Projektbeschreibung
Kontext
Die Erfassung des Verbreitungsgrads transnationaler Unternehmensvereinbarungen beruht insbesondere auf Bestandslisten der EU-Kommission und der transnationalen Gewerkschaftsverbände. Diese sind aber bislang weder systematisch ausgewertet noch auf ihre Verlässlichkeit hinsichtlich der Vollständigkeit der Bestandsdaten überprüft worden. Zugleich sind in diesen Listen nur formale Vereinbarungen, nicht aber bewusst unterhalb formaler Vereinbarungen gehaltene transnationale Absprachen (Handschlagsvereinbarungen, in Sitzungsprotokollen/Protokollnotizen festgehaltene Verabredungen) erfasst. Verlässliche Zahlen zu Verbreitungsgrad, Charakteristika und Entwicklungspotenzialen einer transnationalen Vereinbarungs- und Absprachenpolitik sind aber für die betriebspolitische Praxis ebenso relevant wie für die einschlägige Forschung.
Fragestellung
Die Untersuchung hatte das Ziel, vertiefte empirische Erkenntnisse über den Entwicklungsstand und die möglichen Wachstumsprozesse einer transnationalen Vereinbarungs- und Absprachenpolitik im Metallsektor zu gewinnen. Im Einzelnen umfasste dies folgende Fragen: 1) die Frage des Verbreitungsgrads und der Charakteristika einer transnationalen (förmlich-vertraglichen) Vereinbarungspolitik (verbunden mit der Frage der Vollständigkeit und Verlässlichkeit verfügbarer Bestandsdaten transnationaler Vereinbarungen), 2) die Frage des Verbreitungsgrads und der Charakteristika einer transnationalen (informellen) Absprachenpolitik, 3) die Frage des zukünftigen Entwicklungspotenzials einer transnationalen Vereinbarungs- und Absprachenpolitik.
Untersuchungsmethoden
Methodisch basierte die Untersuchung auf einer breit angelegten Telefonbefragung und der sekundäranalytischen Auswertung anderweitig erhobener Daten. Auf der Grundlage eines teilstandardisierten Fragebogens wurden Telefoninterviews mit Repräsentanten Europäischer Betriebsräte (EBR) aus insgesamt 82 Unternehmen des Metallsektors geführt. Zur sekundäranalytischen Auswertung wurden die EBR-Datenbestände des Europäischen Metallgewerkschaftsbunds (EMB) und der IG Metall, die Bestandsdaten zu transnationalen Unternehmensvereinbarungen der EU-Kommission und vorangegangene eigene Erhebungen herangezogen.
Darstellung der Ergebnisse
- Nach vorsichtiger Schätzung lässt unsere Untersuchung den Schluss zu, dass in etwa 12-15% der Unternehmen der europäischen Metallindustrie bereits transnationale Vereinbarungen abgeschlossen wurden.
- Eine Dunkelziffer bestehender europäischer Vereinbarungen konnte nachgewiesen werden; sie liegt aber unterhalb einer Größenordnung, die die Aussagekraft der öffentlich gelisteten Vereinbarungen grundsätzlich in Frage stellen würde.
- Die Umfrageergebnisse legen den Schluss nahe, dass die Zahl der Unternehmen, in denen in den kommenden Jahren transnationale Vereinbarungen abgeschlossen werden, graduell zunehmen, aber nicht im Sinne einer exponentiellen Wachstumsdynamik ansteigen wird.
- In unserer Erhebung wurde erstmals der empirische Nachweis für die Relevanz einer Absprachenpolitik von Europäischen Betriebsräten erbracht. In etwa einem Viertel der Unternehmen unseres Untersuchungssamples haben Europäische Betriebsräte Absprachen mit dem europäischen Unternehmensmanagement getroffen, die unterhalb formaler, schriftlich fixierter Vereinbarungen angesiedelt sind.