Projektbeschreibung
Kontext
Im Zeichen von "Wissensgesellschaft" und neuen akademischen Abschlüssen gelten duale Berufsausbildung und entsprechende Berufsprofile manchen als Auslaufmodelle. Die Gruppe der Laborantinnen und Laboranten verdient unter diesen Perspektiven besondere Beachtung. Sie galten im gewerblich-technischen Bereich wegen der Wissenschaftsnähe ihrer Tätigkeit als eine Art Elitegruppe, obwohl sie - anders als Facharbeiter und Handwerker - mehrheitlich weiblich sind. Die Bedeutungszunahme abstrakt-kognitiver Wissensbestände, der Bedeutungsverlust praktischer Fertigkeiten und das Angebot eines tiefer angesetzten Akademikerprofils ergeben eine Konstellation, in der die Frage nach der Perspektive von dualer Laborantenausbildung und Laborantenposition durchaus aufgeworfen ist. Die hier vorgelegte Untersuchung versucht Antworten für den Bereich der Chemie- und Pharmaindustrien zu geben.
Fragestellung
- Wie stellen sich Anforderungsprofile der Laborarbeit in Bezug auf fachliche Kenntnisse, berufspraktische Fähigkeiten, sozial-kommunikative Kompetenzen sowie Handlungsspielräume und Entfaltungsmöglichkeiten aktuell dar?
- Lassen sich Verschiebungen im Sinne des Bedeutungsgewinns bzw. des Bedeutungsverlustes bestimmter Kompetenzen oder auch veränderte Formen der Synthese von Erfahrung und Wissen identifizieren?
- Ist eine Vertiefung oder Abschwächung der Arbeitsteilung zwischen Berufsfachkräften und akademisch qualifizierten Beschäftigten festzustellen? Welche Auswirkungen hat in diesem Zusammenhang die Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen für die Besetzung von Positionen, in denen bisher dual ausgebildete LaborantInnen dominiert haben?
- Und schließlich: Lassen sich für die Gruppe der Laborangestellten betriebsinterne Teilarbeitsmärkte identifizieren und inwieweit werden Segmentierungstendenzen durch die betriebliche Rekrutierungs- und Einsatzpolitik verstärkt?
Untersuchungsmethoden
Das Projekt stützt sich auf qualitative Fallstudien in 5 Betrieben in der Chemie- und Pharmaindustrien. Es wurden leitfadengestützte Interviews mit 35 Laborbeschäftigten sowie Expertengespräche mit 22 Vertretern unterschiedlicher relevanter Leitungsfunktionen sowie 8 Betriebsratsmitgliedern geführt. Zusätzlich wurden in 3 Betrieben über eine standardisierte Befragung 153 LabormitarbeiterInnen erfasst.
Darstellung der Ergebnisse
Die berufliche Position von Chemie- und BiologielaborantInnen ist ausgesprochen stabil. Neue Wissensarten, schwindende Bedeutung praktisch-handwerklicher Fertigkeiten, die Intensivierung und Variabilisierung von Projektarbeit verändern das Kompetenzprofil von LaborantInnen, destabilisieren das betreffende Berufs- und Ausbildungsprofil aber nicht. Führungskräfte in Chemie- und Pharmaunternehmen setzen auf duale Ausbildung und LaborantInnen und nicht auf das neue akademische Angebot des Bachelors. Im Rahmen von Innovationsarbeit im Bereich der frühen Forschung und Entwicklung bleiben LaborantInnen als wesentliche Mitträger von Innovation bedeutsam und anerkannt. Allerdings wird auch hier die Möglichkeit für lebenslanges Lernen wichtiger. Unter Druck stehen LabortantInnen durch eine verbreitet als "Ökonomisierung" thematisierte engmaschige Kennziffernsteuerung nach rigiden Vorgaben. Ergebnis sind eine Beschränkung von Eigenständigkeit und "Atemlosigkeit" des Arbeitens. Diese Effekte sind besonders ausgeprägt in marktnahen Entwicklungsbereichen und Servicelaboren. Sie beeinträchtigen die LaborantInnenposition derzeit nicht grundsätzlich, machen aber sozialen Abstützungsbedarf deutlich.