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Bob Dylan 1963 mit Joan Baez Magazin Mitbestimmung

Das politische Lied: Der Tod der Kriegsherren

Ausgabe 02/2022

1963 veröffentlicht Bob Dylan seinen Song gegen die Schreibtischtäter. Vom Protestsong gegen den Vietnam-Krieg wird es schnell zum Klassiker. Von Martin Kaluza

Bob Dylan: Masters of War (1963)

Come you masters of war
You that build the big guns
You that build the death planes
You that build all the bombs
You that hide behind walls
You that hide behind desks
I just want you to know
I can see through your masks

Es ist ein düsteres, fast magisches Lied, das der Songwriter Bob Dylan dem Krieg widmet. „Masters of War,  desen eingängige Melodie und stakkatohaften Rhythmus er dem alten Folksong „Nottamun Town“ entlehnt, ist eine Anklage gegen Kriege,  die von den jungen Menschen nicht gewollt werden; ein zorniger Ausbruch  gegen Schreibtischtäter, die ungerührt zuschauen, während andere sterben, eine  ätzende Kritik an Kriegsgewinnlern, für die Menschenleben nichts zählen. In der letzten Strophe wünscht er ihnen den Tod: „And I hope that you die / And Your death will come soon / I‘ll follow your casket  / By the pale afternoon / And I‘ll watch while you‘re lowered / Down to Your deathbed / And I‘ll stand over Your grave / Til I‘m sure that you‘re dead.“: Ich werde über Eurem Grab stehen, bis ich sicher bin, dass Ihr auch wirklich tot seid. 

Solche boshaften Gedanken sind eigentlich nicht Dylans Stil. Man kann sie als Rollenprosa lesen und als erschütterte Feststellung, was die Hilflosigkeit angesichts des Kriegs aus friedlichen Menschen macht. Sie wünschen den Tod der  Kriegsherren.  Der historische Hintergrund für den Song ist die  Abschiedsrede zu tun, die US-Präsident Dwight D. Eisenhower nach zwei Amtszeiten im  Januar 1961 hält. Seine Präsidentschaft ist vom Kalten Krieg und von massiver Aufrüstung auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs geprägt: 1957 bauen die Sowjets die erste Interkontinentalrakete, 1958 drohen sie, Westberlin der DDR einzuverleiben – eine Spannung, die die Supermächte durch eine Vereinbarung über den Kurs der „friedlichen Koexistenz“ zunächst lösen können.

In seiner Abschiedsrede warnt Eisenhower vor einem  „militärisch-industriellen Komplex“.  Er sieht in den Verflechtungen der Rüstungsindustrie und der Politik eine Gefahr für die demokratischen Institutionen und fürchtet, dass ein so aufgerüstetes Land vorschnell bereit ist, Konflikte militärisch auszutragen, statt diplomatische Lösungen zu suchen.  Genau zu dieser Zeit zieht Robert Zimmermann, ein Junge aus dem  Norden der USA, nach New York und mischt mit seiner Gitarre die Musikkneipen und Bars der Folk-Szene auf. Unter dem Künstlernamen Bob Dylan spielt der 21-Jährige zuerst Songs seines Vorbilds Woody Guthrie. Doch bald schreibt er eigene Lieder, politisch und engagiert. 

Das Lied gegen den Krieg, das 1963 auf dem Album „The Freewheelin’ Bob Dylan“ veröffentlich wird, ist bald eines der bekanntesten Protestlieder gegen den Vietnamkrieg, eines Krieges, der zum Trauma für die US-Gesellschaft wird.  Heute, wo wieder schreckliche Bilder über die Bildschirme flirren, interpretiert Oleksandra Zaritska, Sängerin der ukrainischen Elekronic-Folk-Band KAZKA, den Song neu. Auf einem Festival im texanischen Austin trat sie kürzlich mit Charlie Sexton auf, der als Gitarrist regelmäßig mit Dylan spielte. Kurz bevor Sexton auf die Bühne schlenderte, sagte Zaritska: „Ich habe eine Botschaft an Putin: Es ist ein Lied von Bob Dylan und es heißt ‚Masters of War‘.“  

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