: Zukunftsperspektiven für die Automobilzulieferindustrie - Innovation, Wachstum und Beschäftigung
Rede von Bertold Huber, zweiter Vorsitzender der IG Metall auf der gemeinsamen Konferenz von Hans-Böckler-Stiftung, IG Metall und IGBCE am 14. Juni 2007 in Berlin
Liebe Heide Pfarr, sehr geehrter Herr Wissmann, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
die Automobilindustrie ist die wichtigste industrielle Schlüsselbranche in Deutschland. Und damit natürlich auch für die IG Metall und die IG BCE. Mit einem Handelsbilanzüberschuss von nahezu 100 Milliarden Euro macht der Automobilsektor über drei Viertel des gesamten deutschen Handelsbilanzsaldos aus. Mit 17 Milliarden Euro entfallen über ein Drittel aller Aufwendungen für Forschung und Entwicklung in der deutschen Industrie auf diese Branche.
Mit jährlich über 3.600 Patenten liegt der deutsche Automobilsektor weltweit an der Spitze. Der stetig steigende Akademikeranteil macht inzwischen 11 Prozent der Beschäftigten aus. Insgesamt sind über 110.000 Arbeitsplätze zwischen 1995 und 2005 in der deutschen Automobilindustrie neu geschaffen worden. 78.000 davon entfallen auf die Zulieferindustrie, 33.000 auf den Bereich der Hersteller. Damit ist die Automobilzulieferindustrie der Job-Motor der Branche.
Im gleichen Zeitraum hat die deutsche Autoindustrie zusätzlich weitere 160.000 Arbeitsplätze alleine in Osteuropa geschaffen. Dies zeigt, die starke Globalisierung - vor allem Europäisierung - der Branche seit Mitte der 90er Jahre hat sich bislang nicht negativ im Inland ausgewirkt. Von einem dramatischen Abbau der Arbeitsplätze und der Flucht der Unternehmen ins Ausland zu reden, ist falsch.
Allerdings ist 2006 die Beschäftigtenzahl gegenüber 2005 um über 16.000 gesunken. Maßgeblich hat der Beschäftigungsabbau bei den Herstellern stattgefunden. Zum ersten Mal ist aber auch in der Zulieferindustrie die Zahl der Arbeitsplätze leicht zurückgegangen. Das ist ein Alarmzeichen! Gerade vor diesem Hintergrund appellieren die IG BCE und die IG Metall an alle Akteure in diesem Industriesektor: Lassen Sie uns eine gemeinsame Offensive starten! Wir wollen die Innovationsführerschaft ausbauen, die deutschen Standorte sichern und wieder eine positive Beschäftigungsentwicklung in Gang setzen.
Die Voraussetzungen dafür sind vorhanden:
- die Wettbewerbsbedingungen der Automobilindustrie haben sich in den letzten Jahren deutlich verbessert, wenn man Kennziffern wie Lohnstückkosten, Produktivität und Standortqualität betrachtet.
- Deutschland wird deshalb als Standort immer attraktiver. Auch 76 Prozent der Autozulieferer erklären in einer Studie von Ernst & Young aus dem Jahr 2006, die Produktion hier konstant halten, oder sogar auszuweiten zu wollen.
- die Konjunktur läuft positiv. Allerdings hat die Mehrwertsteuererhöhung einen beträchtlichen Anteil an Kaufkraft abgeschöpft. Das wirkt sich auf die Inlandsnachfrage bei Automobilen aus. Umso notwendiger ist es gewesen, dass wir mit unseren Tarifabschlüssen für einen Zuwachs an Kaufkraft gesorgt haben.
- und last but not least: wir haben den Dialog mit dem VDA in den letzten Monaten auf einem sachlichen und konstruktiven Niveau wieder aufgenommen. Wir hoffen, verehrter Herr Wissmann, dass wir diesen Dialog im Sinne der gemeinsamen Verantwortung für diese Branche mit Ihnen fortsetzen und auch zu gemeinsamen Initiativen kommen können.
