Projektbeschreibung
Kontext
Seit Mitte der 80er Jahre sahen sich die Kommunen als Sozialhilfeträger durch die Zunahme von arbeitslosigkeitsbedingter Sozialhilfebedürftigkeit mit der Notwendigkeit konfrontiert, eigene arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitische Initiativen zu entwickeln. Damit konstituierte sich gemeinsam mit und parallel zu den Aktivitäten der Bundesanstalt für Arbeit ein "zweiter Arbeitsmarkt", in dem die Kommunen im Unterschied zur "aktiven Arbeitsmarktpolitik" der Arbeitsverwaltung nicht selten Beschäftigung und/oder Qualifizierung mit sozialpädagogischer Hilfe kombinierten. Inzwischen konzentriert sich vielerorts die Förderung in diesem Feld stark auf eine unmittelbare Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt. Entsprechend gewinnen Konzepte, die auf eine individuell ausgerichtete Aktivierung von HilfeempfängerInnen setzen, um sie an den ersten Arbeitsmarkt heranzuführen und zu (re-)integrieren, in den Diskussionen an Popularität.
Fragestellung
Das Projekt verfolgt zwei Ziele: Zunächst geht es darum, den aktuellen Stand der Einführung aktivierender Instrumente in Deutschland im Hinblick auf die verschiedenen Handlungsformen zu beschreiben, wie auch in Bezug auf die Rahmenbedingungen ihres Einsatzes, von der Veränderung von Organisationsstrukturen über die Entwicklung neuer Arbeitsplatzprofile bei den MitarbeiterInnen bis hin zu veränderten Kooperationsformen zwischen den Partnern in der Wohlfahrtsproduktion.
Aus dieser Überblicksdarstellung werden verschiedene Typen von Handlungskonzepten generiert. In der Analyse der verschiedenen Typen wird der Frage nachgegangen, welche Reformtiefe des Einsatzes aktivierender Instrumente empirisch festzustellen ist. Bedeutet der Einsatz von Case Management bzw. anderer Instrumente eine Innovation auf der Methodenebene oder sind damit weiter reichende Veränderungen impliziert? Verändern sich auch institutionelle Arrangements, wenn ja, in welche Richtung?
Untersuchungsmethoden
Das Projekt gliedert sich in zwei methodisch aufeinander aufbauende Teile. Zunächst werden alle kreisfreien Städte sowie ausgewählte Delegationsgemeinden mit Hilfe eines Fragebogens zu ihren sozialstrukturellen Bedingungen und den kommunalen Reformstrategien befragt. Die aus den Ergebnissen der quantitativen Befragung generierten Typen kommunaler Handlungskonzepte werden anschließend in vier Fallstudien genauer beobachtet. Als Herangehensweise wurden Leitfaden gestützte Experteninterviews, nicht teilnehmende Beobachtungen von Beratungssitzungen sowie sekundärstatistische Auswertungen schriftlicher Materialien gewählt. Die Studien wurden anschließend untereinander verglichen und abschließend die vorgefundenen Konzepte zu den neuen Rahmenbedingungen im SGB II ins Verhältnis gesetzt.
Darstellung der Ergebnisse
Die Reformbestrebungen in den Kommunen sind insgesamt davon geprägt, dass aufgrund des doppelten gesetzlichen Auftrags in der Sozialverwaltung (Versorgung/Aktivierung) keine klare Leitvorstellung formuliert wird, wenngleich den paradigmatischen Vorgaben des Vorrangs der persönlichen Hilfe gegenüber der materiellen Hilfe häufig versucht wird nachzukommen. Dies schlägt sich organisatorisch darin nieder, dass die Umsetzungen lediglich partiell implementiert werden (Eingliederungsmanagement statt bedarfsorientiertem Case Management) und sich professionelle Leerstellen aufgrund fehlender fachlicher Standards ergeben, die die rechtlichen Standards des BSHG ersetzen könnten. Für all diese Inkonsistenzen innerhalb der Reformen bietet der Gesetzgeber für die Zukunft keinerlei Orientierung. Vielmehr fallen die angedachten Konzepte in weiten Teilen hinter die vorhandenen kommunalen Reformstrategien im Vorfeld des SGB II zurück.