Projektbeschreibung
Kontext
In der Debatte über Funktion und Auswirkungen von Zeitarbeit greifen Befürworter und Gegner der Zeitarbeit regelmäßig auf internationale Beispiele zurück. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich aber rasch, dass sich sowohl die Regulierung der "Zeitarbeit" als auch ihre arbeitsmarktpolitische Funktionen schon in den EU-Ländern stark unterscheiden. Die Rahmenbedingungen von Zeitarbeit haben sich gerade in den letzten Jahren in einzelnen Ländern teilweise erheblich verändert. Der verengte Blick auf Einzelindikatoren wie z.B. die "Zeitarbeitsquote "(= Anteil der Leiharbeitskräfte an der Gesamtbeschäftigung) lässt die länderspezifische Einbettung in das Regulierungssystem und die Funktion der Zeitarbeit im jeweiligen Arbeitsmarkt völlig außer acht. Damit sind Fehlinterpretationen und falsche Schlussfolgerungen vorprogrammiert.
Fragestellung
Im Rahmen der Expertise wurde der Frage nachgegangen, welche Veränderungen der Regulierung und Trends es in der jüngeren Vergangenheit in der Zeitarbeit in sieben ausgewählten Ländern gegeben hat und ob sich hieraus bzw. aus den ganz unterschiedlichen gesetzlichen oder tariflichen Regelungen Anregungen oder Schlussfolgerungen für Deutschland ableiten lassen.
Untersuchungsmethoden
Zu den ausgewählten Ländern zählen Dänemark, Frankreich, die Niederlande, Österreich, UK, Schweden und die Schweiz. Dabei wurde auf internationale Statistiken, Studien und Fachbeiträge aus den letzten Jahren sowie auf Material aus eigenen Forschungsarbeiten und -projekten zurückgegriffen. Den "Rohstoff" für die Länder-Analysen bildeten vorhandene Untersuchungen, die nach vorab festgelegten thematischen Schwerpunkten sekundäranalytisch ausgewertet und aufbereitet werden. Angesichts der Heterogenität des verfügbaren Materials und des begrenzten Umfangs dieser Expertise wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Ziel war kein vollständiger und systematischer Länder-Vergleich, sondern es wurden für jedes der sieben Länder einige Kernaspekte zur Regulierung und zur Struktur der Zeitarbeitsbranche aufgearbeitet und der Blick auf Trends und Besonderheiten gerichtet, die vor dem Hintergrund der aktuellen Debatten und Positionen in Deutschland besonders interessant erscheinen.
Darstellung der Ergebnisse
Die Beispiele aus den europäischen Ländern liefern Hinweise auf unterschiedliche Möglichkeiten der gesetzlichen oder tariflichen Regulierung der Zeitarbeit, die für die Re-Regulierung der Zeitarbeit in Deutschland im Sinne einer "Anti-Segmentierungspolitik" (W. Sengenberger) interessante Denkanstöße geben könnten. Dazu zählen u.a.
- staatliche Mindestlohnregelungen (z.B. Frankreich, Niederlande, UK)
- kollektivvertragliche Mindestlohn- bzw. Equal Pay-Regelungen (skandinavische Länder)
- Referenzzuschläge in Hochlohnbranchen (Österreich)
- besondere Kontrollmechanismen zur Umsetzung der Regulierung in der Zeitarbeitsbranche (Schweiz)
Dabei kann es nicht um einen Institutionentransfer im Maßstab 1:1 gehen, was angesichts sehr heterogener Arbeitsmärkte, Sozialsysteme, industrieller Beziehungen und Werte wenig Erfolg versprechend wäre. Die Herausforderung besteht darin, von den internationalen Beispielen zu lernen, ohne zu kopieren. Künftiger Forschungsbedarf besteht besonders bei der Frage der Umsetzung länderspezifischer Regulierungen. Hier ist der Kenntnisstand noch sehr rudimentär.