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
wir dürfen uns auf diesen positiven Entwicklungen nicht ausruhen. Sondern müssen sie nutzen, um die enormen Potentiale der deutschen Standorte zu erschließen, die Rahmenbedingungen deutlich zu verbessern und die Innovationshemmnisse zu beseitigen. Ganz besonders für die Zulieferindustrie. Sie ist gegenüber ihrer wirklichen Bedeutung in der öffentlichen Wahrnehmung völlig unterbewertet.
In der offiziellen Statistik herrscht bei der Beschäftigung etwa Gleichstand: 329.000 Menschen arbeiteten in 2006 bei den Herstellern und 321.000 bei den Zulieferern. Aber etwa 78 Prozent der Wertschöpfung wird von den Zulieferern geleistet - mit steigender Tendenz - und nur 22 Prozent von den Herstellern. Und das Fraunhofer Institut ISI hat in einer Untersuchung festgestellt, dass der tatsächliche direkte Beschäftigungsanteil der Zulieferindustrie mit rund einer Million dreimal so hoch ist wie bisher angenommen.
Die wachstumsintensive Zulieferbranche ist sehr heterogen. Die Gruppe der Automobilzulieferer reicht von Kleinstunternehmen bis zu global operierenden Konzernen, deren Umsatzvolumen an das einzelner Hersteller heranreicht. Zudem differenziert sich die Branche sehr stark je nach Markt- und Produktstrategie.
Die jährliche Aufstellung der Industriekreditbank liefert einige Indizien über aktuelle Entwicklungstendenzen: seit mehreren Jahren sind insbesondere mittelständische Zulieferer mit einem Umsatzvolumen von 40 bis 100 Millionen Euro stark vom Rückgang der Umsatzrendite betroffen. Die Gewinner waren dagegen Zulieferer mit einem Umsatzvolumen von 100 bis 500 Millionen Euro. Alarmierend ist die rückläufige Investitionsquote vieler Zulieferer. Sie ist in der Zuliefergruppe von 100 bis 500 Mio. Euro Umsatz alleine zwischen 2005 und 2006 von 7,5 auf 6 Prozent gefallen. Offenbar ist ein relevanter Teil der Unternehmen nicht mehr in der Lage, erforderliche Investitionen zu schultern.
Es ist paradox: auf der einen Seite bestehen in den nächsten acht Jahren die größten Wachstumschancen für die deutsche und europäische Autozulieferindustrie, die es je gab. Insbesondere bei technologiegetriebenen neuen Modulen und Komponenten. Laut der Studie "FAST 2015" von Fraunhofer Gesellschaft und Mercer wird sich der Investitionsbedarf bei den Zulieferern bis zum Jahr 2015 verdoppeln und eine zusätzliche Wertschöpfung von 280 Mrd. Euro ermöglichen - auf dann 700 Milliarden Euro pro Jahr. Auf der anderen Seite fehlen oft die finanziellen Ressourcen, um an diesem Wachstum teilhaben zu können.
Das hat vielfältige Ursachen: sie reichen vom härter werdenden globalen Wettbewerb, dem Kosten- und Preisdruck der Hersteller, über den Anstieg der Materialpreise bis hin zum Verhalten von Banken und Finanzinvestoren. Zudem hat sich der Wettbewerb durch global agierende Zulieferkonzerne dramatisch verschärft. Mit neuen Zulieferwerken, insbesondere in Mittel- und Osteuropa, wird enormer Druck auf die hiesigen Standorte ausgeübt. Hinzu kommen stark gestiegene Materialpreise, die nur von wenigen Kunden bei der Preisgestaltung berücksichtigt werden und viele Zulieferer in Zahlungsprobleme bringen.
