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HBS Böckler Impuls

Arbeitsbedingungen: Der Druck steigt

Ausgabe 08/2019

Betriebsräte berichten branchenübergreifend von zunehmender Arbeitsverdichtung. Um Gesundheitsschäden vorzubeugen, bräuchte es mehr Personal und Mitsprache.

Arbeitsverdichtung stellt einen „häufigen und bedeutenden Belastungsfaktor“ dar, warnt Elke Ahlers vom WSI. Die Erkenntnisse der Forscherin beruhen auf einer Auswertung der WSI-Betriebsrätebefragung 2018, an der fast 2300 Arbeitnehmervertreter teilgenommen haben. Vier Fünftel von ihnen bestätigen, dass die Arbeitsmenge in den vergangenen zwei Jahren zugenommen hat. Auch Auswirkungen können die Arbeitnehmervertreter benennen: 77 Prozent sehen einen Zusammenhang mit zunehmenden gesundheitlichen Schwierigkeiten, 68 Prozent nehmen eine Verschlechterung des Betriebsklimas wahr, 47 Prozent gehen davon aus, dass die Qualität der Arbeitsergebnisse leidet.

Eine wichtige Ursache für Arbeitsverdichtung scheinen zu knapp kalkulierte Belegschaften zu sein: Bei deutlich mehr als der Hälfte der Betriebe gibt es Personalengpässe zumindest in einzelnen Bereichen, bei fast einem Drittel sogar in den meisten oder allen Bereichen. Nur 13 Prozent weisen keine Defizite auf. Dass unzureichendes Personal für die zunehmende Arbeitsverdichtung verantwortlich ist, trifft laut zwei Dritteln der Interviewten voll und ganz oder eher zu.

Auf der Agenda der Betriebsräte steht das Thema Arbeitsverdichtung weit oben: Bei 89 Prozent von ihnen war es Gegenstand von Verhandlungen mit dem Arbeitgeber. Als Gegenstrategie fordern 83 Prozent mehr Personal. Um die Arbeitszeit und die Arbeitsmenge besser zu regulieren, haben 45 Prozent eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen. Von den Arbeitgebern hat gut die Hälfte mit Personalentwicklung oder Qualifikation reagiert. Zu Aufstockungen durch Aushilfen oder Leiharbeiter kam es in 44 Prozent der Betriebe.

Ahlers macht erheblichen Handlungsbedarf aus: Viele alte Regulierungen hätten aufgrund der Veränderungen in der Arbeitswelt an Wirksamkeit eingebüßt. Die WSI-Expertin empfiehlt den Betrieben eine robuste Personalbemessung, die auch Urlaubs- und Krankheitsphasen berücksichtigt. Die Situation am Arbeitsmarkt stehe dem grundsätzlich nicht im Wege: Eine direkte Folge von Fachkräftemangel seien die Personalengpässe nicht. Mit Arbeitsformen, die von vornherein mit hohem Leistungsdruck und wenig Handlungsspielraum einhergehen, wie zum Beispiel Projektarbeit mit engen Deadlines, sollten die Unternehmen laut Ahlers umsichtig umgehen. Zudem bräuchten die Beschäftigten mehr Mitsprache bei Arbeitszeiten und Arbeitsmenge.

  • Betriebsräte berichten branchenübergreifend von zunehmender Arbeitsverdichtung. Zur Grafik

Elke Ahlers: Arbeitsverdichtung in den Betrieben? WSI Policy Brief Nr. 33, Mai 2019

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