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HBS Böckler Impuls

Ältere Beschäftigte: Einsatzfreude keine Frage des Alters

Ausgabe 17/2007

Ältere Beschäftigte sind nicht minder leistungsbereit als ihre jüngeren Kollegen. Nur ihre Motivation ist eine andere: Sie orientieren sich weniger an Status und Wettbewerb, haben aber mehr Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten.

Es gibt junge Beschäftigte, die mit größerem Elan zu Werke gehen als ihre älteren Kollegen. Und es gibt erfahrene Arbeitskräfte, die beflissener sind als die jungen. In der Summe aber gleichen sich die Einzelfälle aus: Die berufsbezogene Motivation ist bei Beschäftigten über 50 nicht geringer als bei Arbeitnehmern unter 30. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung von Professor Ralf Brinkmann von der SHR Hochschule Heidelberg. Der Wirtschaftspsychologe hat - gefördert von der Hans-Böckler-Stiftung - über 500 Erwerbstätige aus verschiedenen Altersgruppen und Branchen zu ihren Arbeitsbedingungen und zu ihrer Leistungsmotivation befragt. Seine Auswertung zeigt: Steigendes Alter führt nicht generell zum Abfall der berufsbezogenen Leistungsmotivation; die Differenzen innerhalb der einzelnen Altersgruppen sind größer als zwischen Jung und Alt. Auch geschlechtsspezifische Unterschiede ließen sich nicht nachweisen.

Der Motivationswandel. Mit dem Alter geht die Leistungsbereitschaft nicht zurück - aber sie verändert sich. Beruflicher Status, Wettbewerb und Aufstiegsorientierung spielen für Über-50-Jährige keine so große Rolle mehr wie für Jüngere. Ältere lassen sich darum nicht mehr so leicht unter Erfolgsdruck setzen, schließt Brinkmann. Das kann den Anschein erwecken, dass sie weniger motiviert sind. Dafür können Beschäftigte ab 50 die eigene Leistungsmotivation realistischer einschätzen. Zudem verfügen die befragten Älteren mehrheitlich über ein positives Selbstbild und ein stärkeres Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten - "eine wesentliche Voraussetzung für eine entsprechende Leistungsmotivation", so der Wirstchaftspsychologe. Erfahrene Beschäftigte legen mehr Wert auf die richtige Balance von Arbeit und Privatleben, und neben der Motivation wandeln sich auch die Kompetenzen: Reaktionsvermögen oder Risikobereitschaft nehmen zwar ab, Sorgfalt bei der Arbeit oder strategische Fähigkeiten hingegen zu.

Motivationsbarrieren: Ältere Beschäftigte sind nicht grundsätzlich weniger leistungsfähig und motiviert. Aber sie laufen Gefahr, sich entsprechend diesem Vorurteil zu verhalten. Brinkmann beschreibt, wie eine solche Situation entstehen kann: Wenn ein langjähriger Mitarbeiter eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen wahrnimmt, aber nicht das Gefühl hat, daran etwas ändern zu können. Auch Leistungsdruck, mangelnde Beteiligungsmöglichkeiten, fehlende Anerkennung und Unterstützung durch Vorgesetzte - all das hemmt die Einsatzfreude. Ältere werden der Studie zufolge kaum ermutigt, an Weiterbildungen teilzunehmen, mitunter weil ihnen nachlassende Lernfähigkeit unterstellt wird. Solche Ausgrenzung demotiviert die Beschäftigten; Vorurteile schaffen sich selbst ihre Bestätigung. Brinkmann betont die wichtige Rolle von Betriebs- und Personalräten, um Motivationsbarrieren an den Arbeitsplätzen abzubauen. Allerdings ist die Einstellung gegenüber älteren Beschäftigten über alle Branchen, Altersgruppen und Geschlechter hinweg nicht negativ. Damit bietet sich nach Brinkmanns Auffassung die "Chance für eine unvoreingenommene Kooperation zwischen älteren und jüngeren Kollegen".

Der Wissenschaftler empfiehlt eine altersgerechte Personalpolitik, die unterschiedliche Interessen von jungen und alten Beschäftigten in Bezug auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie beachtet. Und die Führungskräfte sollten dem altersbedingten Motivationswandel Rechnung tragen. Dazu gehören regelmäßige Mitarbeitergespräche und passende Angebote für die berufliche Weiterbildung. Kluge Personalpolitik berücksichtigt, dass gegenseitige Wertschätzung für ältere Beschäftigte ein sehr wichtiger Motivationsfaktor ist - und dass Aufstiegsversprechen oder betrieblicher Leistungswettbewerb weniger dazu angetan sind, Über-50-Jährige anzuspornen.

  • Mit den Jahren nehmen einige Fähigkeiten ab, andere verbessern sich hingegen. Zur Grafik
  • Weniger als die Hälfte der Personaler hält Zur Grafik

Ralf Brinkmann: Berufsbezogene Leistungsmotivation und Leistungsorientierung älterer Arbeitnehmer, Abschlussbericht des Forschungsprojekts für die Hans-Böckler-Stiftung 2007.
mehr Infos zum Projekt Leistungsmotivation und -orientierung älterer Mitarbeiter

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