Gleichzeitig steigt der Preisdruck und die Abwälzung von Risiken durch die Mehrzahl der Abnehmer kontinuierlich an. Von den Zulieferern wird ein immer größeres Leistungsspektrum abverlangt. Hundert Prozent Qualität sind heute Standard. Entwicklungsvorleistungen werden erwartet, aber nicht adäquat entgolten. Nur wenige in der Branche gehen partnerschaftlich mit ihren Lieferanten um. Sie haben nicht Preisreduzierungen an erster Stelle der Forderungen gesetzt, sondern Qualität und Innovationsfähigkeit.
Eine Reihe von Herstellern verlangen neben den jährlichen Preissenkungen dagegen immer neue Zugeständnisse: sehr beliebt sind Einstiegszahlungen - teilweise in Millionenhöhe - ohne die man keinen Vertrag bekommt. Ähnliche Praktiken existieren bei der Vergabe von Nachfolgeaufträgen. Gerade in den letzten Wochen sind Fälle bekannt geworden, wo vertraglich vereinbarte Preise einseitig gekürzt wurden und diese Beträge einfach einbehalten werden. Der Zulieferer kann entweder zähneknirschend akzeptieren, oder verhängt einen Lieferstopp. Allerdings ist er dann in der Regel die längste Zeit Lieferant gewesen!
Einige Hersteller sind sogar dazu übergegangen, einen definierten Anteil des Lieferbezuges aus Niedriglohnländern zu verlangen. Dabei legen sie die entsprechenden Preisabschläge gleich zugrunde. Sie verlangen das auch dann, wenn der Zulieferer dieses Auslandsengagement für nicht sinnvoll oder zu riskant hält.
Hier wird Marktmacht zur Erpressung eingesetzt, oder eindeutig Vertragsbruch begangen. Es ist nicht hinnehmbar, dass von einigen Herstellern derart in die Unternehmensentscheidungen selbstständiger Firmen eingegriffen wird und Verträge keine verlässliche Handlungsgrundlage mehr darstellen! Als erste Gegenmaßnahme müssen wir die "Mauer des Schweigens", die um solche Vorgänge gezogen wird, unbedingt brechen. Diese skandalösen Praktiken müssen zu einem öffentlichen Thema werden - und selbstverständlich Konsequenzen nach sich ziehen!
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
die schwierige finanzielle Situation vieler Zulieferer - vor allem dem Mittelstand fehlt es an Kapital - liegt nicht nur am Preisdruck der Abnehmer. Auch die Banken gehen seit "Basel II" noch restriktiver mit der Kreditvergabe um. Einer Studie der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zufolge sind im Jahr 2005 gut die Hälfte aller Mittelständler, unter ihnen viele Autozulieferer, bei Verhandlungen über einen Investitionskredit gescheitert. Dadurch sind der Studie zufolge 24 Milliarden Euro an Investitionsleistung unterblieben.
Ganz andere Risken ergeben sich aus den Geschäftspraktiken vieler Finanzinvestoren, die auch im Zulieferbereich massiv auftauchen. Private Equity-Gesellschaften versuchen hohe Renditen von jährlich über 20 Prozent zu erzielen. Zudem steigen sie oft nach vier bis fünf Jahren wieder aus dem Unternehmen aus - zu einem höheren Kaufpreis versteht sich. Für diese Ziele mobilisieren sie alle Möglichkeiten, von Rationalisierungspotentialen in der Produktion über Lohnsenkung bei den Beschäftigten bis hin zum Verkauf vermeintlich nicht mehr gebrauchter Vermögensgegenstände.
Zurück bleibt in der Regel ein verschuldetes oder zerschlagenes Unternehmen mit einer demotivierten Belegschaft. Einigen deutschen Automobilzulieferunternehmen, in die Private Equity-Fonds eingestiegen waren, geht es extrem schlecht, beispielsweise Honsel, TMD und Kiekert.
