Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag: Wenig zu verhandeln
Das Arbeitsrecht als Schutzrecht der Beschäftigten habe ausgedient, behaupten seine Kritiker. Denn diese seien inzwischen zu gleichrangigen Vertragspartnern der Arbeitgeber aufgestiegen. Doch das Machtungleichgewicht ist weiterhin vorhanden, ergab eine neue Befragung des WSI.
Stellenbewerber können nur in Ausnahmefällen Einfluss auf die inhaltliche Gestaltung ihrer Arbeitsverträge nehmen, zeigt die Befragung. "In der Regel sind sie gezwungen, die ihnen im Vertrag vorgelegten Arbeitsbedingungen zu akzeptieren", so Heide Pfarr, Wissenschaftliche Direktorin des WSI.
Das Forschungsinstitut ließ Anfang 2007 gut 1.000 Personalverantwortliche aller Wirtschaftszweige und Betriebsgrößen dazu interviewen, ob sie mit zukünftigen Arbeitnehmern über deren Arbeitsverträge verhandeln. Das Ergebnis ist ernüchternd: In gerade einmal 25 Prozent aller befragten Betriebe, die in den vergangenen drei Jahren Nicht-Akademiker eingestellt hatten, änderten sich Arbeitsverträge immer, meistens oder zumindest teilweise. Fachhochschul- oder Hochschulabsolventen konnten immerhin in 43 Prozent der Betriebe erfolgreich über ihre Anstellungsbedingungen verhandeln. Diese höher Qualifizierten machen jedoch lediglich gut 14 Prozent der abhängig Erwerbstätigen aus.
Kleinbetriebe mit 1 bis 19 Beschäftigten verhandeln häufiger über Vertragsinhalte als Große: 96 Prozent aller Betriebe mit mindestens 200 Beschäftigten verhandeln bei der Einstellung von Nicht-Akademikern nie beziehungsweise ändern so gut wie nie Arbeitsverträge. Auch Akademiker haben in 73 Prozent der befragten Großbetriebe kaum eine Chance, dass auf ihre Vorstellungen eingegangen wird.
In der Befragung wurden Personalverantwortliche nach ihrer betrieblichen Praxis befragt und keine Einzelfälle erhoben. Daher seien zwar keine Aussagen darüber möglich, wie viele Beschäftigte genau Einfluss auf ihre Vertragsgestaltung nehmen konnten, so das WSI. Die Daten zeigten aber, dass die meisten Beschäftigten in Betrieben arbeiten, in denen ihnen dies in der Regel bei der Einstellung nicht möglich war. "Die These, dass sich im Einstellungsgespräch zwei gleichwertige Verhandlungspartner gegenübersitzen, ist damit widerlegt", urteilt Pfarr.
WSI-Personalleiterbefragung zu Gestaltungsmöglichkeiten bei Arbeitsverträgen 2007.