Projektbeschreibung
Kontext
Das derzeitige Erfolgsmodell der "globalen Qualitätsproduktion" der Automobilzulieferindustrie steht vor erheblichen Umbrüchen. Aktuelle Entwicklungen wie die Stagnation des europäischen Absatzmarktes, die Verschiebung von Wachstumszentren in die Richtung von Schwellenländern sowie anstehende disruptive Innovationen in der Fahrzeugtechnik (z.B. Elektroantriebe) können zu neuen Kräfteverhältnissen und damit verbunden zu Veränderungsdynamiken in der automobilen Wertschöpfungskette führen.
Fragestellung
Die möglichen Strukturveränderungen im Produktions- und Wertschöpfungssystem der Automobilindustrie sollen entlang von zwei Fragenkomplexen analysiert werden: Das Teilprojekt 1 fokussiert die (Macht-)Beziehungen zwischen Zulieferern und Autoherstellern in der automobilen Wertschöpfungskette Deutschlands aus der Perspektive der deutschen Standorte und untersucht ihre Auswirkungen auf die Innovationsfähigkeit der Zulieferer und damit der ganzen Branche.
Teilprojekt 2 fokussiert die Stellung der mittelosteuropäischen Standorten der Automobilzulieferer in der unternehmensinternen Arbeitsteilung und untersucht den Zusammenhang zwischen Standortupgrading und der Entwicklung von Arbeits- und Beschäftigungsstandards.
Mit einer von beiden Teilprojekten gemeinsam konzipierte Befragung von Arbeitnehmervertretungen an den deutschen und mittelosteuropäischen Standorten sollen die in den qualitativen Analysen gewonnenen Erkenntnisse zusätzlich abgestützt werden.
Untersuchungsmethoden
Folgende Untersuchungsmethoden wurden unter anderem eingesetzt:
- Teilprojekt 1 beruht insbesondere auf qualitativen Fallstudien in deutschen Zulieferunternehmen sowie auf einer Auswertung von tariflichen Standortsicherungsvereinbarungen und deren Verhandlungsbedingungen. Zudem wurde eine Branchenanalyse "Automobilzulieferer unter Internationalisierungsdruck" erstellt.
- Teilprojekt 2 beruht auf Fallstudien an mittelosteuropäischen Standorten sowie Referenzuntersuchungen in den deutschen Unternehmenszentralen.
- Es wurden Handlungsempfehlungen für Betriebsräte und Gewerkschaften erstellt. Sie basieren unter anderem auf den Ergebnissen von Workshops, in denen mit Trägern der Mitbestimmung die empirischen Ergebnisse des Forschungsvorhabens diskutiert wurden.
- Bei den abschließenden Thesen liegt ein besonderer Fokus auf der Handlungsorientierung und Stärkung der Handlungsfähigkeit der Akteure auf Branchenebene und in den Unternehmen bzw. Betrieben.
Darstellung der Ergebnisse
Die wesentlichen Erkenntnisse der Studie sind:
- Die Innovationsstärke ist ein zentraler Erfolgsfaktor der Branche. Mit der Übernahme von immer größeren Wertschöpfungsanteilen haben die Automobilzulieferer auch immer mehr Innovationsaufgaben übernommen. Z.T. unfaire Preissetzungspraktiken der OEM können diese Innovationsfähigkeit der Zulieferer gefährden.
- Die Neuausrichtung der deutschen Produktionswerke zum globalen Innovationswerk erhöht deren nachhaltige Entwicklungsperspektiven. Im globalen Standortkonkurrenzdruck werden die Innovationsbeiträge der deutschen Werke zum wichtigen Faktor. Es wurden produktionswissensbasierte Produktinnovationen als spezifische Innovationsmuster der Zulieferindustrie identifiziert, bei denen die deutschen Produktionswerke einen wesentlichen Beitrag zur Innovationsfähigkeit leisten.
- Weiterentwicklung der Niedriglohnstandorte. Mittelosteuropäische Niedriglohnstandorte von Automobilzulieferern haben in den letzten zwanzig Jahren einen Upgradingprozess hin zu mehr Kompetenz und mehr indirekten Funktionen durchlaufen. Die Fortsetzung dieser Upgradingdynamik erfordert eine Veränderung der Rahmenbedingungen (Bildungssystem, Abbau prekärer Arbeit).