Hedge Fonds verfolgen ähnliche Ziele, gehen jedoch mit den Firmen wesentlich aggressiver um als Private Equity-Gesellschaften, wie der Fall des Automobilzulieferers Schefenacker zeigt. Dort hatten Hedge Fonds Kredite des Unternehmens aufgekauft und extrem hohe Zinsen verlangt. Sie haben so die Krise verschärft und die Firma an den Rand der Insolvenz getrieben.
Über politischen Druck im Aufsichtsrat und die Mobilisierung der Mitgliedschaft ist es in einigen Betrieben gelungen, die Finanzinvestoren zu "zivilisieren". Das funktioniert aber nur dort, wo wir stark und gut organisiert sind. Zum Schutz der Belegschaften und zu langfristigen Zukunftssicherung brauchen wir darüber hinaus dringend eine Erweiterung des gesetzlichen Anspruchs auf Unterrichtung und Beteiligung des Betriebsrates in diesen wichtigen Fragen.
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
zusammengefasst muss man feststellen: die eigentlich guten langfristigen Zukunftschancen von Unternehmen, Standorten und Belegschaften der Zulieferer werden häufig fahrlässig verspielt. Und zwar durch die kurzfristige Orientierung auf Gewinnabschöpfung und höchste Renditen! In vielen Fällen wird mit einer beispiellosen Gier heute das konsumiert, was eigentlich als Investition in die Zukunft notwendig wäre! Die Zeche für diese verfehlte Politik zahlen vor allem die Belegschaften, an die dieser gewaltige Druck unmittelbar weiter gereicht wird. Wir müssen diese Abwärtsspirale durchbrechen!
Für Betriebe und Unternehmen in schwierigen Situationen hat die IG Metall flexible tarifpolitische Instrumente geschaffen. Zuletzt haben wir dafür 2004 die Tarifvereinbarung von Pforzheim abgeschlossen. Er ermöglicht, dass unter definierten Bedingungen und bei klar geregelten Gegenleistungen befristet vom Tarifvertrag abgewichen werden kann. Wir haben seit Anfang 2004 viele solcher Vereinbarungen abgeschlossen.
Aber ich füge hinzu: ein Tarifvertrag ist ein Tarifvertrag und kein Selbstbedienungsladen! Wir lassen nicht zu, dass dieses wichtige flexible Instrument missbraucht wird, um auf Kosten der Beschäftigten ein ruinöse Unternehmenspolitik zu ermöglichen, die ausschließlich auf kurzfristige Renditesteigerungen setzt. Gerade die mittelständischen Zulieferer werden hier ebenso verlieren wie die Beschäftigen. Die Devise darf nicht heißen "Sau-, sau- saubillig und noch viel mehr", sondern "Besser statt billiger!"
in diesem Sinn schlagen wir auf dieser Konferenz von IG Metall und IG BCE ein Vier-Punkte-Programm vor, dass es gemeinsam umzusetzen gilt:
1. Wir brauchen verbesserte Finanzierungsgrundlagen für Innovation und Wachstum
Innovationsbereitschaft wird derzeit weder belohnt, noch ausreichend gefördert. Das muss sich dringend ändern. Die Steuerpolitik bestraft derzeit den Mittelständler, wenn er einbehaltene Gewinne reinvestiert. Deshalb muss Eigenkapitalbildung steuerlich gefördert werden.
Die Bundesregierung plant Anfang 2008 ein Gesetz zu Private Equity. Dort muss die Praxis des Bundesfinanzministeriums rückgängig gemacht werden, Private Equity-Firmen als "vermögensverwaltende Einheiten" zu betrachten und von der Gewerbesteuer zu befreien. Die Bereitstellung von langfristig angelegtem Risikokapital ("Venture Capital") sollte hingegen, wie die Bundesregierung es plant, steuerlich begünstigt werden.
Darüber hinaus brauchen wir einen verbindlichen Verhaltenskodex für Finanzinvestoren. Der Ausplünderung und Zerstörung stabiler Unternehmen muss endlich ein wirksamer Riegel vorgeschoben werden. Herr Wissmann, wir teilen die Sorgen Ihrer Mittelständler im VDA in diesem Punkt. Lassen Sie uns versuchen, gemeinsam unseren Einfluss geltend zu machen, dass sich die Finanzierungsgrundlagen für Innovation und Wachstum deutlich verbessern.
