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HBS Böckler Impuls

Finanzinvestoren: Gefährliche Anleger

Ausgabe 03/2007

Die britische Finanzaufsicht warnt ebenso wie die Bundesbank: Die Praktiken mancher Private-Equity-Fonds gefährden das Überleben von Unternehmen und die Stabilität des Finanzmarktes. Bessere Regulierung kann die Risiken eindämmen, Vorschläge dafür liegen vor.

Private-Equity-Fonds (PE-Fonds) werden in der europäischen Wirtschaft zu immer einflussreicheren Akteuren. Die wachsende Verfügbarkeit von Kapital erlaubt ihnen mehr und größere Deals. Zugleich häufen sich aber auch die Hinweise auf mögliche Gefahren. Ein grundsätzliches Problem nennt die britische Finanzaufsicht FSA: Es treten Marktteilnehmer auf, "deren Geschäftsmodell gar nicht vorsieht, dass notleidende Unternehmen überleben". Auch die Deutsche Bundesbank und die Wissenschaftler in der Biedenkopf-Kommission haben in den vergangenen Monaten vor den Risiken gewarnt, die von der PE-Branche ausgehen.

Die britische Finanzaufsicht plant, die Fonds künftig besser zu kontrollieren. Sie hat die wichtigsten Risiken analysiert.

Die exzessive Kreditfinanzierung: Die Fonds leihen sich immer mehr Geld für Firmenkäufe. Laut 13 von der FSA befragten Banken in Großbritannien stieg das Volumen der Kredite allein von Juni 2005 bis Juni 2006 um 17 Prozent. Die Schulden werden den erworbenen Unternehmen aufgebürdet, was selbst solide Unternehmen ins Taumeln bringen kann. Die Finanzaufseher prognostizieren: "Beim derzeitigen Niveau der Kredite und angesichts der aktuellen Entwicklung der Wirtschafts- und Kreditzyklen erscheint es unvermeidbar, dass bald ein großes von Private-Equity-Fonds kontrolliertes Unternehmen seine Schulden nicht zahlen kann." Das wird Beschäftigte treffen, aber auch Kreditgebern und Geschäftspartnern schaden - letztlich der gesamten Volkswirtschaft.

Unklare Verantwortung: Undurchsichtige Beteiligungsstrukturen und der verstärkte Gebrauch von Derivaten verschleiern, wer das wirtschaftliche Risiko trägt. Manche PE-Fonds versuchen, sich so ihrer Verantwortung zu entziehen.

Schäden für den Kapitalmarkt: Die Börse leidet unter dem Private-Equity-Boom. Laut FSA sammelten PE-Fonds mit britischem Sitz im ersten Halbjahr 2006 11,2 Milliarden Pfund Einlagen ein, das sind aktuell 17 Milliarden Euro - über 1,2 Milliarden Euro mehr, als Unternehmen beim Gang an die Londoner Börse einlösten. Die Fonds nehmen Unternehmen mit großem Potenzial von der Börse und bringen jene an die Börse, deren Wachstumspotenzial bereits erschöpft ist. Folge: Kapital kommt nicht da an, wo es benötigt wird. Den Kleinanlegern bleibt nur die zweite Wahl.

Interessenkonflikte: Berater und Manager stehen bei Firmenkäufen häufig zwischen den Interessen. Sollen sie dem Fonds oder dem erworbenen Unternehmen gegenüber loyal sein?

Der Bremer Ökonomie-Professor Jörg Huffschmid, Mitglied der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik, geht in seiner Diagnose noch weiter als die FSA - und er hat bereits denkbare Regulierungen skizziert.

Kredite: "Gesetzgeber und Finanzaufsicht sollten die Kreditvergabe der Banken an Finanzinvestoren strikt reglementieren", so Huffschmid. Sie könnten Darlehen an alle Gesellschaften, die sich mit einem Offshore-Sitz staatlicher Aufsicht entziehen, deutlich verteuern - indem sie die Risikokoeffizienten der Banken heraufsetzen, also eine stärkere Eigenkapital-Grundlage für diese Kredite vorschreiben.

Investitionen: Banken legen ihre Einlagen in zum Teil erheblichem Umfang in Hedge-Fonds an. Dieses Geld befeuert das Geschäft der Hedge-Fonds und auch der Private-Equity-Branche. Huffschmid empfiehlt, Anlagen von Banken, Versicherungen, Pensions- und offenen Investmentfonds in Hedge-Fonds zu verbieten und in Private Equity deutlich zu beschränken.

Finanzierungslücken: Die Fonds kommen in Deutschland auch deshalb so leicht zum Zug, weil mittelgroße Unternehmen ein Finanzierungsproblem haben - ihnen fehlt der Zugang zur Börse und von den Banken bekommen sie kaum günstige Kredite. Hier sollten KfW, Landesbanken und Sparkassen besser als bisher Alternativen anbieten, so Huffschmid.

Verteilungspolitik spielt ebenfalls eine Rolle. Denn der Boom der Finanzinvestoren wird von großen Strömen an Liquidität gespeist - und die führt der Wirtschaftswissenschaftler auf die zunehmende Konzentration der Einkommen und Vermögen in Deutschland und den anderen westlichen Industriestaaten zurück.

  • Bis 2005 stieg die Zahl der Firmenbeteiligungen von Private-Equity-Unternehmen rasant. Zur Grafik

Financial Services Authority: Private Equity: a discussion of risk and regulatory engagement, November 2006. Studie zum Download (pdf)

Jörg Huffschmid: Auch Industrieländer brauchen regulierte Kapitalmärkte, in: WSI-Mitteilungen 12/2006.

Deutsche Bundesbank: Finanzstabilitätsbericht, November 2006.

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