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HBS Böckler Impuls

Arbeitswelt: Gute Arbeit, höherer Börsenwert

Ausgabe 04/2013

Zufriedene Beschäftigte steigern den Wert eines Unternehmens, zeigt eine Studie aus den USA. Danach sind langfristig die Aktienkurse beliebter Arbeitgeber höher.

Für seine Untersuchung zog Alex Edmans, Professor an der Wharton School der Universität von Pennsylvania, die Liste der „100 Best Companies to Work For in America“ heran. Seit 1984 befragt das „Great Place to Work“-Institut aus San Francisco Beschäftigte und Manager großer US-amerikanischer Unternehmen zu den Arbeitsbedingungen in ihrer Firma, seit 1998 im jährlichen Rhythmus.

Die Liste eigne sich gut dafür, die Zufriedenheit einer Belegschaft belastbar zu messen, erläutert der Finanzfachmann: Aufgrund des langen Beobachtungszeitraums von 28 Jahren enthalte sie Aussagen aus Rezessions- und aus Boom-Phasen. Zudem messe sie umfassend die Einstellung von Beschäftigten zu ihrem Arbeitgeber. Das Institut definiere als „great place to work“ ein Unternehmen, „wo Arbeitnehmer den Menschen vertrauen, für die sie arbeiten, stolz sind auf das, was sie tun, und gern mit ihren Kollegen zusammenarbeiten“.

Ihren Listenplatz erhalten die Firmen zu zwei Dritteln aufgrund der Aussagen ihrer Beschäftigten, zu einem Drittel auf Basis der Rückmeldung aus dem Management. Mitarbeiter können sich unter anderem dazu äußern, ob ihr Arbeitgeber sie über wichtige Sachverhalte informiert und ob sie auf Fragen von ihren Chefs klare Antworten erhalten. Auch eine faire Entlohnung und Partizipation fließen in die Beurteilung ein.

Das Management beantwortet Fragen zum Anteil von Frauen und Minderheiten in leitenden Positionen, zu Fluktuation, Bezahlung, Urlaub und Angeboten für Eltern. Die Berücksichtigung der Manager runde das Bild eines Unternehmens ab, so Edmans. So hätten diese einen besseren Überblick über die allgemeine Fluktuation. Allerdings betreffen Statements der Manager die Qualität des Arbeitsplatzes und nicht die Zufriedenheit der Belegschaft. Das sei jedoch kein Problem, wenn zwischen diesen beiden Größen ein enger Zusammenhang besteht.

Als Maß für den Wert eines Unternehmens wählte der Wharton-Professor die zukünftigen Kursgewinne – zum Beispiel die Zuwächse im Jahr 2002, wenn im Dezember 2001 eine Auswertung zur Zufriedenheit der Beschäftigten veröffentlicht worden ist. Der Aktiengewinn beziffert in diesem Fall die Veränderung des Marktwertes im Jahr 2002. So lasse sich ausschließen, dass ein hoher Börsenwert die Arbeitnehmer zufriedener mache, der gemessene Zusammenhang zwischen den beiden Größen also ganz anders begründet ist.

Edmans Ergebnisse sind eindeutig: Der Aktienkurs von Unternehmen der „Best Companies“-Liste entwickelte sich deutlich oberhalb des Börsendurchschnitts. Die Theorie geht schon seit langem von dieser positiven Beziehung aus, zitiert der Finanzexperte aus der gängigen Literatur zu Personalführung: Beschäftigte seien in modernen Firmen die Hauptquelle der Wertschöpfung, besonders in wissensbasierten Branchen wie Pharmazie oder Informationstechnologie. Eine zufriedenstellende Arbeitsumgebung könne dazu beitragen, die besten Mitarbeiter anzuziehen – und zu halten.

Bislang ließen sich diese Thesen nur schwer belegen. Edmans Studie schließt daher eine wichtige Lücke – und geht darüber hinaus. Denn er beantwortet auch die Frage, wieso der Aktienmarkt den positiven Einfluss einer zufriedenen Belegschaft systematisch unterschätzt. Erst nach vier bis fünf Jahren schlage der positive Effekt einer Aufnahme in die „Best Companies“-Liste voll auf den Börsenkurs durch. Seine Erklärung: Beim Faktor Mitarbeiterzufriedenheit handelt es sich um einen immateriellen Wert, der sich nur schwer wahrnehmen und noch schwerer quantifizieren lässt.

Die Liste der „Best Companies“ mache diesen immateriellen Wert sichtbar; dennoch preist die Börse den Faktor „zufriedene Beschäftigte“ nur unzureichend in die Bewertung eines Unternehmens ein. Doch auch hierfür findet der US-Professor eine Begründung: „Der Aktienmarkt benutzt wahrscheinlich Bewertungsmethoden, die noch für die typische Firma des 20. Jahrhunderts entwickelt worden sind.“ Sie basieren auf Sachwerten wie Maschinen, Anlagen oder Immobilien. Immaterielle Werte lassen sich in solche Bewertungssysteme nur schwer integrieren.

Edmans Empfehlung: Damit Manager einen Anreiz haben, die Zufriedenheit ihrer Beschäftigten im Blick zu behalten, sollte ihre Vergütung von kurzfristigen Kursausschlägen abgekoppelt werden. So könnten sie beispielsweise Aktien und Aktienoptionen mit langen Haltefristen erhalten.

  • Seit 1984 befragt das „Great Place to Work“-Institut aus San Francisco Beschäftigte und Manager großer US-amerikanischer Unternehmen zu ihren Arbeitsbedingungen, seit 1998 im jährlichen Rhythmus. Zur Grafik

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