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HBS Böckler Impuls

Managerbezüge: Undurchsichtige Erfolgskriterien

Ausgabe 15/2006

Für eine leistungsgerechte Entlohnung der Topmanager zu sorgen, ist Sache der Aufsichtsräte. Sie entscheiden nicht immer nach nachvollziehbaren Kriterien.

Der durchschnittliche Vorstandsvorsitzende eines DAX-Unternehmens kassierte im vergangenen Jahr 3,9 Millionen Euro, fast 150-mal so viel wie ein durchschnittlicher Arbeitnehmer. Die Unterschiede zwischen den Managern sind groß: Während die Chefs von Deutscher Bank und RWE knapp 12 Millionen Euro bekommen, muss sich der Vorstandsvorsitzende der Lufthansa mit 1,3 Millionen zufrieden geben. Das zeigt eine Auswertung der Hans-Böckler-Stiftung. Corporate-Governance-Experte Matthias Müller hat dazu die Geschäftsberichte der DAX- und M-DAX-Unternehmen unter die Lupe genommen.

Börsennotierte AGs sind ab dem Geschäftsjahr 2006 gesetzlich verpflichtet,  die Bezüge jedes einzelnen Vorstandsmitglieds offen zu legen. Bisher genügte die Angabe der Gesamtsumme. Im Geschäftsbericht 2005 haben bereits 23 von 30 DAX-Firmen die Einkünfte der Chefs individuell aufgelistet. Von den 50 M-DAX-Unternehmen gaben 27 detailliert Auskunft.

Laut Aktiengesetz sollen die "Gesamtbezüge in einem angemessenen Verhältnis zu den Aufgaben des Vorstandsmitglieds und zur Lage der Gesellschaft stehen." Die konkrete Entscheidung liegt beim Aufsichtsrat. Das Problem, so Müller: Weil viele Vertreter der Anteilseigner in Aufsichtsräten selbst Vorstandsposten in einem anderen Unternehmen bekleiden "ist ein besonderes Interesse an einer Begrenzung der Vorstandsbezüge von ihnen nicht unbedingt zu erwarten." Zudem sei es üblich, Vergleichsstudien als Orientierungsgrößen für die Vorstandsvergütung heranzuziehen - so schaukele man sich gegenseitig finanziell nach oben. Hier seien die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat gefragt, um Grenzen zu setzen, erklärt Müller. Eine gesetzliches Limit sei jedoch nicht sinnvoll. Dadurch würden die Durchschnittsbezüge möglicherweise sogar steigen, weil dann auch bis dato vergleichsweise bescheiden bezahlte Manager den gesetzlichen Richtwert anstreben dürften.

Das feste Grundgehalt von Vorstandsvorsitzenden beträgt in der Regel nur ein Drittel der Gesamtbezüge. Der Rest, zum Beispiel Aktienoptionen oder Tantiemen, bemisst sich nach der "Leistung".  Einer Studie aus dem Jahr 2004 zufolge waren 34 Prozent der Bezüge deutscher Topmanager an kurzfristige wirtschaftliche Erfolge gekoppelt. In den USA lag der Anteil nur bei 20 Prozent.

Müller schlägt vor, auch nicht-finanzielle Kennziffern zur sozialen und gesellschaftlichen Verantwortung des Unternehmens als Kriterien heranzuziehen. "Zumindest sollte überlegt werden, die längerfristige Überlebensfähigkeit des Unternehmens zu berücksichtigen, indem Kennziffern zum Investitionsverhalten und zur Innovationsfähigkeit einfließen."

  • Alle Vorstandsvorsitzende der Dax-Konzerne sind Einkommensmillionäre. Zur Grafik

Matthias Müller: Auswertung der DAX- und M-DAX-Geschäftsberichte 2005.

Heinz Evers, Roland Köstler, Marie Seyboth, Rainald Thannisch, Marion Weckes: Vorstandsvergütung. Informationen zur Bemessung der Vorstandsvergütungen durch den Aufsichtsrat in: Arbeitshilfen für Aufsichtsräte 14 (pdf), Hans-Böckler-Stiftung 2006.

mehr zum Thema in: Magazin Mitbestimmung 09/2006

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