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HBS Böckler Impuls

Gleichstellung: Zwei Welten: Männer und Frauen im Beruf

Ausgabe 15/2009

Viele Unternehmen organisieren ihre Arbeitsbereiche weiterhin nach tradierten Rollenmustern: Frauen ins Büro, Männer an die Werkbank. In jungen Betrieben ist dies jedoch schwächer ausgeprägt - und in solchen mit Betriebsrat.

Auf dem Arbeitsmarkt bleiben Männer in handwerklichen, gewerblich-technischen und Ingenieurberufen überrepräsentiert. Für Frauen gilt dies in Büro-, Verkaufs- und Dienstleistungsberufen. Auch innerhalb von Betrieben sind Frauen- und Männerarbeit häufig deutlich getrennt, mit jeweils unterschiedlichen Aufgaben, Berufsfeldern und hierarchischen Positionen. Welche Faktoren für die berufliche Trennung auf der betrieblichen Ebene eine besondere Rolle spielen, haben drei Forscherinnen aus Nürnberg, München und Berlin untersucht. Ein Ergebnis: In Betrieben mit einer geringeren beruflichen Trennung der Geschlechter existiert häufiger eine Interessenvertretung.

Angesichts seiner Mitsprachemöglichkeit bei Stellenausschreibungen und -besetzungen sei ein Zusammenhang plausibel, wenn der Betriebsrat selbst eine Geschlechterdurchmischung der Berufe unterstützt. Denkbar wäre auch, dass Betriebe mit Betriebsräten engagierter bei der Einrichtung von Gleichstellungsstellen sind, schreiben Juliane Achatz vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Elke Wolf und Miriam Beblo, Professorinnen in München beziehungsweise Berlin.

Auf Grundlage des IAB-Betriebspanels haben die Wissenschaftlerinnen Daten aus rund 9.500 Betrieben mit mindestens fünf Beschäftigten ausgewertet und dabei alle sozialversicherungspflichtig Beschäftigten berücksichtigt. Sie betrachteten nur Betriebe, in denen sowohl Frauen als auch Männer tätig sind und in denen mehr als ein Beruf ausgeübt wird. Die Forscherinnen verglichen das beobachtete Ausmaß der beruflichen Trennung mit demjenigen, das bei einer zufälligen Verteilung von Frauen und Männern auf die Berufe entstehen würde. Aus diesem Vergleich schlossen sie auf die systematische Trennung. Die jüngsten Zahlen stammen aus dem Jahr 2005. Sie zeigen, dass weitere Faktoren Einfluss auf das Ausmaß der beruflichen Trennung haben:

Betriebsgröße. Betriebe, in denen weniger berufliche Geschlechtergrenzen bestehen, sind im Schnitt größer. Dort sind auch  formalisierte Regeln, Prozesse und Entscheidungswege bei der Personalauswahl üblich. Der Befund stützt also die Hypothese, dass solche Regeln den Spielraum für an Stereotypen ausgerichtete Entscheidungen eingrenzen, schreiben die Autorinnen. Auch stehen große Betriebe eher in der öffentlichen Kritik und orientieren sich daher stärker an politischen Zielvorgaben zur Verbesserung der Gleichstellung.

Betriebsalter. Unterdurchschnittlich trennende Betriebe sind eher jünger, also nach 1990 gegründet. Dies könnte daran liegen, dass Firmen nachhaltig durch die zur Zeit der Gründung herrschenden gesellschaftlichen Normvorstellungen geprägt sind.

Qualifikation. Arbeiten viele Personen mit Hochschulabschluss in einem Betrieb, ist die Trennung in typische Männer- und Frauenjobs ebenfalls eher niedrig. Allerdings lassen die Daten nicht erkennen, ob Hochqualifizierte eher in Betrieben mit einer egalisierenden Personalpolitik arbeiten - oder ob ein hohes Qualifikationsniveau die geschlechterunabhängige Verteilung von Tätigkeiten begünstigt.

Ob eine stärkere Integration von Frauen in Männerberufe längerfristig Ungleichheit reduziert, ist eine empirisch noch offene Frage. Studien über den Zustrom von Männern in Frauenberufe zeigen allerdings, dass Männern dort eher ein Aufstieg in Führungsfunktionen oder qualifizierte Tätigkeitsfelder gelingt als ihren Berufskolleginnen. Mehr Frauen in traditionellen Männerberufen, mehr Männer in Frauenberufen - das könnte durchaus mit dem Fortbestand unterschiedlicher Aufstiegschancen einhergehen, warnen die Forscherinnen.

Eine größere berufliche Durchmischung beseitige nicht zwangsläufig die Geschlechterungleichheit in der Erwerbswelt. Gleichstellungspolitische Maßnahmen sollten deshalb auch darauf ausgerichtet sein, die schlechten Aufstiegschancen für Frauen und die Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern abzubauen. 

  • Bei Vorhandensein eines Betriebsrats ist die berufliche Trennung der Geschlechter geringer. Gleiches gilt in Betrieben, in denen viele Beschäftigte einen Hochschulabschluss haben. Zur Grafik

Juliane Achatz, Miriam Beblo, Elke Wolf: Berufliche Segregation, in: Projektgruppe GiB (Hrsg.): Geschlechterungleichheiten im Betrieb. Arbeit, Entlohnung und Gleichstellung in der Privatwirtschaft, Berlin 2010

weitere Infos zum WSI-Projekt "Geschlechterverhältnisse im Betrieb. Arbeit, Entlohnung und Gleichstellung in der Privatwirtschaft"

 

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