zurück
HBS Böckler Impuls

Corporate Social Responsibility: CSR - Mit Mitbestimmung mehr als PR

Ausgabe 07/2011

Unter dem Schlagwort Corporate Social Responsibility stellen sich Unternehmen gern als besonders sozial und umweltfreundlich dar. Arbeitnehmervertreter können die Chefs beim Wort nehmen - und sich neue Möglichkeiten der Beteiligung erarbeiten.

Ein Sportartikelhersteller verpflichtet sich, bis zum Jahr 2018 komplett auf umweltverträglich hergestellte Baumwolle umzusteigen. Ein Autozulieferer stattet Grundschulen mit Experimentierkästen aus, um den Kindern Naturwissenschaften und Technik näher zu bringen. Ein Schokoladeproduzent unterstützt Kleinbauern in Nicaragua beim Anbau von Kakao. Corporate Social Responsibility - kurz: CSR - interpretieren Unternehmen sehr unterschiedlich. Viele Arbeitgeber sehen ihr Engagement als freiwilliges Managementkonzept; Arbeitnehmervertreter kommen hier nicht zwingend vor.

Einen umfassenden Überblick zum Spannungsverhältnis von CSR und Mitbestimmung bietet eine aktuelle Studie von Katrin Vitols. Im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung sichtete die Wissenschaftlerin die Publikationen der vergangenen Jahre. Ergebnis: Im internationalen Vergleich sind deutsche CSR-Aktiviäten noch relativ gering. Betriebsräte können daher die Chance nutzen, sich als ein Hauptakteur für die Wahrung sozialer und ökologischer Verantwortung zu etablieren.

Die Ursachen für den Bedeutungszuwachs von CSR sieht Vitols in der zunehmenden Globalisierung: Gesellschaftliche Probleme verlagern sich auf die internationale Ebene. Nationale Regierungen können - oder wollen - diese nicht mehr umfassend regulieren. Gleichzeitig wächst die Macht transnationaler Unternehmen. Die Einschätzungen des Nutzens von CSR gehen auseinander, so die Analyse: Befürworter loben, dass Firmen freiwillig gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. Kritiker bemängeln, solch freiwillige Aktivitäten seien Schönfärberei. Sie ließen sich nicht hinreichend kontrollieren und seien rechtlich nicht verbindlich.

Studien bescheinigen Unternehmen, dass CSR für sie eine positive Wirkung haben kann: Kündigen sie an, Mindeststandards einhalten zu wollen, tut das dem Firmenimage gut. Umfragen zufolge glauben viele Unternehmen, sich mit CSR positiv von Wettbewerbern absetzen zu können. Auch achten Investoren zunehmend darauf, ob eine Firma in Nachhaltigkeitsindizes aufgenommen wurde.

Zur Rolle der Arbeitnehmervertretungen existieren laut Vitols zwei gängige Auffassungen. Einige Wissenschaftler attestieren eine eher kritische Position. Arbeitnehmervertreter werden entweder beim Thema gesellschaftliche Unternehmensverantwortung vom Management nicht berücksichtigt - oder sie wollen sich nicht beteiligen.

Andere sehen Belegschaftsvertreter als aktiv eingebunden: Gewerkschaften könnten vor allem über existierende Beteiligungsrechte und Internationale Rahmenvereinbarungen CSR vorantreiben. Auch für Aufsichtsräte sehen Forscher Möglichkeiten der Beteiligung. Als Stakeholder, die kraft Gesetzes ein Mitbestimmungsrecht haben, könnten Arbeitnehmervertreter die Beachtung der Belegschaftsinteressen häufig im Rahmen freiwilliger CSR-Initiativen einfordern.

Betriebsräte haben großen Einfluss auf die CSR-Bestrebungen ihrer Firma, wenn diese die betriebliche Mitbestimmung tangieren, zeigt Vitols. Das gelte für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Gleichstellung von Frauen und Männern oder die Beschäftigung Älterer. Umweltschutzfragen gehören auch zu den Aufgaben des Betriebsrats. Laut einer Untersuchung investieren Unternehmen mit Betriebsrat mehr in die Umwelt als solche ohne. Viele haben Umweltausschüsse, an denen auch der Betriebsrat beteiligt ist.

Mehrere Forschungsprojekte haben die Rolle von Betriebsräten beim Thema CSR untersucht. Die Befunde sind zwiespältig: Eine Befragung ergab, dass Unternehmen die Betriebsräte in der Regel in ihre Aktivitäten einbinden. Die große Mehrheit der Befragten glaubt nicht, dass freiwillige Vereinbarungen die gesetzlich garantierte Interessenvertretung aushebeln. Aber sie setzen andere Prioritäten als die Manager: Am wichtigsten sind ihnen klassische Mitbestimmungsthemen wie Beschäftigungs- oder Standortsicherung.

Andere Studien zeichnen ein weniger rosiges Bild: Danach werden Verhaltenskodizes der Unternehmen häufig ohne Beteiligung der Betriebsräte verabschiedet. CSR wird vorwiegend für die unternehmerische Außendarstellung verwendet. Die Betriebsräte stimmen den Zielen von CSR zwar zu, sehen die Nutzung des Begriffs aber skeptisch. Allerdings: Ist die unternehmerische Mitbestimmungskultur generell stark ausgeprägt, dann sind auch die Betriebsräte beim Thema Nachhaltigkeit aktiver.

Wie können nun Arbeitnehmervertreter ihr CSR-Engagement ausbauen? Ein häufig genannter Vorschlag ist die Förderung weiterer Internationaler Rahmenvereinbarungen, so Vitols. Davon erhoffe man sich, dass die vielen freiwilligen Vereinbarungen in eine regulierte Form gebracht werden.


Was bedeutet Corporate Social Responsibility?

  • CSR soll die drei Dimensionen eines Unternehmens in Einklang bringen: soziale Verantwortung, Ökologie, Ökonomie.
  • Soziale Handlungsfelder sind die Arbeitsbedingungen der eigenen Beschäftigten, aber auch in den Zulieferbetrieben.
  • Die ökologische Dimension umfasst den Umweltschutz im eigenen Betrieb und in der Lieferantenkette sowie die ökologische Produktverantwortung.
  • Knappe Ressourcen effizient nutzen - und damit auch die Existenz des Unternehmens langfristig sicherstellen - das ist die ökonomische Dimension der CSR.
  • Markanteste Schwachstelle: CSR lässt sich häufig nicht ausreichend kontrollieren und ist in der Regel nicht verbindlich.

Katrin Vitols: Nachhaltigkeit - Unternehmensverantwortung - Mitbestimmung: Ein Literaturbericht zur Debatte über CSR, edition sigma, Forschung aus der Hans-Böckler-Stiftung, Berlin 2011

mehr Infos zum Forschungsprojekt "Mitbestimmung und Corporate Social Responsibility"

Impuls-Beitrag als PDF

Zugehörige Themen

Der Beitrag wurde zu Ihrerm Merkzettel hinzugefügt.

Merkzettel öffnen