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HBS Böckler Impuls

Lohnnebenkosten: Sofortanreiz für neue Arbeitsplätze

Ausgabe 05/2005

Freibeträge in der Rentenversicherung könnten die Lohnnebenkosten ab sofort senken und damit noch in diesem Jahr spürbare Anreize für mehr Jobs geben, meint Professor Fritz W. Scharpf. Sein Finanzierungsvorschlag: kurzfristig über Kredit, ab 2007 über höhere Einkommensteuern.

Rund 42 Prozent der Arbeitskosten machen die Sozialabgaben inzwischen aus. Der gesamte Anstieg der Staatsausgaben seit Mitte der 60er Jahre wurde nicht durch höhere Steuern, sondern allein durch den Anstieg der Lohnnebenkosten finanziert, argumentiert der emeritierte Direktor des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung. Vor allem die Arbeitsplätze für gering Qualifizierte in den einfachen Dienstleistungen - etwa in Gaststätten, im Einzelhandel oder bei Reinigungsdiensten - würden durch die hohen Lohnnebenkosten "vom Markt vertrieben".

Scharpf plädiert dafür, die Finanzierungslasten des Sozialstaats nachhaltig umzuschichten: von den Sozialversicherungsbeiträgen auf die Steuern. Als Sofortprogramm realisierbar wäre ein Freibetrag bei der Rentenversicherung von mindestens 400 Euro, was eine schlagartige Absenkung der Lohnnebenkosten je Arbeitnehmer um 78 Euro zur Folge hätte. Die unteren Lohngruppen und Arbeitsplätze mit geringen Qualifikationsanforderungen würden überproportional entlastet, die Inlandsnachfrage belebt.

Finanziert werden soll dies durch eine höhere Einkommensteuer. Anders als bei den Sozialabgaben gibt es hier einen sogar großzügigen Grundfreibetrag, sodass die unteren Lohngruppen und Teilzeitarbeit wenig oder gar nicht belastet werden. Mehr Steuern müssten die Bezieher mittlerer und höherer Einkommen zahlen. Sie könnten ihren Konsum jedoch aufrecht erhalten, indem sie weniger sparen. Personengesellschaften will Scharpf von der Steuererhöhung ausgenommen wissen. Deshalb spricht er sich für das skandinavische Modell einer Dualen Einkommensteuer aus, die nach Privat- und Unternehmensteuern unterscheidet.

Wegen der Konjunkturschwäche soll die Steuer erst 2007 steigen. Bis dahin sei für den Ausgleich an die Rentenversicherung eine höhere Staatsverschuldung in Kauf zu nehmen.

Fritz W. Scharpf: Was kommt nach Hartz IV? Beitrag zur Fachtagung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen, Berlin, 4. März 2005

Bruno Kaltenborn, Susanne Koch, Ulrike Kress, Ulrich Walwei, Gerd Zika: Arbeitsmarkteffekte eines Freibetrags bei den Sozialabgaben, Rainer Hampp Verlag, München/Mering 2003
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