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Betriebe müssen sich auf Ältere einstellen Böckler Impuls

Arbeitswelt: Betriebe müssen sich auf Ältere einstellen

Ausgabe 20/2020

Die Zahl der älteren Beschäftigten ist stark gestiegen. Das stellt viele Betriebe vor Herausforderungen. Besonders betroffen sind Gesundheitsberufe und die Finanzbranche.

Die deutsche Erwerbsbevölkerung ist in den vergangenen Jahren gealtert. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Alter von 50 bis 67 Jahren nahm zwischen 2013 und 2019 von 8,7 auf 11,4 Millionen zu. Das entspricht einem Anstieg von knapp 31 Prozent. Demgegenüber wuchs die Zahl der Beschäftigten zwischen 16 und 49 Jahren um gut sechs Prozent von 20,3 auf 21,6 Millionen. Die jüngeren Beschäftigten sind zwar immer noch klar in der Mehrheit, ihr Anteil ist allerdings deutlich geringer geworden. Das zeigt der Altersübergangsreport des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ), den die Hans-Böckler-Stiftung gefördert hat.

Der Arbeitsmarkt sei durch eine „doppelte Alterung“ gekennzeichnet, schreiben Susanne Drescher und Martin Brussig vom IAQ in dem Report. Zum einen gingen die Menschen erst später in den Ruhestand, auch weil Möglichkeiten der Frühverrentung abgeschafft worden seien. Zum anderen erreichten zuletzt mehr und mehr Babyboomer, also Menschen, die in den geburtenstarken Jahren von 1955 bis 1969 auf die Welt gekommen sind, die Spätphase ihres Erwerbslebens. 

Die Zahl der älteren Beschäftigten ist zum Beispiel in den medizinischen Gesundheitsberufen besonders stark gestiegen. Dort nahm sie zwischen 2013 und 2019 um fast 38 Prozent zu. Eine ähnliche Entwicklung gab es in Gartenbau und Floristik sowie in Einkaufs-, Vertriebs- und Handelsberufen.

Anders liegt der Fall in den Bereichen Finanzdienstleistung, Rechnungswesen und Steuerberatung. Hier ergibt sich die stärkere Alterung nicht dadurch, dass die Zahl der Älteren gestiegen ist, sondern dadurch, dass weniger Jüngere nachgekommen sind. Die Zahl der jüngeren Beschäftigten ist hier um zehn Prozent gesunken. „Ein Grund für diese Entwicklung können strukturelle Veränderungen sein“, schreiben Drescher und Brussig. Der Einsatz digitaler Technologien wie Online-Banking oder Apps zur Anfertigung einer Steuererklärung könnten zu einem Beschäftigungsabbau geführt haben. Eine „unterdurchschnittliche Alterung“ haben die Forscher hingegen in den Bereichen Verkehr und Logistik, Reinigung sowie Recht und Verwaltung beobachtet.

Betriebe aller Branchen müssten sich „auf eine zunehmende Anzahl an älteren Beschäftigten und damit einhergehende Besonderheiten einstellen“, so die Forscher. Ältere könnten umfassendes Wissen anbieten. Dies berge jedoch die Gefahr, dass – wenn die Babyboomer in Rente gehen – die Betriebe einen großen Teil an Fachwissen und Erfahrung ihrer Fachkräfte verlieren. Außerdem steige mit dem Alter das Risiko einer längeren gesundheitsbedingten Unterbrechung. Eine vorausschauende Personalarbeit könne solche Gefahren und Risiken jedoch ausgleichen: durch eine gut geplante Weitergabe des Wissens von Alt zu Jung und durch ein betriebliches Gesundheitsmanagement, von dem nicht nur die Älteren profitieren.

Wie sich die Coronakrise auf die Altersstruktur der Erwerbsbevölkerung auswirken wird, sei noch offen, schreiben Drescher und Brussig. Zur Jahresmitte sei die Arbeitslosenquote der Älteren zwar infolge der Krise gestiegen, aber nicht deutlich stärker als in anderen Altersgruppen. Gleichwohl sei zu vermuten, dass ein Stellenabbau in Branchen, die stark von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie betroffen sind, in den kommenden Jahren besonders die Älteren treffen könnte.

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