Forschungsprojekt: Steuerfinanzierung versicherungsfremder Leistungen

Gesamtwirtschaftliche und Verteilungseffekte einer Steuerfinanzierung versicherungsfremder Leistungen in der Sozialversicherung

Projektziel

In dem Projekt werden die Höhe der gesellschaftspolitisch erwünschten sog. versicherungsfremden Leistungen bestimmt und mit Hilfe eines makroökonometrischen Modells die gesamtwirtschaftlichen Wirkungen einer stärkeren Steuerfinanzierung dieser Leistungen bestimmt. Die Verteilungseffekte dieser Umfinanzierung werden im dritten Projektteil untersucht.

Projektbeschreibung

Kontext

Den Sozialversicherungen wird von der Politik eine Vielzahl von Leistungen auferlegt, für die keine Äquivalenz zwischen Beitragszahlung und Leistung besteht, die aber teilweise durch Beiträge gedeckt werden müssen. Diese Fehlfinanzierung treibt die Beitragssätze hoch, erhöht die Lohnkosten der Arbeitgeber und reduziert die Nettoeinkommen der Arbeitnehmer. Sachgerechter wäre es, solche Leistungen durch Steuern zu finanzieren und damit auf eine breitere Basis zu stellen. Bei einer geschickten Verlagerung der Finanzierung auf Steuern kann auch eine höhere Verteilungsgerechtigtkeit gewährleistet werden. Ein prominentes Beispiel dafür ist die Finanzierung der Kosten der deutschen Vereinigung, die zu einem großen Teil über die Sozialversicherung erfolgte, obwohl es von Anfang an eine gesamtstaatliche Aufgabe war.

Fragestellung

Unser Sozialversicherungssystem sollte so ausgestaltet sein, dass es auf hohem Niveau der sozialen Absicherung Wachstum und Beschäftigung nicht behindert sondern fördert, angesichts der demographischen Entwicklung auch langfristig finanzierbar bleibt und dem Einzelnen keinen Anreiz bietet, sich den Beitragspflichten zu entziehen. Die Entwicklung der letzten 15 Jahre und insbesondere die Art der Finanzierung der deutschen Einheit dürfte dieser Zielerreichung geschadet haben. Die entscheidende Frage lautet: Lassen sich mit einer stärkeren Steuerfinanzierung in der Sozialversicherung Wachstum und Beschäftigung fördern und gleichzeitig Ziele einer sozial ausgewogenen Einkommensverteilung erreichen.

Untersuchungsmethoden

In dem Projekt werden verschiedene Untersuchungsmethoden eingesetzt. Im ersten Teil werden anhand von Kriterien sog. versicherungsfremde Leistungen in der Sozialversicherung bestimmt. Hier gibt es allerdings auch Spielraum je nach Abgrenzung. Die wesentliche Untersuchungsmethode besteht im Einsatz eines gesamtwirtschaftlichen ökonometrischen Modells von Deutschland. Mit Hilfe dieses Modells können hypothetische Situationen simuliert und gegenseitig verglichen werden. Anhand der Differenz dieser Simulationsergebnisse lassen sich die Effekte von ganz bestimmten Maßnahmen - z.B. eine Senkung der Beitragssätze zur Sozialversicherung und gleichzeitige Erhöhung bestimmter Steuern - bestimmen. Die dritte Untersuchungsmethode besteht in der Auswertung von Ergebnissen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, mit deren Hilfe die Einkommensverteilungseffekte bestimmter Maßnahmen auf unterschiedliche sozio-ökonomische Gruppen untersucht werden.

Darstellung der Ergebnisse

Gemäß den Modellergebnissen würde eine MWSt-Erhöhung des Vollsatzes um 2 Prozentpunkte und die gleichzeitige Senkung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung um ebenfalls 2 Prozentpunkte das reale Bruttosozialprodukt mittelfristig um bis zu einen halben Prozentpunkt und das Beschäftigungsniveau um einen dreiviertel Prozentpunkt erhöhen. Die realen Nettolöhne pro sozialversicherungspflichtig Beschäftigten steigen aufgrund der Umfinanzierung um zusätzlich ein bis eineinhalb Prozent. Das Preisniveau erhöht sich dabei gleichzeitig um rund einen halben Prozentpunkt. Mit einer Erhöhung der Lohn- und Einkommensteuern als Gegenfinanzierung lassen sich unerwünschte Preiseffekte vermeiden und politisch erwünschte Verteilungseffekte leichter erreichen. Von einer Erhöhung der Vermögens/Erbschaftssteuern und gleichzeitigen Senkung der Beitragssätze zur SV sind grundsätzlich auch deutliche Wachstums- und Beschäftigungseffekte zu erwarten.

Projektleitung und -bearbeitung

Projektleitung

Prof. Dr. Gustav-Adolf Horn
Institut für Makroökonomie u. Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung
Wissenschaftlicher Direktor IMK

Dr. Volker Meinhardt

Dr. Rudolf Zwiener
Institut für Makroökonomie u. Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung

Kontakt

Dr. Eike Windscheid-Profeta
Hans-Böckler-Stiftung
Forschungsförderung