Forschungsprojekt: Aushandlung und Teilhabe im HdA - Programm

Vertikale und horizontale Differenzierungen in HdA-Projekten der Peiner AG, 1975-1984

Projektziel

Wie das politische Programm „Humanisierung des Arbeitslebens“ in einem Unternehmen umgesetzt wurde und was dies für die Arbeitnehmenden bedeutete, wird anhand der Demonstrationsprojekte bei der Peiner AG, einem Maschinen- und Schraubenunternehmen mit Staatsbeteiligung, untersucht. Ziel ist es, Möglichkeiten und Grenzen der politischen Steuerung in ökonomischen Krisen sichtbar zu machen.

Projektbeschreibung

Kontext

Die 1970er Jahre waren eine Zeit der ökonomischen Krise, gekennzeichnet durch sinkende Inlandsnachfrage und Beschäftigung bei gleichbleibender Inflation. Die Industrie reagierte mit Rationalisierungen; die Arbeiterschaft mit Streiks. In dieser Situation initiierte das Bundesministerium für Forschung und Technologie gemeinsam mit dem Bundesministerium für Arbeit 1974 das Programm „Humanisierung des Arbeitslebens“ (HdA). Wettbewerbsfähigkeit sollte gestärkt, zwischen unterschiedlichen Interessengruppen vermittelt und zugleich in den Unternehmen Arbeitsbedingungen, Mitbestimmungsmöglichkeiten und Produktionsformen verändert werden. Diese Vielfalt des bis 1989 laufen Förderprogramms bildet den Ausgangspunkt für die zeithistorische Forschung zur Arbeitswelt in einer Phase von Massenarbeitslosigkeit und strukturellem Wandel.

Fragestellung

Das Projekt erschließt, wie die unterschiedlichen Akteure und (sozialen) Gruppen im Unternehmen an den Projekten im Rahmen des HdA-Programmes beteiligt waren und inwiefern sich ihre Wahrnehmungen, Erwartungen und Handlungsmöglichkeiten gestalteten. Drei übergreifende Fragestellungen leiten die Untersuchung:

1.) Schuf die ökonomische Krise der 1970er Jahre Möglichkeiten für die Entwicklung der Mitbestimmung auf Unternehmensebene?

2.) Welche Konflikte zwischen den sozialen Akteursgruppen wurden durch die Projektarbeit der Wissenschaftler*innen im Betrieb aufgerufen, verstärkt oder konnten gelöst werden?

3.) Was beförderte die Entscheidung über Kooperation oder Konflikt und damit die innerbetriebliche Akzeptanz von Reformvorhaben?

Untersuchungsmethoden

Das Projekt fokussiert unterschiedliche Akteursgruppen auf Betriebsebene des Unternehmens. Geprüft wird die Auswirkung von HdA auf das Interessenhandeln der Beteiligten, aber auch auf das organisational-funktionale Rollenverhalten innerhalb der Betriebshierarchie. Mit einer intersektionalen Perspektivierung soll die meist allein auf die Differenzkategorie Klasse ausgerichtete industriesoziologische HdA-Forschung erweitert werden. So soll erfasst werden, wie sich unterschiedliche soziale Kategorien, wie etwa Geschlecht, Alter oder Herkunft, miteinander verschränken und auf Akteure und ihre Selbstverortung einwirken. Innerbetriebliche Spannungen und Binnenkonflikte sowie ihre Auswirkungen auf Rationalisierungsmaßnahmen und Mitbestimmungsprozesse können so sichtbar gemacht werden.

Darstellung der Ergebnisse

HdA stärkte die Position der Betriebsräte und Vertrauensleute im Unternehmen. Die Projekte schufen neue Wege der Interessenverfolgung und qualifizierten die Beteiligten zu spezifischem Interessenhandeln. Während die Projekt- und Arbeitsgruppen des Humanisierungsprojektes betriebliche Randgruppen einbanden, gelang dies innerhalb der etablierten Strukturen der Interessenvertretung nur eingeschränkt.

Die intersektionale Perspektive ergab, dass weibliche und migrantische Belegschaftsteile wenig von der Projektarbeit profitierten, auch aufgrund prekärer Beschäftigungsverhältnisse. Bei den Beteiligungsverfahren zeigt sich eine Diskrepanz zwischen Erwartungen der Wissenschaftler*innen und Beschäftigteninteressen. Binnenkonflikten wirkten hemmend auf Projektziele.

Projektleitung und -bearbeitung

Projektleitung

Prof. Dr. Katja Patzel-Mattern
Universität Heidelberg Historisches Seminar
Professur für Wirtschafts- und Sozialgeschichte
katja.patzel-mattern@zegk.uni-heidelberg.de

Bearbeitung

Arne Schott
Universität Heidelberg Historisches Seminar
arne.schott@zegk.uni-heidelberg.de

Sebastian Knoll-Jung
Universität Heidelberg Historisches Seminar
sebastian@knoll-jung.de

Gina Fuhrich
Universität Heidelberg Historisches Seminar
gina.fuhrich@zegk.uni-heidelberg.de

Kontakt

Dr. Michaela Kuhnhenne
Hans-Böckler-Stiftung
Forschungsförderung
michaela-kuhnhenne@boeckler.de

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