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Magazin Mitbestimmung

: Zur Sache

Ausgabe 12/2011

Marion Weckes über Kriterien für Vergütungsberichte

Marion Weckes leitet ein Wirtschaftsreferat in der Hans-Böckler-Stiftung/Foto: privat

Es war eine freundliche Nachfrage des Aufsichtsratsvorsitzenden eines DAX-30-Unternehmens: Auf welcher Datengrundlage die Auswertung über die Kriterien der Vorstandsvergütung, die die Hans-Böckler-Stiftung in Auftrag gegeben hat, denn fußen würde? Kurz davor war die Studie der Unternehmensberatung Wilke, Maack und Partner erschienen, die die Vergütungsberichte der DAX-30-Unternehmen untersucht hat. Ziel war es, zu prüfen, ob das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung – kurz VorstAG – aus dem Jahr 2009 eine Änderung der Vergütungspraxis bewirkt hat. Das Gesetz bestimmt, dass sich die Vergütung auch an Kriterien einer nachhaltigen Unternehmensentwicklung zu orientieren hat. Der Anrufer erklärte, auch sein Unternehmen würde zur Beurteilung und Entlohnung seiner Vorstände diverse Nachhaltigkeitskriterien heranziehen. Er wunderte sich, dass es in der Auswertung nicht positiv erwähnt wurde.

Die Ursache war, dass sein Unternehmen diese Kriterien im Vergütungsbericht nicht erwähnte. Die Qualität der Berichte könnte also besser sein – und das liegt auch an unzureichenden Vorgaben. Obwohl die Berichte teilweise sehr umfangreich sind, ist der Informationsgehalt oft nicht sehr hoch. Zudem sind die Berichte wegen fehlender Standards oft nur schwer vergleichbar. Viele relevante Informationen werden im Fließtext der Berichte versteckt – im Tabellenteil fehlen sie. Die Beschreibungen sind oft sehr dürftig. So wird etwa erwähnt, dass die Mitarbeiterzufriedenheit als Kriterium in die Vergütung einfließt – in welchem Maße das der Fall ist, wie die Zufriedenheit der Mitarbeiter erhoben und bewertet wird, dazu findet sich nichts. Dennoch lässt die Studie, die wir in Auftrag gegeben haben, positive Bewegungen erkennen. Sie zeigt, dass viele Verträge neu strukturiert wurden, obwohl dies rein rechtlich noch gar nicht notwendig gewesen wäre. Die Vergütungssysteme entsprechen insgesamt den Vorgaben des VorstAG. So hat jedes DAX-30-Unternehmen eine Begrenzung der variablen Vergütung – einen sogenannten Cap – eingeführt. Die langfristig ausgerichteten Vergütungsbestandteile wurden durch Sperrfristen und längere Bemessungszeiträume verlängert. Die jahresbezogenen Boni sind teils durch Bonus-Malus-Systeme verändert worden.

Das sind gute Ansätze. Doch die vom Gesetz geforderte Ausrichtung an einer nachhaltigen Unternehmensentwicklung wurde zum größten Teil nur insofern umgesetzt, als dass jetzt wirtschaftliche Kennziffern über mehrere Jahre betrachtet werden. Aber Nachhaltigkeit meint mehr. Eine wirklich nachhaltige Unternehmenspolitik muss sämtliche Ressourcen schonen. Dabei sind soziale Aspekte wie die Mitarbeiter-, Kunden- und Anwohnerzufriedenheit, ökologische Aspekte wie Klima-, Gewässer- und Naturschutz sowie ökonomische Aspekte, zum Beispiel die Kundenbindung, die Lieferantentreue und die Mitarbeiterentwicklung, gleichwertig zu betrachten. Dies verdeutlicht auch der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK), an den sich alle börsennotierten – also auch die untersuchten – Kapitalgesellschaften halten müssen. Der DCGK definiert „nachhaltige Wertschöpfung“ als Ausrichtung an den Interessen der Stakeholder. Doch nur sieben der DAX-30-Unternehmen dokumentieren ökologische oder soziale Bemessungskriterien innerhalb der Vorstandsvergütung. Dies lässt darauf schließen, dass an- spruchsvolle Konzepte von Nachhaltigkeit bei der Vorstandsvergütung noch nicht Einzug gehalten haben. Wir brauchen genauere Vorgaben, um in der Praxis mehr zu bewirken. Zwar hat das Deutsche Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) letztes Jahr konkretisiert, wie die Berichte zur Vergütung erfolgen sollen, dies war jedoch nicht hinreichend. Nach wie vor gibt es keine Vorgabe zum tabellarischen Ausweis. Dabei wird dieser zukünftig noch wichtiger, weil Vergütungsbestandteile nicht mehr nur aus dem abgelaufenen Geschäftsjahr, sondern aufgrund der neuen Verträge aus den vergangenen zwei, drei oder vier Jahren berechnet werden. Dies ist wünschenswert – doch haben mittlerweile selbst Experten Probleme, die Vergütungsberichte zu verstehen. Eine genaue Zuordnung der Boni zum relevanten Jahr vorzunehmen ist zukünftig fast unmöglich. Hier ist der DRSC gefordert, neue Vorgaben zu machen. Bis dahin muss der Aufsichtsrat verstärkt darauf achten, dass die Vergütungsberichte auch transparent, eindeutig und verständlich sind.

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