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HBS Böckler Impuls

Arbeitszufriedenheit: Hoch motiviert, wenig anerkannt

Ausgabe 20/2005

Hoch motiviert und mit Freude am Werk - so positiv schildert die Mehrheit der Arbeitnehmer ihr Verhältnis zur eigenen Arbeit. Richtig glücklich sind sie mit ihrem Job trotzdem nicht: Die meisten vermissen Anerkennung für Fleiß und Leistung - und haben konkrete Vorstellungen, wie "gute Arbeit" wirklich aussehen muss.

Arbeit könnte viel besser sein: Auf einem 16-seitigen Fragebogen der "Initiative Neue Qualität der Arbeit" (INQA) haben über 5.000 Arbeiterinnen und Arbeiter, Angestellte, Beamtinnen und Beamte detailliert beschrieben, wie sie sich "gute Arbeit" in Deutschland vorstellen. Punkt 1 auf der Werteliste: das Einkommen. Keinen anderen Aspekt der Arbeit bewerten sie gleichzeitig so kritisch wie diesen, Leistung und Einkommen stimmen für viele derzeit nicht überein. 44 Prozent sehen hier momentan das größte Problem, die Forscher führen das angesichts der mit erhobenen Verdienste auf die "mittlerweile hohe Verbreitung von Niedrigeinkommen unter den Beschäftigten" zurück.

Punkt 2 der Werteliste: Sicherheit des Arbeitsplatzes - gefolgt vom Anspruch "Arbeit soll Spaß machen", sinnvoll, vielseitig und abwechslungsreich sein und Kollegialität fördern. Eine zentrale Rolle schreiben die Beschäftigten ihren Vorgesetzten zu: Sie wollen von ihnen als Mensch wahrgenommen werden und nicht nur als Arbeitskraft zählen. Unter die 20 wichtigsten Aspekte "guter Arbeit" rutschten fünf, die sich unmittelbar auf das Führungsverhalten der Vorgesetzten beziehen.

Das Stimmungsbild, das diese große repräsentative Studie aus der Arbeitswelt widerspiegelt, ist differenziert. Motivation und Zufriedenheit gehen nicht Hand in Hand. Zwei von drei Befragten hatten in den vergangenen vier Wochen mit Freude und Stolz gearbeitet, jeder Zweite empfand sogar Begeisterung im Job. Die Mehrheit (66 Prozent) will die eigenen Fähigkeiten weiter entwickeln und findet es wichtig, verantwortungsvolle Aufgaben zu übernehmen (65 Prozent).

Für deutlichen Frust sorgt aber vor allem die mangelnde Anerkennung für Leistungsbereitschaft und Motivation. Diejenigen, die öfter mal ein Lob bekommen, sind in der Minderheit (38 Prozent). 15 von 100 sehen ihre Arbeit noch nicht ein einziges Mal gewürdigt. Viele wollen von ihren Vorgesetzten besser informiert sein und mehr persönliche Einfluss- und Entwicklungsmöglichkeiten geboten bekommen. Ein Drittel fühlt sich vom Arbeitspensum überfordert, gut 28 Prozent beklagen hingegen, ihre Fähigkeiten nicht anwenden zu können. Hoher Problemdruck hat sich bei Weiterbildung und Qualifizierung aufgebaut, in die Werteliste "guter Arbeit" hat es dieser Bereich explizit aber nicht geschafft.

Tatsächlich zufrieden mit der Arbeit ist darum nur knapp die Hälfte (46 Prozent) - jüngere Beschäftigte übrigens auffallend seltener als ihre Kolleginnen und Kollegen ab 30. Wenn es einen Betriebs- oder Personalrat gibt, sorgt auch das für mehr Zufriedenheit.

Ein Drittel der Beschäftigten erlebt den Alltag im Büro oder in der Fabrik häufig als frustrierend. Die meisten von ihnen sind aber - laut Typenskala der Forscher - "konstruktiv unzufrieden": Sie wollen etwas verändern und arbeiten daran, ihre Situation zu verbessern. Nur vier Prozent sind "fixiert unzufrieden": sehen keine Handlungsperspektive und haben sich ihrem Schicksal ergeben.

Überproportional häufig finden sich in Ostdeutschland "resignativ Zufriedene". Sie haben ihre Ansprüche gestutzt und fügen sich ins Bestehende. Es könnte ja noch schlechter kommen, sagen sie. Über-50-Jährige sind oft"stabilisiert Zufriedene": Das berufliche Ziel ist erreicht, nun hoffen sie, dass alles so bleibt. Bei Unter-30-Jährigen gibt es viele "progressiv Zufriedene". Sie erwarten eine Verbesserung und schöpfen aus der Perspektive Energie. Auch im öffentlichen Sektor empfinden viele Beschäftigte so: Arbeitsplatzsicherheit scheint sich positiv auszuwirken. Insgesamt sind die Optimisten sind mit einem Viertel die größte Gruppe der Arbeitnehmer.

  • Hoch motiviert und mit Freude am Werk - so positiv schildert die Mehrheit der Arbeitnehmer ihr Verhältnis zur eigenen Arbeit. Richtig glücklich sind sie mit ihrem Job trotzdem nicht: Die meisten vermissen Anerkennung für Fleiß und Leistung - und haben konkrete Vorstellungen, wie "gute Arbeit" wirklich aussehen muss. Zur Grafik
  • Hoch motiviert und mit Freude am Werk - so positiv schildert die Mehrheit der Arbeitnehmer ihr Verhältnis zur eigenen Arbeit. Richtig glücklich sind sie mit ihrem Job trotzdem nicht: Die meisten vermissen Anerkennung für Fleiß und Leistung - und haben konkrete Vorstellungen, wie "gute Arbeit" wirklich aussehen muss. Zur Grafik

Internationales Institut für empirische Sozialökonomie: Erste Ergebnisse der Umfrage "Was ist gute Arbeit? - Anforderungen aus Sicht der Erwerbstätigen", Studie für INQA, November 2005.

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