2. Wir brauchen ein partnerschaftliches Verhältnis von Herstellern und
Zulieferern für mehr Innovationsdynamik.
Die größten Preisdrücker unter den Automobilherstellern sind zugleich auch die Verlierer im Wettbewerb. Sie setzen auf kurzfristige Effekte und vernachlässigen die langfristige und nachhaltige Entwicklung der Produkte und der Unternehmenswerte. Massiver Preisdruck und übermäßige Überwälzung von Lasten auf die Zulieferer hat negative Folgen für beide Seiten: Er führt nach allen Erfahrungen zu sinkender Qualität. Die steigende Zahl der Rückrufaktionen sind ein Indiz dafür. Vor allem werden Entwicklungsbudgets bei Zulieferern heruntergefahren, das Innovationstempo verlangsamt sich dadurch.
Um die Innovationsdynamik in der gesamten Branche deutlich zu erhöhen, brauchen wir stattdessen
- partnerschaftliche Geschäftsbeziehungen, bei denen Leistungen und Gegenleistungen in einem ausgewogenen Verhältnis stehen und ein ausreichender Finanzierungs- und Investitionsspielraum für Zulieferer erhalten bleibt. Innovationsfähigkeit und Qualität müssen vor Kosten rangieren! Auch die Gewerkschaften fordern die Einhaltung des entsprechenden VDA-Kodex!
- Hersteller müssen eine langfristige Auftragsgestaltung gegenüber Lieferanten anstreben. Das ist die Basis für Planbarkeit und Verlässlichkeit. Vorleistungen, insbesondere Entwicklungsleistungen müssen entgolten, geistiges Eigentum muss geachtet werden.
3. Wir brauchen eine Stärkung der Innovationskraft auf der betrieblichen Ebene statt purer Kostensenkung und vorschneller Verlagerung
Betriebe, die auf bessere Qualität, bessere Produkte, bessere Arbeits- und Fertigungsprozesse und bessere Mitbestimmung setzen, arbeiten langfristig erfolgreicher. Mit der Modernisierungsoffensive "Besser statt billiger" gehen wir zusammen mit unseren Betriebsräten auf die Unternehmen zu, um mit mehr Innovationen und besseren Lösungen erfolgreich Arbeitsplätze an den Standorten zu sichern und zu schaffen.
Automobilzulieferer, die aus Kostengründen verlagern, haben bei allen Faktoren innovativer Organisationskonzepte Defizite. Diese Unternehmen bauen keine neuen Stärken auf, sondern versuchen lediglich ihre Schwächen mit Billigproduktion zu minimieren. Dies mag kurzfristig Effekte haben, letztlich ist es kein zukunftsfähiges Konzept.
Zudem gehen damit Arbeitsplätze in Deutschland verloren, die erhalten werden könnten, wenn systematisch am deutschen Standort modernisiert worden wäre.
In den Betrieben geht es heute mehr denn je um die Entwicklung intelligenter Strategien jenseits von Entlassungen und Einkommensverzicht. Das heißt vor allem, Defizite frühzeitiger zu erkennen und Chancen konsequent anzupacken.
Innovationsfähigkeit bezieht sich dabei nicht nur auf Produkte und Zukunftstechnologien, sondern auch auf Prozesse, organisatorische Lösungen und vor allem auf den Umgang mit Wissen und Qualifikation. Nur mit gut qualifizierten und hoch motivierten Belegschaften ist in unserer Zulieferindustrie die Innovationsführerschaft zu sichern.
