Forschungsprojekt: Arbeitskräftesicherung in der ostdeutschen Automobilindustrie

Mittel- und langfristiger Arbeitskräftebedarf für die Zukunftssicherung der ostdeutschen Automobilindustrie: Herausforderungen für arbeitsmarkt- und industriepolitische Instrumente in den neuen Ländern.

Projektziel

Die ostdeutsche Automobilindustrie ist ein beschäftigungspolitischer Stützpfeiler in den „Neuen Ländern“, mit einem kontinuierlichen Zuwachs von Beschäftigung seit Mitte der 1990er Jahre. Mittlerweile in die transnationalen Produktionsverbundsysteme der deutschen Autoindustrie integriert, steht sie wie der westliche Teil vor der Herausforderung des technologischen wie demographischen Wandels.

Projektbeschreibung

Kontext

Im Zuge der Wiedervereinigung sind im Transformationsprozess die Strukturen und Produktionskapazitäten der beiden DDR-Fahrzeugkombinate zerschlagen worden. Mitte der 1990er Jahre waren nur noch ein Siebtel (15.500) der Arbeitsplätze in der ostdeutschen Automobilindustrie vorhanden. Seither hat diese Industrie regelrecht geboomt. 2015 sind es fast 70.000 Beschäftigte, die in diesem Wirtschaftszweig in der Statistik ausgewiesen werden.

Vor dem Hintergrund der Charakterisierung als "verlängerte Werkbank" ist zu analysieren, ob dieser Befund - sofern er noch stimmt - zukunftsfähig ist. Angesichts der beschäftigungspolitischen Zuwächse stellt sich die Frage, ob ein weiteres Wachstum an Beschäftigung durch die vorhandenen Arbeitsmarktpotenziale,Qualifikationen und der prognostizierten Fachkräftelücke überhaupt möglich ist.

Fragestellung

Das Projekt zielt auf die Frage ab, wie die ostdeutsche Automobilindustrie auf den globalen Struktur- und den demografischen Wandel vorbereitet ist:

- Was kennzeichnet die ostdeutsche Automobilindustrie, was sind ihre Besonderheiten?

- Was sind die globalen Herausforderungen des Strukturwandels und wie ist die ostdeutsche Automobilindustrie darauf vorbereitet?

- Wie hat sich die Beschäftigung entwickelt und wie ist es um die Qualität er Arbeit und um Mitbestimmung gestellt?

- Gibt es spezifische Fachkräftebedarfe und wie reagieren die Betriebe darauf?

Untersuchungsmethoden

Die Untersuchung basiert auf einem Methodenmix aus fünf Elementen:

- qualitative Erhebungen mit Interviews vor Ort (Betriebsräte, Personalverantwortliche)

- Aufarbeitung branchenbezogener Beschäftigungs- und Wirtschaftsdaten

- aktuelle Daten und Prognosen zur Fachkräftesituation in den vier untersuchten Bundesländern

- Auswertung aktueller Studien und branchenspezifischen Informationen

- Auswertung der Feldbeobachtung, Vorträge auf Netzwerktreffen er Clusterakteure der Autoindustrie

Insgesamt wurden 37 Betriebe (sieben OEMs und 30 Zulieferer) in die Untersuchung einbezogen und 71 Interviews mit insgesamt 103 Interviewpartnern geführt.

Darstellung der Ergebnisse

- Die ostdeutsche Automobilindustrie ist mit der Hälfte der Produktion auf das Premium-Segment ausgerichtet.

- Nach wie vor gilt, dass FuE-Funktionen nur in marginalem Umfang in diesen Betrieben zu finden sind. Was die Betriebe auszeichnet ist vor allem die Prozesskompetenz. Sie stellt ein partielles Äquivalent zur fehlenden FuE dar.

- Produktionsprozesse und Abläufe zu organisieren ist ihre Stärke und weist den Weg weg von der "verlängerten Werkbank". Zudem zeigen Aktivitäten im Bereich Leichtbau und Elektromobilität, dass sich die ostdeutsche Autoindustrie auf diesem Weg befindet, was die Übernahme von Leitwerkfunktionen, die Herausbildung von Competence-Zentren o.ä. deutlich machen.

- Die Belegschaften der ostdeutschen Automobilbetriebe sind durchweg relativ jung, sodass hier viel Potential für ein Anheben von Qualifikationen vorhanden ist. Das größte Problem liegt in den noch immer bestehenden Entgelt-Unterschieden gegenüber Westdeutschland.

- Hohe Anteile an Leiharbeit und Werkvertragsbeschäftigte bei OEMs und Zulieferern führen zu einer "Mehrklassengesellschaft" in den Belegschaften mit vielen prekären Beschäftigungsverhältnissen und deutlichen Einkommensunterschieden.

Projektleitung und -bearbeitung

Projektleitung

Dr. Antje Blöcker

Dr. Heinz-Rudolf Meißner

Kontakt

Dr. Saskia Freye
Hans-Böckler-Stiftung
Forschungsförderung