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Magazin Mitbestimmung

Rätselhaftes Fundstück: Zustände wie im Bürgerkrieg

Ausgabe 02/2016

In den USA legen sich 1914 Arbeiter mit den Minenbesitzern an. Die Nationalgarde greift ein. Das Foto ist das Dokument einer Tragödie, die Menschenleben kostet. Von Marc von Lüpke

Verbrannte Bettgestelle, ausgeglühte Öfen und Waschzuber aus Blech zeugen von dem Drama, das sich in der Ludlow Tent Colony abgespielt hat, einer Bergarbeiter-Zeltstadt im kohlereichen Süden des US-Bundesstaates Colorado. Im Jahr 1914 herrschen hier Zustände wie in einem Bürgerkrieg. Tausende Bergarbeiter, meist Einwanderer, befinden sich im Ausstand. Seit Monaten. Von der Minengesellschaft aus den Werkssiedlungen ausgesperrt, müssen sie in Zeltstädten wie hier neben dem Güterbahnhof leben. Ihre Gewerkschaft, die United Mine Workers of America (UMWA), hat die Behelfsunterkünfte auf gepachtetem Privatland aufgestellt. Für Hunderte Männer, Frauen und Kinder ist die Ludlow Tent Colony ihr Zuhause. 

Der 20. April wird zur Katastrophe. In den Morgenstunden kommt es zu einem Feuergefecht zwischen den Streikenden, von denen einige mit Jagdwaffen ausgerüstet sind, und Nationalgardisten, die das Lager mit zwei Maschinengewehren beharken. Nur die primitiven Kellergruben der Zeltstadt sind jetzt kugelsicher. Als Eisenbahner den Zug, der die Soldaten hergebracht hat, zwischen den Maschinengewehren und der Zeltstadt in Stellung bringen, nutzen die meisten Einwohner die Gelegenheit zur Flucht. Die Gardisten plündern das Lager, setzen alle Zelte in Brand. Doch es halten sich noch Menschen versteckt. In einem der Grubenkeller ersticken im Feuer elf Kinder und zwei Frauen, die hier Schutz gesucht haben. Das Land steht unter Schock, als sich die Nachricht verbreitet. 

Am Ende des Tages sind über 20 Tote zu beklagen, darunter auch drei Wachleute der Mine und ein Angehöriger der Nationalgarde. Zeugen berichten, dass die Milizen einen wehrlosen Streikführer kurzerhand hingerichtet haben. Spätestens jetzt herrscht der Ausnahmezustand. Erzürnte Bergarbeiter brandschatzen die nahe gelegene Ortschaft Forbes. Schließlich entsendet Präsident Woodrow Wilson die reguläre Armee. Über 70 Tote fordert der Konflikt. 

Vor allem für einen gerechten Stundenlohn ist die Gewerkschaft UMWA in den Ausstand getreten. Bislang hat der millionenschwere John D. Rockefeller Jr. als Haupteigentümer der Minengesellschaft die Männer allein für die abgelieferte Menge an Kohle bezahlt. Für andere Arbeiten, wie die lebenswichtige Sicherung der Stollen, gab es keinen Cent. Selbst nach dem Massaker von Ludlow verweigert Rockefeller das Gespräch mit der UMWA. Ende 1914 gibt die fast bankrotte Gewerkschaft auf. In Gerichtsprozessen müssen sich anschließend Dutzende Streikführer verantworten. Rockefeller engagiert einen PR-Berater. Die Morde von Ludlow aber bleiben ungesühnt.

Rätselfragen

In welchem US-Bundesstaat kam es 1859 zum ersten großen Ölrausch?

Als US-Präsident führte Woodrow Wilson die Rassentrennung wieder ein. Wann wurde diese diskriminierende Maßnahme in den Vereinigten Staaten endgültig abgeschafft? 

Wie heißt der 1913 von John D. Rockefeller erbaute Sitz der Familie nahe New York?

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Auflösung der Rätselfragen 1/2016

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Drechsler

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