Forschungsprojekt: Kleinkindbetreuung im deutsch-französischen Vergleich

Das Engagement der Betriebe und lokale Steuerung der Kleinkindbetreuung im deutsch-französischen Vergleich

Projektziel

Die Studie setzt an aktuellen Untersuchungen und Fragestellungen zur Kleinkindbetreuung im deutsch-französischen Vergleich an. Der Fokus liegt auf den Regulierungsstilen auf nationaler und lokaler Ebene und auf dem Ausbalancieren von Angebot und Nachfrage durch eine größere Diversifizierung: betriebliche Betreuung, public-private Partnerschaften und gewinnorientierte Dienstleister.

Projektbeschreibung

Kontext

Die vorliegende Analyse ist eine selbstständige Expertise, die im Rahmen eines Projektes der nationalen französischen Familienkasse (CNAF) zum o.g. Thema mit den Ländern Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien von den Autorinnen erstellt worden ist. Obgleich Deutschland und Frankreich durch unterschiedliche historische Entwicklungen und Leitbilder geprägt sind, ist trotz eines in Frankreich dichteren Dienstleistungsnetzes die Nachfrage nach Betreuungseinrichtungen in beiden Ländern nicht gedeckt. In Frankreich bestehen lokale Disparitäten v.a. zwischen Stadt und Land, in Deutschland zwischen Ost und West. Gesucht wird ein stärkerer Ausbau der Kinderbetreuung durch Diversifizierung der Trägerlandschaft sowie finanzielle und mentale Anreize für Betriebe, sich stärker zu engagieren. Hinsichtlich des Auftretens privater Träger stellt sich die Frage, wie gemeinnützige und öffentlich geförderte Kinderbetreuung auf private Anbieter reagieren.

Fragestellung

Das Projekt geht von den folgenden Fragestellungen aus:

- Stimmt unsere Ausgangsthese, dass Kinderbetreuungspolitik in Deutschland quantitativ und qualitativ eine Nachholbewegung gegenüber Frankreich darstellt?

- In welcher Art und Weise nehmen Unternehmen an der Konfiguration der Betreuungsangebote in beiden Ländern teil?

- Worin liegen die Unterschiede zwischen den Bündnispolitiken der Betriebe und staatlicher Instanzen in beiden Ländern, mit den beiden Hauptakteuren BMFSFJ für Deutschland und den Familienkassen für Frankreich?

- Wie sehen die Strategien der öffentlichen Hand vor Ort in Deutschland aus, um Angebot und Nachfrage sowie die Interessen unterschiedlicher Akteure zu steuern? Wie sehen insbesondere der public-private Mix und die Rolle kommerzieller Dienstleistungsagenturen aus?

Abschließend wird die Frage untersucht, wie im deutsch-französischen Vergleich die Regulierungsstile in der Kleinkindbetreuung aussehen?

Untersuchungsmethoden

Die Studie untersucht auf der Makroebene vergleichend die institutionellen Rahmenbedingungen, den Status quo der Kleinkindbetreuung, die jüngsten Reformen, die Rolle der Sozialpartner und deren Bündnispolitiken. Dieser Teil beruht auf der kritischen Auswertung von Sekundärliteratur und amtlich-öffentlicher Statistik. Es folgen Untersuchungen auf der Mikroebene, zwei Fallstudien in Deutschland zu Frankfurt und Eschborn, leitfadengestützte Interviews und Expertengespräche mit kommunalen Entscheidungsträgern, Gewerkschaften, betriebsnahen Einrichtungen und lokalen Netzwerken. Mit den Interviews zeigen wir zwei kontrastierende Regulierungsstrategien für Deutschland auf. Diese werden mit französischen Fallstudien konfrontiert. Bezugnehmend auf aktuelle wissenschaftliche Literatur werden abschließend wiederum auf der Makroebene spezielle Herausforderungen für Koordinierungsstrategien der öffentlichen Hand herausgearbeitet.

Darstellung der Ergebnisse

- Aus deutscher Sicht wird die quantitative Situation der Kleinkindbetreuung in Frankreich überschätzt.

- In Frankreich engagieren sich die Betriebe traditionell stärker finanziell über Beiträge zur Familienkasse (63% der Einnahmen), weniger über eine aktive Bündnispolitik. Eine Kurskorrektur findet statt, Arbeitgeber bemühen sich um familienfreundliche Betriebe.

- In Deutschland sind Arbeitgeber aktive Bündnispartner des BMFSFJ. Die Legitimität der Arbeitgeber als gleichwertige Partner ist gesellschaftlich akzeptierter als in Frankreich.

- Zwei Pole der Regulierungsstile in Deutschland: einerseits Strategien sozialer Kohäsion. Chancengleichheit des Zugangs durch niederschwellige Angebote. Andererseits top-down-Strategie: Fokus auf Betriebe, kommerzielle Anbieter und berufstätige Eltern - Ziel ist die Chancengleichheit zwischen Männern und Frauen.

- Zwei Regulierungsstile betriebsnaher Kinderbetreuung im deutsch-französischen Vergleich. Frankreich: eine eher geschlossene Regulierung mit Vorgaben der CNAF; Deutschland: eine eher offene Regulierung mit lokalen Varianten. In Deutschland größere Experimentierfreudigkeit, in Frankreich höhere Verantwortung des zentralen Staates.

Projektleitung und -bearbeitung

Projektleitung

Dr. Mechthild Veil
Büro für Sozialpolitik und Geschlechterforschung in Europa

Sophie Rouault

Kontakt

Dr. Eike Windscheid-Profeta
Hans-Böckler-Stiftung
Forschungsförderung