unterliegen die Lieferungen aus den meisten Ländern der Welt in die USA einem zusätzlichen Zoll von zehn Prozent, hinzu kommen weitere Zölle auf Stahl, Aluminium, Autos und Autoteile und hohe Strafzölle auf die meisten Produkte aus China.
Diesseits des Atlantiks ist davon die deutsche Automobilindustrie besonders betroffen. Im US-Markt setzten die deutschen Hersteller 2024 knapp 1,5 Millionen Autos ab, 10,5 Prozent ihrer globalen Produktion. Damit nicht genug: In den USA werden vor allem größere, margenstarke Fahrzeuge verkauft. Ein Absatzverlust in den Vereinigten Staaten schmerzt damit ganz besonders.
Weil die deutschen Autobauer aber schon in früheren Jahren von Wechselkursschwankungen zum US-Dollar betroffen waren und auch wiederholt Zollerhöhungen für Kraftfahrzeuge im Raum standen, produzieren deutsche Autokonzerne inzwischen im großen Stil in den USA: Volkswagen in Chattanooga, Mercedes in Tuscaloosa und BMW in Spartanburg. Dort werden Fahrzeuge nicht nur für den US-Markt gebaut, sondern auch in andere Länder ausgeführt. So paradox es klingt: BMW ist einer der größten Autoexporteure der USA.
Man könnte denken, die deutschen Autokonzerne seien deshalb von den Zöllen nur für einen Teil der Produktion betroffen. Leider ist dem nicht so. Die deutschen Hersteller in den USA haben viele grenzüberschreitende Lieferketten. So verbauen Mercedes und BMW in ihren US-Werken Motoren und Antriebsstränge aus ihrer deutschen Produktion, und VW und BMW importieren einen Teil ihrer Motoren aus ihren Werken in Mexiko. Hinzu kommen unzählige Komponenten, die von Zulieferern bezogen werden. Viele Autoteile stammen aus Mexiko, wo allein deutsche Zulieferer mehr als 330 Standorte unterhalten. Weil Trump neben den Zöllen auf fertige Fahrzeuge auch die Zölle für Autoteile massiv erhöht hat und jeder Grenzübertritt eines Vorproduktes jetzt extra Geld kostet, verliert auch die deutsche Autoproduktion in den Vereinigten Staaten an Wettbewerbsfähigkeit.
Darüber hinaus belasten auch die indirekten Effekte der US-Zollerhöhungen die deutschen Unternehmen: Trump hat die Zölle gegenüber allen Ländern der Welt erhöht, und weitere Zollerhöhungen stehen im Raum. China hat im Gegenzug bereits die Zölle auf US-Produkte in die Höhe geschraubt, andere Länder arbeiten an Vergeltungszöllen. Ein BMW, der in Spartanburg in South Carolina gebaut wurde, zählt nach internationalem Handelsrecht als US-Produkt und unterliegt nun diesen Vergeltungszöllen. Die Idee, bestimmte Modelle in den USA für die ganze Welt zu bauen, erweist sich jetzt schnell als nicht mehr profitabel.
Zuletzt trifft die deutschen Autohersteller, dass Trumps Politik den US-amerikanischen Verbrauchern schadet. Zölle sind eine Steuer auf Importe. Sie erhöhen damit den Preis von praktisch allem, was die USA aus dem Ausland kaufen – von Turnschuhen aus China über Kaffee aus Vietnam bis zum Rindfleisch aus Brasilien. Höhere Preise reduzieren die real verfügbaren Einkommen und damit die Kaufkraft. Bei fallenden Einkommen dürften die US-Haushalte absehbar ihren Konsum zurückfahren oder zumindest nicht weiter erhöhen. Wie man in früheren Rezessionen beobachten konnte, trifft das besonders die Autoverkäufe. In vielen Fällen ist es einfach, den Kauf eines neuen Fahrzeugs noch ein paar Jahre aufzuschieben – diese Absätze fehlen dann bei den Autoherstellern.
Auf eine schnelle Lösung ist nicht zu hoffen. Zwar verhandelt Trump nun mit der EU, aber er hat bereits durchscheinen lassen, dass zumindest der Basiszoll von zehn Prozent für alle Länder bestehen bleiben dürfte. Auch sind viele der Forderungen der USA für die EU nicht akzeptabel. Für die Autohersteller heißt das: Aus den USA drohen noch mehr Belastungen, bevor es vielleicht irgendwann in der Zukunft wieder besser wird.