Forschungsprojekt: Unterwertige Beschäftigung von Frauen im Familienkontext

Projektziel

Das Projekt hat zum Ziel, das Ausmaß der Überqualifikation im Zeitraum 1992-2011 zu quantifizieren und die Einflussfaktoren und Einkommenswirkungen unterwertiger, d.h. überqualifizierter Beschäftigung von Frauen und Männern in Ost- und Westdeutschland zu identifizieren. Dabei werden unterschiedliche Messmethoden von Unterwertigkeit angewendet und ihr Einfluss auf die Ergebnisse aufgezeigt.

Projektbeschreibung

Kontext

Bei unterwertiger Beschäftigung bleiben die im ausgeübten Beruf erforderlichen hinter den im Ausbildungssystem erworbenen Qualifikationen zurück. Unterwertige Beschäftigung ist sowohl aus der individuellen Perspektive der Person als auch aus der gesellschaftlichen Perspektive unerwünscht. Aus individueller Perspektive geht damit ein Verlust an Einkommen, Beschäftigungssicherheit und beruflicher Entfaltung, ein erhöhtes Armutsrisiko und verminderte Teilhabechancen einher. Aus gesellschaftlicher Perspektive sind mit den individuellen Beschäftigungs- und Einkommensverlusten geringere Steuer- und Sozialbeiträge sowie zusätzliche Transferzahlungen verbunden. Brach liegende Kenntnisse und Fertigkeiten kommen einer Verschwendung von Ressourcen gleich. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels muss die Gesellschaft jedoch ein Interesse daran haben, die Potenziale insbesondere der Frauen durch ein ausreichendes Angebot ausbildungsadäquater Arbeitsplätze zu heben.

Fragestellung

Im Rahmen des Projektes sollen Ausmaß, Ursachen und Folgen unterwertiger Beschäftigung in Deutschland verifiziert werden. Folgende Fragen sollen beantwortet werden:

- Wie hat sich der Umfang der Unterwertigkeit im Zeitraum 1992-2011 entwickelt?

- Sind unterschiedliche Trends für Männer und Frauen, für Ost- und Westdeutschland sichtbar?

- Welchen Einfluss hat die Messmethodik auf den Umfang gemessener Überqualifikation?

- Welche Personengruppen sind von mehrfacher Überqualifikation betroffen?

- Wie stellt sich die Entwicklung für Akademiker/innen im Vergleich zu Personen mittlerer Bildung dar?

- Sind Frauen tatsächlich häufiger von Unterwertigkeit betroffen als Männer?

- Wie wirken Faktoren des Haushaltskontextes, des Erwerbsumfangs und der Erwerbsbiografie und des Elternhauses?

- Wie hoch sind die Einkommensverluste aus Unterwertigkeit, im Vergleich mit einem bildungsadäquaten Jobmatch?

- Was kann getan werden, um Unterwertigkeit abzubauen?

Untersuchungsmethoden

Methodisch wird dreigeteilt vorgegangen. Zunächst wird der Tatbestand der unterwertigen Beschäftigung operationalisiert und mittels deskriptiver Methoden Umfang und Struktur der Unterwertigkeit bestimmt. Hierbei kommen als Robustheitstest gegen methodische Wechsel und zur Validierung der Ergebnisse die selbst eingeschätzte Unterwertigkeit sowie die Realized Matches Methode zur Anwendung. Zur Verifizierung der kausalen Effekte werden für den Neueintritt in unterwertige Beschäftigung binäre Probit-Modelle und für die Wahrscheinlichkeit der Unterwertigkeit unter Berücksichtigung des Pfades dynamische multinomiale Logit-Modelle verwendet. Zur Schätzung der Einkommenseffekte werden ORU Einkommensschätzungen durchgeführt (OLS sowie Random Effects with individual means). Der Beitrag von Unterwertigkeit für die geschlechtsspezifische Lohnlücke wird durch eine Dreifachzerlegung der Lücke ermittelt.

Darstellung der Ergebnisse

Frauen sind nur selbst eingeschätzt häufiger von Unterwertigkeit betroffen; nach dem Realized Matches Kriterium sind Männer in beiden Bildungsgruppen und Regionen genauso stark oder stärker betroffen. In 2011 waren unter Akademiker/innen 3-4 von 10 Personen, unter mittel Qualifizierten 1 von 10 Personen nach dem Realized Matches Kriterium überqualifiziert. Die selbst eingeschätzte Überqualifikation hat für Personen mittlerer Bildung allgemein eine höhere Bedeutung als für Hochqualifizierte. Faktoren des Haushaltszusammenhangs wirken unterschiedlich auf das Überqualifikationsrisiko, für das Elternhaus konnten kaum signifikante Einflüsse festgestellt werden. Risikoerhöhend vor allem für Frauen wirken Formen eingeschränkter Erwerbstätigkeit wie Erwerbsunterbrechungen, kleine Teilzeit und Geringfügigkeit, dies für West -stärker als für Ostdeutschland und für mittel- stärker als für hochqualifizierte Personen. Unterwertigkeit ist zudem sehr persistent. Trotz nennenswerter Einkommensverluste durch Unterwertigkeit für beide Geschlechter leistet Unterwertigkeit keinen Beitrag zur Lohnlücke. Hingegen trägt die geringere Ausstattung von Frauen mit erforderlichen Bildungsjahren zur Lücke bei.

Projektleitung und -bearbeitung

Projektleitung

Prof. Dr. Klaus Schömann
Jacobs University Bremen Jacobs Center on Lifelong Learning - JCLL
Research V

Dr. Christina Boll
Deutsches Jugendinstitut e.V.
Familie und Familienpolitik

Bearbeitung

Julian Leppin
Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI)
Themenfeld Erwerbstätigkeit und F.

Kontakt

Christina Schildmann
Hans-Böckler-Stiftung
Forschungsförderung