Ein wesentlicher Beitrag der IG Metall sind die 2006 bundesweit für die Metall- und Elektroindustrie vereinbarten Qualifizierungstarifverträge. Sie müssen konsequent umgesetzt und von den Betriebsparteien mit Leben erfüllt werden. Gewerkschaften und Betriebsräte müssen außerdem in Aufsichtsräten und Wirtschaftsausschüssen eine detaillierte Innovationsplanung einfordern und kritisch begleiten.
4. Wir brauchen Initiativen zur Innovationsführerschaft bei Verbrauch,
Umweltschutz und Sicherheit.
Die deutsche Automobilindustrie hat in vielen Bereichen heute schon die Innovationsführerschaft. Ich denke hierbei insbesondere an die Diesel-Technologien. Diese Initiativen sind nicht nur umweltschonend, sie tragen auch zu Wachstum bei. Auch beim Ottomotor sind die Potentiale für Energieeffizienz noch lange nicht ausgeschöpft. Ein weiteres wichtiges Feld sind die Hybrid-Lösungen. Hier gibt es bereits wichtige Kooperationen auf der Herstellerseite (Daimler, BMW, GM) und bei den Zulieferern (Continental, ZF).
Zu begrüßen ist die "konzertierte Aktion" auf der Forschungsebene unter der Federführung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, bei der Hersteller und Zulieferer beteiligt sind. Dabei sollte es nicht nur um mittelfristig erreichbare Innovationen am Fahrzeug, sondern auch um Langfristkonzepte wie Verkehrssysteme und Infrastruktur der Zukunft, sowie alternative Antriebskonzepte wie etwa die Brennstoffzelle gehen.
Die Automobilzulieferer sind dafür wichtige Kooperationspartner. Die Innovationen der Zulieferindustrie können auch die Energieeffizienz weiter verbessern: beispielsweise die Dieseleinspritzung der 3. Generation, Leichtlaufreifen, elektronische Reifendruckkontrolle, Schaltanzeigen oder Start-Stopp-Regelung mit Bremsenergierückgewinnung. Die Zulieferindustrie hat das Know-how und das Potential für Spitzenlösungen. Was sie braucht sind die innovationsförderlichen Rahmenbedingungen und finanziellen Mittel.
Lieber Herr Wissmann, ich möchte an dieser Stelle klar sagen
Die IG Metall unterstützt alle Massnahmen, die dazu führen, nachhaltig den Kraftstoffverbrauch zu reduzieren und damit die CO2-Emissionen zu senken. Was wir nicht akzeptieren können, sind Pläne innerhalb der EU-Kommission, einen einheitlichen CO2 Grenzwert für alle Fahrzeugklassen einzuführen. Solche Vorstellungen gehen weit über die Umweltpoltik hinaus. Sie zielen auf einen radikalen industriepolitischen Umbau zu Lasten der deutsche Autoindustrie mit ihrem hohen Anteil an Premiumfahrzeugen. In der Folge wären hunderttausende Arbeitsplätze bei diesen Herstellern, aber auch in der geamten Lieferkette, gefährdet.
Wir unterstützen den VDA in seiner Forderung nach einer segmentbezogenen CO2 Reduzierung in Europa.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
für Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Beschäftigungsentwicklung des Standorts ist die Innovationskraft der Unternehmen entscheidend. Um die Innovationsbarrieren zu überwinden und um die Innovationsfähigkeit dieser Branche deutlich zu verbessern, müssen alle Akteure ihren Beitrag leisten: Politik, Hersteller und Zulieferer, Verbände, Gewerkschaften, Banken, Management und Betriebsräte.
Der erste Schritt in diese Richtung ist der Dialog und die Bereitschaft zur konstruktiven Zusammenarbeit, das haben wir mit dieser Konferenz begonnen. Wir haben klare Forderungen formuliert. Die IG Metall und die IG BCE werden mit ihren Instrumenten zu einem Gelingen beitragen - in Betriebsräten, in Aufsichtsräten und mit lebendig umgesetzten Tarifverträgen. Davon können alle profitieren. Die Unternehmen wie die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in dieser zukunftsfähigen Branche.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.