Projektbeschreibung
Kontext
Seit den 1970er Jahren haben atypische Beschäftigungsverhältnisse aufgrund wirtschaftlicher sowie politisch-rechtlicher Entwicklungen stark zugenommen. Obwohl sie nicht pauschal als unsicher bzw. prekär eingestuft werden können, weisen sie doch - u.a. abhängig von der Partnerschaftssituation und dem Haushaltseinkommen - erhöhte Prekaritätsrisiken auf, wie ein unzureichendes Einkommen, eine mangelnde soziale Sicherung und geringere Beschäftigungsstabilität und -fähigkeit. Dies zeigt sich insbesondere im Vergleich zum Normalarbeitsverhältnis und damit einhergehender Sicherheitsstandards.
Die wirtschaftlichen und beruflichen Unsicherheiten atypischer Beschäftigungsverhältnisse können sich unterschiedlich auf den gesamten Lebenszusammenhang der Beschäftigten auswirken. Während die Folgen für die ökonomische bzw. berufliche Lebenssituation hohe Aufmerksamkeit gefunden haben, fand eine Erweiterung der Perspektive auf die Folgen für den privaten Lebenszusammenhang bisher selten statt.
Fragestellung
Das Forschungszentrum Familienbewusste Personalpolitik untersucht die Frage, welche Bedeutung atypische Beschäftigungsverhältnisse für zentrale Lebensbereiche der Beschäftigten haben. Im Fokus stehen erstens die Effekte atypischer Beschäftigung auf eine mögliche Destabilisierung von Familien, die sich in Form von Trennung bzw. Scheidung äußern (Bereich "Partnerschaft/ Familie"). Zweitens untersucht die Studie die Zeitverwendung für Kinderbetreuung sowie die Inanspruchnahme von externer Kinderbetreuung. Im Bereich "Netzwerke/Partizipation" stehen die Einflüsse atypischer Beschäftigung auf die Unterstützungsleistungen und die Einbindung der Beschäftigten in soziale Netzwerke im Zentrum der Analysen. Dabei wurden vor allem die familialen Netzwerke und deren Unterstützung betrachtet. Weiterhin legt die Studie ein Augenmerk auf die Mitgliedschaft atypisch Beschäftigter in Gewerkschaften sowie Betriebs- und Personalräten.
Untersuchungsmethoden
Für die Untersuchung der Effekte atypischer Beschäftigung auf zentrale Lebensbereiche bildete das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung und TNS Infratest die Datenbasis. Darüber hinaus wurde in Teilen auch die Zusatzerhebung des SOEP "Familien in Deutschland" (FiD) hinzugezogen. Untersuchungszeitraum sind die Jahre 2001 bis 2012. In die Untersuchung gingen alle Personen im Alter von 18 bis 65 Jahren ein. Neben deskriptiven Auswertungen wurden je nach Fragestellung und Datenverfügbarkeit multivariate Regressionsmodelle im Quer- und Längsschnitt sowie Ereignisanalysen für die Untersuchung herangezogen. Im Zentrum der Analyse standen die vier atypischen Beschäftigungsformen befristete Beschäftigung, Teilzeitbeschäftigung, Zeitarbeit und geringfügige Beschäftigung, wobei das Normalarbeitsverhältnis die zentrale Referenzgröße bildete. Für die Abgrenzung der Beschäftigungsformen wurden Kombinationen (z.B. befristete Teilzeit) berücksichtigt.
Darstellung der Ergebnisse
Ein zentrales Ergebnis der Analysen ist die Diversität atypischer Beschäftigung in doppelter Hinsicht: Erstens unterscheiden sich die vier atypischen Beschäftigungsformen bereits mit Blick auf ihre zahlenmäßige Stärke und strukturelle Zusammensetzung deutlich. Damit verbunden muss zweitens auch bei dem Blick auf die Effekte atypischer Beschäftigung auf die unterschiedlichen Lebensbereiche sehr genau nach Beschäftigungsform, Geschlecht und Partnerschaftsstatus unterschieden werden. Die Ergebnisse zur Zeitverwendung für die Kinderbetreuung unterstreichen den ambivalenten Charakter von atypischer Beschäftigung: Einerseits bieten Formen mit reduzierter Stundenzahl mehr Zeitsouveränität und Flexibilität. Dem stehen jedoch andererseits die damit verbundenen hohen Prekaritätsrisiken gegenüber, die sich insbesondere auch langfristig in einer mangelnden Absicherung der Beschäftigten manifestieren. Daher ist die Freiwilligkeit und Notwendigkeit atypischer Beschäftigung kritisch zu hinterfragen. Atypische Beschäftigung - mit all ihren Chancen und Risiken - muss zu einer unter mehreren realistischen Optionen werden, zwischen denen Beschäftigte informiert wählen können.