Forschungsprojekt: Digitalisierung und Tarifpolitik

Projektziel

Die Debatten über die Zukunft der Arbeitswelt sind vom Thema Digitalisierung geprägt. Während sich die Aufmerksamkeit auf die Bearbeitung des Wandels in den Betrieben sowie auf die Herausforderungen für die Arbeitsbeziehungen durch die „Plattformökonomie“ konzentriert, wird der Blick kaum auf die tarifpolitische Gestaltung von Digitalisierung gelenkt. Diese Lücke adressierte dieses Projekt.

Veröffentlichungen

Dittmar, Nele, 2024. Tarifpolitik zu Digitalisierung – Gestaltung von Machtrelationen in der Arbeitswelt, WSI Mitteilungen, 77(1), S. 42-49.

Dittmar, Nele, Leonie Böhnke und Truc Nguyen, 2023. Digitalisierung und Tarifpolitik. Die Digitalisierung der Arbeitswelt und ihre tarifpolitische Gestaltung, Study 485, Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung, 94 Seiten.

Dittmar, Nele und Truc Nguyen, 2022. Digitalisierung in der Arena der Tarifautonomie, In: Janis Ewen, Sarah Nies, Martin Seeliger (Hrsg.), Sozialpartnerschaft im digitalisierten Kapitalismus. Hat der institutionalisierte Klassenkompromiss eine Zukunft?, Weinheim/Basel: Beltz Juventa, S. 63-81.

Weitere Informationen

Dieses Projekt gehört zum Forschungsverbund „Digitale Transformation“.
https://www.boeckler.de/de/digitale-transformation-35531.htm

Projektbeschreibung

Kontext

Das Thema Digitalisierung prägt derzeit die Debatten um die gesellschaftliche Entwicklung in vielen Bereichen. Während auch in Bezug auf die Zukunft der Arbeitswelt grundlegende Veränderungen erwartet werden, stehen sehr unterschiedliche Prognosen zu Beschäftigungsentwicklung, Veränderung von Tätigkeiten sowie dem Wandel der Arbeitsorganisation im Raum. Gleichzeitig sind im deutschen System der industriellen Beziehungen schon seit Jahrzehnten Erosionstendenzen zu beobachten. Es stellt sich die Frage nach der Gestaltungsfähigkeit von Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden in verschiedenen Branchen. Vor diesem Hintergrund erscheint es besonders relevant, genauer zu untersuchen, wie die Tarifparteien den derzeitigen Wandel der Arbeitswelt (mit-)gestalten (können), welche tarifpolitischen Gestaltungsansätze zu Digitalisierung derzeit verfolgt werden, sowie zu beleuchten, wie die Akteurs- und Tarifvertragslandschaft in einzelnen Branchen eine Bearbeitung des Themas fördert oder erschwert.

Fragestellung

Während die industriesoziologische Forschung sich insbesondere auf die Bearbeitung von Digitalisierung im betrieblichen Kontext sowie auf die Herausforderungen für die Arbeitsbeziehungen durch das Aufkommen der „Plattformökonomie“ konzentriert, lenkte dieses Forschungsprojekt den Blick auf die tarifpolitische Gestaltung von Digitalisierung. Es verfolgte die Frage, wie das Thema Digitalisierung in der Arena der Tarifautonomie in Deutschland von den Tarifparteien behandelt wird. Es wurde erhoben, welche Aspekte des Themas aus Sicht der Tarifparteien in verschiedenen Branchen besonders relevant sind und was überhaupt als tarifpolitisch regelbar gesehen wird. Insbesondere verfolgte das Projekt die Frage, welche tarifvertraglichen Regelungen zu Digitalisierung bzw. Facetten des Wandels der Arbeitswelt im Zusammenhang mit Digitalisierung in den Organisationsbereichen der DGB-Gewerkschaften existieren.

Untersuchungsmethoden

Ausgangspunkt für die Erhebung waren die acht DGB-Gewerkschaften, die die tarifpolitische Landschaft in Deutschland maßgeblich prägen. Neben der Rezeption von Literatur und statistischen Daten wurden zunächst die Internetauftritte der Gewerkschaften und davon ausgehend ihrer Gegenüber auf Arbeitgeberverbandsseite nach Positionen und Tarifverträgen zum Thema Digitalisierung durchsucht. In einem zweiten Schritt wurden Experteninterviews mit Vertreter*innen der Tarifparteien geführt. Anhand von Interviews mit Zuständigen für Digitalisierung und/oder Tarifpolitik wurde rekonstruiert, wie das Thema behandelt und ob und wie es auch tarifpolitisch bearbeitet wird. Schließlich wurde eine Dokumentenanalyse von Tarifverträgen zum Themenkomplex Digitalisierung durchgeführt.

Darstellung der Ergebnisse

In vielen Branchen in Deutschland gibt es tarifvertragliche Regelungen zu Veränderungen der Arbeitswelt im Zusammenhang mit Digitalisierung. Sie treffen Regelungen zu "alten" Themen wie Beschäftigungs- und Entgeltsicherung oder Qualifizierung, sowie zu "neuen" Themen wie mobiles Arbeiten. Die Gestaltung unterscheidet sich dabei in verschiedenen Branchen. In den großen Industriebranchen der Chemie- und Metall- und Elektroindustrie bestehen zu verschiedenen Facetten der Digitalisierung der Arbeitswelt Tarifverträge, die teils mit der tarifpolitischen Bearbeitung anderer Transformationsprozesse verknüpft werden. In Teilen der öffentlichen Verwaltung sowie bei der Bahn finden sich umfassende Digitalisierungstarifverträge, die verschiedene Aspekte des Themas unter dem Dach eines Tarifvertrags regeln. Im Banken- und Versicherungsbereich werden einzelne digitalisierungsbezogene Themen gestaltet. In anderen Bereichen finden sich zwar teils umfassende Tarifverträge zu Digitalisierung, allerdings nicht als Flächentarifverträge, sondern auf der Unternehmensebene. In wiederum anderen Branchen gibt es (bisher) keine Tarifverträge zu Digitalisierung.

Projektleitung und -bearbeitung

Projektleitung

Nele Dittmar
Technische Universität Berlin Institut für Soziologie
Digitalisierung der Arbeitswelt
nele.dittmar@tu-berlin.de

Kontakt

Dr. Stefan Lücking
Hans-Böckler-Stiftung
Forschungsförderung
stefan-luecking@boeckler.de

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