Projektbeschreibung
Kontext
Die Digitalisierung von Arbeit stellt nicht nur eine Herausforderung für die Veränderungsfähigkeit der institutionalisierten Mitbestimmungspraxis dar, sondern bietet auch Chancen für stärker partizipatorisch angelegte Mitbestimmungsstrategien. Mit Konzepten des "demokratischen Unternehmens" etc. zeichnet sich zudem die Gefahr ab, dass der sozio-technische Wandel von Unternehmensseite genutzt wird, um digitale Partizipationsangebote jenseits der institutionalisierten Mitbestimmung zu installieren und das Feld arbeitspolitischer Regulierung künftig exklusiv managerial zu besetzen. Für die heutige Mitbestimmungspraxis ist es daher von entscheidender Bedeutung, sich Digitalisierungstrends nicht zu verschließen oder fatalistisch zu ergeben, sondern diese realistisch einzuschätzen, vor allem hinsichtlich des emanzipatorischen Potenzials auszuloten und sich durch Reorganisation der eigenen Strukturen und Prozesse neue digitale Aktionsräume zu erschließen.
Fragestellung
Inwiefern bringt die Digitalisierung von Arbeit im gleichen Zuge neue oder veränderte Formen der Partizipation hervor oder erfordert sie sogar, die im Sinne der betrieblichen Mitbestimmung genutzt werden können?
Dazu hat das Projek nach der Übertragbarkeit einer Logik, die in partizipativen „Open Innovation“-Ansätzen angelegt ist, gefragt.
Welche digitalen Technologien setzen Akteure der betrieblichen Mitbestimmung bereits ein?
Inwiefern verbindet sich damit eine institutionelle Öffnung im Sinne von „Open Innovation“ sowie einer partizipativeren Ausrichtung der Mitbestimmungspraxis?
Im Projektverlauf ist die Frage nach den genutzten Technologien in den Hintergrund getreten, denn es hat sich empirisch gezeigt, dass digitale Transformation für die Mitbestimmung nicht nur eine technische Frage ist, sondern vielmehr die institutionalisierten Modi der Zusammenarbeit in Frage stellt.
Untersuchungsmethoden
Das Projekt hat mit einem vergleichenden Fallstudiendesign gearbeitet, das sich an vier zentralen Merkmalen orientiert: Kontextbezug (1), Multiperspektivität (2), Methodenkombination (3) und Offenheit (4). Der Kontextbezug wurde über explorative Expert*innenbefragungen hergestellt. Multiperspektivität wurde durch die Identifikation und Einbeziehung aller relevanten Stakeholder je Fall gewährleistet. Eine Kombination aus qualitativen Expert*innen- und themenzentrierten Interviews, Dokumentenanalyse und teilnehmenden Beobachtungen waren die methodischen Instrumente. Offenheit wurde durch qualitative, episodische Interviewformate und die fallspezifischen Beobachtungen erreicht.
Darstellung der Ergebnisse
Partizipationschancen für Beschäftigte anzubieten und im Betrieb zu institutionalisieren, ist ein wichtiges Moment, um die Legitimität von Betriebsräten zu erhöhen. Es hat sich empirisch gezeigt, dass auch durch die digitalen Kommunikationsmedien sich die Beziehungen zwischen den Akteuren im Betrieb verschieben können. Um als Betriebsrat hier nicht ins Hintertreffen zu geraten, sind neue Wege der Beteiligung von Beschäftigten gefragt, die nicht nur, aber auch digital sein müssen. Zusätzlich können Betriebsräte über mehr Beteiligung, Expertise aus der Belegschaft für die Mitbestimmungsarbeit nutzbar machen. Denn es hat sich empirisch gezeigt, dass Beschäftigte sich und ihr Wissen durchaus im Betrieb einbringen wollen, aber dies nicht zwingend als gewählte Betriebsräte tun wollen. In den von uns untersuchten Fällen hatten Initiativen der Betriebsräte eher Erfolg, wenn sie temporäre Beteiligungsformate initiiert haben. Wichtigster Befund ist, dass aufgrund struktureller Ungleichzeitigkeit, die Organisation von Betriebsräten selbst, verändern muss. Hierbei muss die Basis ein grundlegend überarbeitetes BetrVG sein, um eine Erneuerung von Betriebsratskultur zu ermöglichen.