Projektbeschreibung
Kontext
Rationalisierung, Outsourcing und Standortverlagerung kennzeichnen zunehmend die Situation in den Unternehmen. Eingewoben in diese Entwicklung greifen Unternehmen immer wieder auf Strategien der Entlassung und Lohnsenkung zurück. Maßgaben sind Kostensenkung und Produktivitätssteigerung. Doch vielfach werden diese Ziele nicht erreicht. Eine Erklärung dafür sind negative Reaktionen der Beschäftigten (oder auch der Kunden). Vielfach sind Erwerbspersonen nicht bereit, die Primärlogik eines gewinnorientierten Unternehmenshandelns und damit ihre Anpassung an Flexibilisierung von Arbeitszeiten, -orten, Löhnen und Beschäftigungsverhältnissen bedingungslos mit zu vollziehen. Neuere Untersuchungen aus den USA zeigen, dass eine Übertragung unternehmerischer Risiken von Erwerbspersonen als nicht gerecht empfunden wird. In Deutschland bestehen hierüber bisher keine repräsentativen empirischen Erkenntnisse.
Fragestellung
Ziel des Projektes war es, einen substanziellen Beitrag zur Diskussion um die Sicherheit und Gerechtigkeit von Beschäftigungsverhältnissen in Deutschland zu leisten. Die maßgebliche Fragestellung des Projektes lautet: Unter welchen Umständen werden Lohnkürzungen und Entlassungen von der Bevölkerung in Deutschland als gerecht empfunden und wann widersprechen sie den Gerechtigkeitsvorstellungen? Zudem wird gefragt: Lassen sich Negativreaktionen der Beschäftigten in den Betrieben nachweisen?
Untersuchungsmethoden
Im Rahmen einer repräsentativen telefonischen Befragung von etwa 3000 west- und ostdeutschen Personen wurde anhand verschiedener hypothetischer Szenarien und Gerechtigkeitsstatements sowie eigener Gerechtigkeitserfahrungen ermittelt, ob und unter welchen Umständen betriebliche Lohnkürzungen und Entlassungen als (un-)gerecht angesehen werden. Untersucht werden dabei Reziprozitätserwartungen sowie Standards der Verteilungs- und Verfahrensgerechtigkeit. Diese sind in impliziten Verträgen zwischen Erwerbstätigen und Unternehmensleitungen verankert, wobei sie die Gerechtigkeitswahrnehmung von unternehmerischen Handlungen beeinflussen und positive oder negative Folgereaktionen auslösen können.
Darstellung der Ergebnisse
1. Die Mehrheit der Arbeitnehmer (58%) in Deutschland hat direkt oder indirekt betriebsbedingte Entlassungen erfahren. Rund 30% der Arbeitnehmer halten es für wahrscheinlich, dass sie in naher Zukunft arbeitslos werden.
2. Arbeitnehmer erwarten, dass Beschäftigungsverhältnisse gegen die Risiken der Marktwirtschaft geschützt werden. Für 98% der Arbeitnehmer zählt Arbeitsplatzsicherheit zu den (sehr) wichtigen Arbeitgeberleistungen. So treten drei Viertel (74%) der Befragten für den Erhalt oder den Ausbau des Kündigungsschutzes ein.
3. Insbesondere ein als fair empfundenes Verfahren bestimmt das Urteil der Befragten. Ein Bruch der Erwartungen der Beschäftigten an ihre Arbeitgeber hat negative Folgen für die Unternehmen. Bei jenen Arbeitnehmern, die in den letzten fünf Jahren eine Entlassungswelle erlebt haben, aber weiterbeschäftigt sind, beobachteten in etwa ein Drittel negative Folgen u.a. für die Zusammenarbeit mit dem Vorgesetzten, die Arbeitsmotivation und die Fluktuation.