Forschungsprojekt: Postdemokratie und Industrielle Beziehungen

: Erosionsprozesse von Demokratie und Mitbestimmung

Projektziel

Das Projekt greift die Debatte zur „Postdemokratie“ auf, mit der Hypothese, dass sich auch in den Industriellen Beziehungen eine Form der Postdemokratisierung ausmachen lässt. Im Feld der betrieblichen und überbetrieblichen Mitbestimmung zeigen sich eine Entmachtung der maßgeblichen gesetzlichen Akteure, eine Erosion der Mitbestimmung sowie ein Auseinanderdriften von Regulierung und Legitimation.

Veröffentlichungen

Nachtwey, Oliver und Ulrich Brinkmann, 2017. Postdemokratie und industrielle Beziehungen. Erosionsprozesse von Demokratie und Mitbestimmung, Weinheim/Basel: Beltz Juventa, 210 Seiten.

Mergener, Alexandra, Fabienne Décieux und Oliver Nachtwey, 2015. Informelle Tarifabweichungen und die innere Erosion des deutschen Tarifsystems, WSI-Mitteilungen, 2/2015, S. 86-95.

Brinkmann, Ulrich und Oliver Nachtwey, 2014. Prekäre Demokratie?. Zu den Auswirkungen atypischer Beschäftigung auf die betriebliche Mitbestimmung, Industrielle Beziehungen, 21(1), S. 78-98.

Nachtwey, Oliver, Fabienne Décieux, Alexandra Mergener, Marc Amlinger und Ulrich Brinkmann, 2013. Postdemokratie und Industrielle Beziehungen: Erosionsprozesse der betrieblichen Mitbestimmung und der Geltung von Tarifverträgen, Forschungsjournal Soziale Bewegung, 26(1/2013), S. 61-74.

Nachtwey, Oliver und Ulrich Brinkmann, 2013. Postdemokratie, Mitbestimmung und industrielle Bürgerrechte, PVS, 54(3), S. 506-533.

Brinkmann, Ulrich und Oliver Nachtwey, 2012. Regulation ohne Legitimation - oder: Wie der klandestine Charakter der Postdemokratie die Mitbestimmung untergräbt, In: (Hrsg.), , .

Weitere Informationen

Arbeit ohne Demokratie?! Reflexionen über ¿Vergangenheit und Zukunft von Industrial Citizenship¿
http://www.soziopolis.de/vernetzen/veranstaltungsberichte/artikel/arbeit-ohne-demokratie-reflexionen-ueber-vergangenheit-und-zukunft-von-industrial-citizenship/

"Eine deutliche Vertretungslücke":
http://www.boeckler.de/41784_41839.htm

Projektbeschreibung

Kontext

Die Frage postdemokratischer Defizite ist in der Forschung zu Industriellen Beziehungen in Deutschland bislang nicht systematisch untersucht worden: Einerseits verlieren die demokratischen Institutionen, Verfahren und Akteure aufgrund neuer Entwicklungen (z.B. dem Wandel der Arbeitsverhältnisse) ihre Wirkungsmächtigkeit und andererseits finden heute immer mehr Entscheidungen an Orten und von Akteuren statt, die dafür weder vorgesehen noch legitimiert sind. Das Vorhaben zielt auf eine klar definierte Forschungslücke ab und erweitert die bislang primär politikwissenschaftliche Forschung zur Postdemokratie um eine soziologische Fragestellung. Ziel des Projekts war es, über das Feld der Forschungen zu Industriellen Beziehungen hinaus innovative Erkenntnisse hinsichtlich der Funktionsweise und Erosionstendenzen demokratischer Institutionen und Prozesse zu erarbeiten.

Fragestellung

Anhand dreier zentraler Felder – der betrieblichen Mitbestimmung, der Unternehmensorganisation und den Tarifverträgen – sollte unsere Hypothese empirisch überprüft und damit die Frage beantwortet werden, ob eine Erosion der Institution Mitbestimmung und gleichzeitig ein Auseinanderdriften von Regulierung und Legitimation feststellbar sind.

Untersuchungsmethoden

Zur Beantwortung der Forschungsfrage wurde ein Methodenmix eingesetzt, der sowohl eine Sekundärauswertung existierender Datensätze (anonymisierter gewerkschaftlicher Betriebs- und Mitgliedsdatensätze; WSI-Betriebsrätebefragung) als auch eigene qualitative Erhebungen (Fallstudien) in Betrieben umfasst.

Darstellung der Ergebnisse

Die betriebliche Mitbestimmung verliert nicht ihre Funktion als Interessenvertretung der Beschäftigten. Aber sie erodiert endogen – getrieben von der neuen Unternehmenssteuerung im Finanzmarktkapitalismus und darin verschränkter Hybridisierung und Schrumpfung des „demos“ der betrieblichen Mitbestimmung durch den Einsatz von Leiharbeit und Werkverträgen. Die Repräsentation sozialer Ungleichheit durch betriebliche Mitbestimmungsakteure wird deutlich geschwächt. In den quantitativen Untersuchungen konnten wir recht eindeutige Mandats- und Freistellungsmankos feststellen. In den qualitativen Studien ist das Bild weniger einheitlich - demokratische Qualität und Postdemokratisierung entwickeln sich hier durchaus in einer Pfadabhängigkeit, die von den betrieblichen und/oder Branchentraditionen, der gewerkschaftlichen Kampfkraft und der jeweiligen Arbeitsmarktlage beeinflusst sind.

Projektleitung und -bearbeitung

Projektleitung

Prof. Dr. Ulrich Brinkmann
Technische Universität Darmstadt

Bearbeitung

Prof. Dr. Oliver Nachtwey
Universität Basel Philosophisch-Historische Fakultät
Departement Gesellschaftswissenschaften

Kontakt

Dr. Stefan Lücking
Hans-Böckler-Stiftung
Forschungsförderung