Mein Arbeitsplatz: Seelsorgerin am Telefon
Dorit Felsch ist Leiterin der Evangelischen TelefonSeelsorge Köln. Derzeit rufen deutlich mehr Menschen an als sonst.
Köln, an einem geheimen Ort Meine Aufgabe ist es, die Arbeit unserer gut 70 ehrenamtlichen Kräfte zu koordinieren und zu begleiten. Im Kölner Stadtteil Nippes habe ich nach meinem Theologiestudium als Pfarrerin angefangen. Dort halte ich auch heute noch hin und wieder Gottesdienste.
Die Evangelische TelefonSeelsorge Köln leite ich seit 2017. Hier spürt man das Leben mit all seinen Schattierungen. Unser Telefon ist rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr besetzt. Ich bin für die Organisation, die Ausbildung, Fortbildung und seelsorgliche Begleitung der ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Außendarstellung der Seelsorge zuständig – und manchmal helfe ich auch selbst am Telefon Anrufern bei ihren Problemen. Das ist zwar nur recht selten der Fall, aber ich freue mich immer darauf.
Die eigentliche Telefonseelsorge findet an einem geheimen Ort statt. Denn nicht nur die Anrufenden sind anonym, unsere Ehrenamtlichen sind es auch. Zurzeit verzeichnen wir rund 50 Prozent mehr Anrufe. Die Pro-bleme der Menschen treten in Krisenzeiten verstärkt auf, etwa Einsamkeit – gerade bei Älteren.
Die Telefonate belasten manchmal auch die Seelsorger und Seelsorgerinnen. Sie halten mit den Anrufenden schwere Situationen und Lebensgeschichten aus. Sie unterliegen zudem der Schweigepflicht, dürfen also zu Hause nichts erzählen. Außerdem erfahren sie fast nie, wie sich das Schicksal eines Anrufers nach dem Auflegen gewendet hat.
Daher ist es auch ein Teil meiner Aufgabe, Seelsorge für unsere Ehrenamtlichen zu betreiben. Sie müssen mit sich selbst im Reinen sein. Ich muss die eigenen wunden Punkte kennen und wissen, wie ich selbst auf Krisen reagiere. Daher gehört Selbstreflexion zur Ausbildung, auch bei unseren Ehrenamtlichen. Wer durch sein Ehrenamt öffentliche Anerkennung sucht, ist hier falsch. Anerkennung gibt es nur intern. Telefonseelsorge arbeitet im Verborgenen.
