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Marion Asses, 60, lebt mit ihrer Familie in Lübeck und arbeitet beim Marzipanhersteller Niederegger. Magazin Mitbestimmung

Mein Arbeitsplatz: Die Marzipan-Schminkerin

Ausgabe 06/2021

Marion Asses, 60, lebt mit ihrer Familie in Lübeck und arbeitet beim Marzipanhersteller Niederegger.

J.G. Nieder­egger GmbH & Co. KG, Zeißstraße 1–7, 23560 Lübeck. Ich bin seit zwölf Jahren bei Niederegger. Hier stellen wir das traditionelle Lübecker Marzipan her. Ich bin Schminkerin, das heißt, ich bemale das Marzipan mit Lebensmittelfarbe. Das ist vor allem bei Saisonartikeln gefragt. Zu Ostern sind es Hasen, zu Silvester tupfen wir Glücksschweinen dunkle Augen auf, und jetzt zu Weihnachten bekommen die Weihnachtsmänner ein Gesicht von mir.

Meistens sind wir zu viert in unserer Abteilung. Die Schicht beginnt um 6:45 Uhr und dauert bis 15:20 Uhr. Wenn Saisonartikel gefertigt werden, ist meist mehr zu tun. Dann wird die Abteilung kurzfristig auf bis zu zehn Kolleginnen aufgestockt. Auch ich habe mich damals als Saisonkraft beworben, nachdem mein Mann arbeitslos geworden war. Aus meinem gelernten Beruf als Friseurin war ich schon einige Jahre raus. Da hätte mich wohl kaum mehr jemand genommen. Aber Niederegger suchte Verstärkung und lag gleich um die Ecke.

Da ich schon immer ein Herz für das Dekorieren hatte, wurde ich als Schminkerin eingesetzt. Alternativ wären Bandarbeit oder etwa das Formen von Marzipanmasse möglich gewesen. Schminken ist noch echte Handarbeit. Wenn man Talent dafür hat, lernt man die meisten Motive in wenigen Tagen. Das Gesicht für einen Weihnachtsmann dauert bei mir mittlerweile nur noch 30 Sekunden. Am schwierigsten sind aber die Schattierungen von Gurken und Möhren aus Marzipan. Daran kann man auch jahrelang sitzen, bis man sie richtig hinkriegt.

Ich wurde recht bald in die Festanstellung übernommen und mag meine Arbeit bis heute, weil sie abwechslungsreich ist. Wir schminken fast jeden Tag etwas anderes. Für mich ist dieser Job ein Glücksfall; das Dekorieren liegt mir mehr als mein erlernter Beruf. Zudem sind die Kolleginnen nett, und ich habe mich hier an alles gewöhnt. Hier werde ich in Rente gehen. Warum sollte ich denn jetzt noch einmal eine andere Arbeit übernehmen?“

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