Projektbeschreibung
Kontext
Nicht nur in der Prostitution, auch auf dem Bau, in Hotels, Restaurants, der Pflege- und Reinigungsbranche und anderen Branchen mehr werden Menschen bedroht und ausgebeutet. Zwang und Ausbeutung bedeuten für Arbeitnehmer_innen oft menschenunwürdige Arbeits- und Wohnbedingungen, in Teilen oder ganz vorenthaltenen Lohn, vorgetäuschte oder reale Schulden, eingeschränkte Bewegungsfreiheit, eingeschränkte Kommunikation und/oder einbehaltene Reisedokumente. Die EU-Mitgliedsstaaten sind dazu verpflichtet, die Profiteur_innen von Menschenhandel strafrechtlich zu belangen. Internationale Verträge verlangen ebenso, Betroffene dabei zu unterstützen, ihre Rechte durchzusetzen, und Menschenhandel durch präventive Ansätze zu verhindern. Obwohl der Gesetzgeber mit der Einführung des Straftatbestandes §233 StGB im Jahre 2005 ein mächtiges strafrechtliches Instrument gegen Arbeitsausbeutung und Menschenhandel geschaffen hat, findet dieses in der gesamtdeutschen Realität nahezu keine Anwendung.
Fragestellung
Durch welche Spezifika der Arbeitsmigration nach NRW können Arbeitsausbeutung und Menschenhandel begünstigt werden?
Welche Branchen sind besonders betroffen?
Welche Strukturen erleichtern Arbeitsausbeutung und Menschenhandel in den betroffenen Branchen?
Welche Beratungsangebote in NRW kommen im Rahmen ihrer Tätigkeit mit (potentiell) Betroffenen in Kontakt?
Welche spezifischen Unterstützungsangebote können sie diesen Betroffenen machen?
Welche bereits vorhandenen Beratungsangebote in NRW können für (potentiell) Betroffene von Arbeitsausbeutung und Menschenhandel nutzbar gemacht werden?
Existieren bereits Kooperationsstrukturen in NRW, die für die Unterstützung von (potentiell) Betroffenen von Arbeitsausbeutung und Menschenhandel genutzt werden könnten?
Welche weiteren Akteure, insbesondere arbeitsmarktregulierende Akteure (Behörden, zivilgesellschaftliche Akteure, Verbundprojekte, etc.) sollten mit eingebunden werden?
Untersuchungsmethoden
Literaturauswertung, Auswertung von staatsanwaltlichen Verfahrensakten, Experteninterviews, Feldforschung mit Streetwork und eigenem Beratungsangebot zur Fallgenerierung und Sichtbarmachung des Phänomens, Workshops, Fachtagungen
Darstellung der Ergebnisse
Sowohl der Opferschutz und die Strafverfolgung als auch die öffentliche und politische Aufmerksamkeit sind beim "Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung" inzwischen vergleichsweise weit entwickelt. In anderen Branchen erhalten die betroffenen Personen bisher nur selten die ihnen zustehende Unterstützung. Die Zwangsverhältnisse werden bisher nur selten als solche erkannt. Auch im Bereich der Prävention wird noch wenig getan. Betroffene Menschen finden sich in nahezu allen Branchen, vor allem in den Bereichen Bau, Agrar, Gastronomie, Haushalt/Pflege, Fleischverarbeitung sowie im gesamten Niedriglohnbereich. Unterstützungsstrukturen liegen in spezialisierter Form bislang kaum vor, können durch Schulung, Vernetzung und Sensibilisierung jedoch aktiviert werden. Zielgruppen hierfür sind Beratungsstellen der Gewerkschaften, Fachberatungsstellen der sexuellen Ausbeutung und Beratungsstellen der Wohlfahrtspflege, die durch ihren Zugang zu Migranten und Flüchtlingen bereits in Kontakt mit den Zielgruppen stehen. In kommunalen Absprachen müssen Unterstützungsleistungen, wie Zugang zu Sozialleistungen, die Bereitstellung einer (Schutz-)Unterkunft und rechtliche Anbindung, geklärt werden.