Projektbeschreibung
Kontext
Im Jahr 2000 wurde mit dem Buch „Der Bauarbeitsmarkt“ (Bosch/Zühlke-Robinet) eine umfassende Studie zur Soziologie und Ökonomie des deutschen Bauhauptgewerbes veröffentlicht, das die damaligen Strukturen und Institutionen der Branche untersuchte. Das Bauhauptgewerbe ist nicht nur aufgrund seiner hohen wirtschaftlichen Bedeutung, sondern auch wegen spezifischer Arbeitsmarktstrukturen und tariflicher Regulierungssysteme besonders interessant. Da diese Erkenntnisse mittlerweile gut 20 Jahre alt waren und sich der Bauarbeitsmarkt zwischenzeitlich erheblich gewandelt hatte, bestand Bedarf an einer umfassenden Aktualisierung und Analyse neuer Trends und Herausforderungen. Auf der Basis der gewonnenen Erkenntnisse sollten im Dialog mit relevanten Branchenakteur/innen Lösungswege für aktuelle bzw. bevorstehende Trends und Herausforderungen identifiziert sowie mögliche Zukunftsszenarien für das Bauhauptgewerbe entwickelt werden.
Fragestellung
Die Studie zielte darauf ab, ein aktuelles und differenziertes Bild des Bauarbeitsmarktes zu zeichnen. Es wurden Entwicklungstrends, Veränderungsbedarfe und Herausforderungen sowie Lösungsmöglichkeiten für bestehende oder absehbare Probleme aus Perspektive der Arbeitgeber- und Gewerkschaftsseite und weiterer relevanter Akteure identifiziert und analysiert. Dabei wurden wirtschaftliche Entwicklungen ebenso in den Blick genommen wie Trends und Veränderungen der Beschäftigung, des Arbeitsmarktes sowie der industriellen Beziehungen (z.B. Tarifpolitik, Mindestlöhne, Sozialkassen). Weitere zentrale Themenfelder waren Herausforderungen und neue Wege bei der Fachkräfte- und Nachwuchssicherung, Veränderungen im Bereich der politischen Regulierung und die zunehmende Internationalisierung von Bauarbeitsmärkten sowie Chancen, Risiken und Gestaltungserfordernisse, die sich u.a. aus der zunehmenden Digitalisierung und durch neue Bauverfahren ergeben haben.
Untersuchungsmethoden
Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurde eine Kombination von quantitativen und qualitativen Forschungsmethoden angewandt (Mixed Methods). Die Untersuchung beinhaltete mehrere Bausteine - u.a. eine breit angelegte internetgestützte Befragung von gut 1.000 Beschäftigten im Bauhauptgewerbe, zahlreiche leitfadengestützte Expert/innen-Interviews mit Akteur/innen der Branche sowie vertiefende Betriebsfallstudien. Darüber hinaus wurden auch umfangreiche quantitative Auswertungen der amtlichen Statistik und der Daten der Sozialkassen durchgeführt.
Darstellung der Ergebnisse
Die bauspezifischen Regulierungen wie allgemeinverbindliche Tarifverträge, die Arbeitsmarktpolitik und die Sozialkassen sind in den letzten Jahrzehnten unter massiven Druck geraten. Der starke Rückgang der Beschäftigung bis 2005, die Fragmentierung in immer kleinere Unternehmen und die Zunahme der Zahl ausländischer Werkvertragsnehmer veränderten die Konkurrenzbedingungen sowie das Verhältnis der Akteure. Die Folgen des zunehmenden Preiswettbewerbs zeigen sich in der Erosion der Flächentarife sowie der Mitgliedschaft in den Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden. Damit wurde es schwieriger, einen Konsens über die Reform der Tarifverträge und Sozialkassen zu finden. Bei der Digitalisierung der Sozialkassen, der Neuausrichtung der Altersvorsorge, der Absicherung von Arbeitszeitkonten, der Modernisierung der Berufsausbildung sowie der Einführung des Saison-Kurzarbeitergeldes gelang es den Sozialpartnern gleichwohl, zukunftsfähige Lösungen zu entwickeln. Bei Themen wie der Regulierung von Entsendungen oder den branchenbezogenen Mindestlöhnen schwindet hingegen der gemeinsame Handlungswille. Nur mit mehr Rückendeckung der Politik werden hier zukunftsfähige Lösungen entstehen.