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 Bis zur Rente im Job? Für viele unmöglich Böckler Impuls

Arbeit: Bis zur Rente im Job? Für viele unmöglich

Ausgabe 11/2023

Die Menschen müssen bis zur Rente länger durchhalten. Viele schaffen das aber nicht. Eine weitere Anhebung der Regelaltersgrenze wäre nicht sinnvoll.

Die Erwerbsbeteiligung älterer Menschen hat in Deutschland in den letzten 20 Jahren stark zugenommen: Im Jahr 2002 waren 38,4 Prozent der über 55-Jährigen erwerbstätig, zuletzt waren es 73,3 Prozent. Vor allem ältere Frauen sind heute deutlich häufiger berufstätig als früher. Gleichzeitig gelingt es der Mehrheit nach wie vor nicht, bis zur Regelaltersgrenze im Job durchzuhalten. Das zeigt der neue Altersübergangsreport von Max Keck und Martin Brussig vom Institut Arbeit und Qualifikation, den die Hans-Böckler-Stiftung gefördert hat.

Dass Ältere häufiger erwerbstätig sind, hat verschiedene Ursachen: Die Lage auf dem Arbeitsmarkt hat sich insgesamt günstig entwickelt. So ist die Zahl der Erwerbstätigen zwischen 2005 und 2022 von 39,6 Millionen auf 45,5 Millionen gestiegen. Die Zahl der älteren Erwerbstätigen zwischen 55 und 64 Jahren hat sich in diesem Zeitraum von 4,4 Millionen auf 9,4 Millionen mehr als verdoppelt. Die hohe Nachfrage nach Arbeitskräften traf und trifft auf ein knappes Angebot – aufgrund des demografischen Wandels fehlt es vielfach an qualifiziertem Nachwuchs. Unternehmen haben daher einen größeren Anreiz, ältere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu halten oder neu einzustellen. Darüber hinaus wird die Einstellung älterer Arbeitsloser arbeitsmarktpolitisch gefördert.

Die höhere Erwerbsbeteiligung der Älteren ist aber auch zurückzuführen auf die Einschränkung der Frühverrentung, also aller rentenrechtlichen Regelungen, die einen Rentenbezug vor Erreichen der Regelaltersgrenze ermöglichten. Insbesondere die Abschaffung der Altersrente für Frauen, die letztmalig bis zum Jahrgang 1951 offenstand, hat sich deutlich ausgewirkt. Gleiches gilt für die Anhebung der Regelaltersgrenze. Bis zum Jahr 2031 wird sie schrittweise nach hinten verschoben. Für die Geburtsjahrgänge ab 1964 gilt dann die Regelaltersgrenze von 67 Jahren.

Die Mehrheit hält nicht durch

All diese Faktoren haben in der Summe dazu geführt, dass die Menschen deutlich später aus sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung aussteigen: Lag das mittlere Austrittsalter für den Geburtsjahrgang 1940 noch bei 60,1 Jahren, so betrug es für den Geburtsjahrgang 1953 bereits 63,1 Jahre. Damit lagen die 1953 Geborenen im Mittel aber immer noch unter der für sie geltenden Regelaltersgrenze von 65 Jahren und sieben Monaten. Die Mehrheit erreichte die Regelaltersgrenze nicht aus einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung heraus, sondern zum Beispiel aus einem Minijob oder aus Arbeitslosigkeit. Dabei haben sich die Unterschiede zwischen Männern und Frauen vollständig angeglichen.

„Arbeiten bis zur Rente bleibt für viele nicht möglich“, schreiben Keck und Brussig. Gründe dafür seien unzureichende Arbeitsbedingungen, vorzeitiger Verschleiß des Arbeitsvermögens und letztlich mangelnde gesundheitliche Leistungsfähigkeit. Vor diesem Hintergrund sei eine weitere Anhebung der Regelaltersgrenze nicht sinnvoll. Zunächst müssten die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass ältere Erwerbstätige überhaupt länger arbeiten können. Die Arbeitsbedingungen müssten verbessert und die gesundheitlichen Belastungen der Erwerbsarbeit verringert werden. Darüber hinaus gibt es – auch das zeigen die Daten – einen erheblichen Anteil von Personen, die sehr früh aus dem Erwerbsleben ausscheiden. Für sie müssten gezielte Angebote zur Arbeitsplatzanpassung und Umschulung geschaffen, aber auch die soziale Absicherung verbessert werden.

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